BSG: Rückwirkende Zuerkennung eines Mehrbedarfes wegen Schwerbehinderung
Recht & Verwaltung21 Oktober, 2022

Rückwirkende Zuerkennung eines Mehrbedarfes wegen Schwerbehinderung

Redaktion eGovPraxis Sozialhilfe

Das BSG hatte folgende Frage zu beantworten: Lehnt das Jobcenter einer Optionskommune den Antrag des Hilfesuchenden auf Gewährung eines Mehrbedarfes wegen Schwerbehinderung ab, muss der Hilfesuchende bei rückwirkender Zuerkennung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung und bestehendem Aufstockungsbedarf nach dem SGB XII auch für die Zeitspanne der Rückwirkung einen Antrag auf Mehrbedarfsleistungen nach dem SGB XII stellen?

Der Fall

Den Antrag des Hilfesuchenden auf Gewährung eines Mehrbedarfes wegen Schwerbehinderung lehnte das Jobcenter der Optionskommune ab. Nach rückwirkender Zuerkennung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.09.2017 im November 2017 bewilligte das Sozialamt der Optionskommune dem Hilfesuchenden den Mehrbedarf ab 01.11.2017. Der Hilfesuchende verfolgte im Klagewege die Gewährung des Mehrbedarfes auch für die Zeitspanne der Rückwirkung. Das SG sprach ihm die Leistung zu, das LSG hob das Urteil auf und lehnte die Leistung ab.

Die Entscheidung

Das BSG entschied, dass die beklagte Optionskommune (= Sozialhilfeträger) verpflichtet sei, die Bescheide seines Jobcenters abzuändern. Denn der Hilfesuchende habe aufgrund seiner Schwerbehinderung Anspruch auf den begehrten Mehrbedarf ab 01.09.2017. § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII stelle nicht auf den Zeitpunkt einer bescheidmäßigen Feststellung der vollen Erwerbsminderung durch den Rentenversicherungsträger ab, sondern darauf, dass die betreffenden Personen voll erwerbsgemindert "seien". Am erforderlichen rechtzeitigen Antrag fehle es nicht. Indem der Hilfesuchende beim Jobcenter des Beklagten unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung eine SGB-XII-Leistung beantragt habe, sei auch der erforderliche Antrag auf Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII gestellt gewesen.

Fazit

Bei rückwirkender Änderung der Sachlage, wie z.B. durch eine Rentenbewilligung, ist dem vollumfänglich Rechnung zu tragen und ggf. ein früherer Bescheid einer anderen Behörde, der sich nun als fehlerhaft herausstellt, zu ändern.

Quelle: Pressemitteilung des BSG vom 06.10.2022 zum Urteil des BSG vom 06.10.2022 - B 8 SO 1/22 R

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