Redaktion eGovPraxis Sozialhilfe
Das BSG hatte die Frage zu entscheiden, ob Unterhaltszahlungen als Einkommen zu berücksichtigen sind und in welchem Verhältnis sie zu Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung stehen.
Der Fall
Die volljährige Hilfesuchende bezieht Kindergeld und Unterhaltszahlungen. Sie ist voll erwerbsgemindert und anerkannte Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 50. Sie stellte einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Ihr Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass ihr Einkommen ihren Bedarf übersteige.
Dagegen erhob sie erfolgreich Klage: Das SG verurteilte den Beklagten dazu Grundsicherungsleistungen zu zahlen. Die Berufung des Beklagten wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass, erstens, Unterhaltszahlungen kein Einkommen seien und, zweitens, Grundsicherungsleistungen gegenüber Unterhaltszahlungen zur Deckung des Lebensunterhalts vorrangig seien.
Der Senat hat sich dieser Rechtsauffassung nicht angeschlossen und die Urteile der Vorinstanzen nun aufgehoben:
Die Entscheidung
Das BSG konnte keine Hilfebedürftigkeit feststellen – die Klägerin hat folglich keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen.
Denn:
- Die tatsächlich zufließenden Unterhaltszahlungen sind als Einkommen zu berücksichtigen.
- Es gibt in der Sozialhilfe keinen allgemein gültigen Vorrang von Grundsicherungsleistungen gegenüber Unterhaltszahlungen.
- Fließen also Unterhaltszahlungen tatsächlich zu, so ist der Grundsicherungsanspruch insoweit gemindert bzw. ausgeschlossen.
- Weiterhin ist es unerheblich, dass das Familiengericht (der herrschenden OLG-Rechtsprechung folgend) bei der Berechnung des Unterhalts von einem Vorrang der Grundsicherungsleistungen ausging:
Auch ein sogenannter „Spitzbetrag“ (Unterhaltsbetrag, der um den vermeintlichen Grundsicherungsanspruch gemindert ist), ist als Einkommen zu berücksichtigen.
Fazit
- Unterhaltszahlungen (auch sogenannte Spitzbeträge) sind als Einkommen zu berücksichtigen.
- Grundsicherungsleistungen sind gegenüber Unterhaltszahlungen nicht vorrangig.
Quelle: Terminbericht des BSG zum Urteil des BSG vom 08.12.2022 - B 8 SO 4/21 R