Legal Hackathon 2022 im WKEINS
Recht & Verwaltung12 Oktober, 2022

„Wir waren überrascht, wie viel man an einem Wochenende schaffen kann“ – Interview mit zwei Siegerinnen des Legal Hackathon 2022

Beim Legal Hackathon 2022 von Wolters Kluwer, Ebner Stolz, dem Gateway der Uni Köln und dem Legal Tech Lab Cologne stellte die Energieanwältin Kristina Hunger ihre Idee eines Marktplatzes für die Energiebranche vor. Schnell formierte sich ein Team, das übers Wochenende an der Lösung „Positive Energy“ arbeitete und mit einem überzeugenden Pitch vor der Jury den Sieg holte.
Wir haben Kristina und ihre Teamkollegin Anna Balmes, Legal Designerin bei der ARAG und der Innovationsberatung This is Legal Design, zum Interview getroffen.

 

Wie seid Ihr auf den Legal Hackathon aufmerksam geworden und warum habt Ihr mitgemacht?
Kristina: Ich wollte ganz bewusst aus meiner eigenen „Bubble“ herauskommen und schauen, was Leute aus ganz anderen Umfeldern zu meiner Idee sagen und was sie für Erfahrungen aus dem Bereich Legal Tech einbringen. Am Freitagabend wusste ich nicht, was mich erwartet und ob ich wirklich das gesamte Wochenende durchhalte. Jetzt bin ich richtig froh, dass ich mitgemacht habe. Das Feedback aus der Gruppe und der Jury hat mich enorm weitergebracht und es war toll, von den Erfahrungen der anderen zu profitieren. Der Mensch ist nun mal ein soziales Wesen und entwickelt sich durch den Austausch mit anderen…
Anna: Ich wollte eigentlich schon immer mal bei einem Hackathon mitmachen. Es hat sich aber nie ergeben, auch weil wegen Corona ja keine Präsenzveranstaltungen stattfanden. Bei der ARAG kam das Gespräch dann auf den bevorstehenden Hackathon, daher habe ich mich gemeinsam mit einem Arbeitskollegen einfach mal angemeldet…

Wie hat sich Euer Team „Positive Energy“ gefunden?
Kristina: Die Idee für die Plattform hatte ich bereits vorher, musste sie dann aber sehr kurz und sehr schnell vor fremden Menschen pitchen. Das war schon irgendwie ein verletzlicher Moment. Man brütet lange an einer Idee, präsentiert sie erstmals und dann steht man da und wartet, ob sich jemand für die Idee interessiert.
Anna: Kristinas Ideenpitch ging ja nur zwei Minuten. Wenn ich ehrlich bin, musste sie mir anschließend nochmal erklären, was genau sie vorhatte. Und sie hat dann direkt gesagt, dass man unbedingt Legal Design für die Umsetzung einsetzen müsste.
Kristina: Als Anna sagte, sie sei Legal Designerin, war der Tag für mich schon gerettet… Nach und nach kamen dann weitere Teilnehmer:innen zu uns und sprachen mich an. Darunter waren ja auch Leute, die vorher selbst eine Idee gepitcht hatten. Das war einerseits eine Chance, andererseits aber auch eine große Herausforderung in der Teamdynamik. Wir waren komplett zusammengewürfelt, haben uns kurz kennengelernt und dann ging es los.

Wie seid Ihr vorgegangen?
Kristina: Los ging es erstmal mit einem Crashkurs in Energierecht (lacht). Wir haben es wirklich super hingekriegt, die unterschiedlichen Hintergründe und Ansichten im Team übereinander zu bringen. Für mich war das auch eine interessante Leadership-Erfahrung. Dann fragt halt unser Teamkollege Daniel aus Peru, was Stadtwerke überhaupt machen, und man erklärt ihm, was Daseinsvorsorge ist. Schon ist man seiner eigenen „Bubble“ entkommen.
Anna: Mich hat es total begeistert, wie positiv die Stimmung war. Alle waren sofort voll dabei und wollten verstehen, was Kristina uns da aufgemalt hatte. Ich habe nach unserer Vorstellungsrunde gefragt, ob alle einverstanden wären, wenn wir den Legal Design Prozess nutzen – natürlich in abgespeckter Form – und habe dann unser Projekt damit begleitet.
Kristina: Wir waren sehr dankbar für Annas Kurzeinführung und hatten so einen guten roten Faden. Sie hat dann alles schön bunt mit Post-its ans Fenster gebracht. Dennoch haben wir viel und lange überlegt, wer überhaupt der Nutzer ist, für wen wir das Portal machen.
Anna: Ja, da waren andere Teams schon dabei, Prototypen zu bauen, während wir noch diskutiert haben… Aber es war sehr gut, dass wir uns lange mit Problem und Nutzer beschäftigt haben. Es fühlt sich erstmal etwas anstrengend an, ist uns aber am Ende sehr zugute gekommen, weil wir im Pitch vor der Jury auch sehr klar rüberbringen konnten, für wen wir das machen.

Was macht Euer Portal?

Kristina: Das Portal bietet Akteuren im Energiesektor Projektfahrpläne, mit denen sie sich im Selbstservice Energieprodukte auf schnelle und kostengünstige Art beschaffen können und so die Energiewende beschleunigen. Es ist also eine Art Marktplatz, auf dem sich Anbieter und Nachfrager treffen und Ideen austauschen. Insbesondere sollen auch Energieversorger/Stadtwerke gemeinsam mit ihren Beratern hier funktionierende Lösungen bereitstellen. Also nach dem Motto „sharing is caring“ werden erfolgreiche Beratungsmodelle genommen und dem Nachbar bereitgestellt.
Anna: Quasi Hilfe zur Selbsthilfe – und dort, wo Lösungen nicht standardisierbar sind, kann man sich individuell weiter beraten lassen, z.B. von den Anbietern der Projektfahrpläne. Das spannende an der Idee ist, dass es viel im Bereich B2C gibt, aber in diesem Bereich eben nicht, vor allem nicht auf Energierecht zugeschnitten. Man fragt sich natürlich, ob die Stadtwerke keine Rechtsabteilung haben oder einen Anwalt beauftragen können. Im Laufe des Wochenendes wurde mir aber klar, dass wegen der Energiewende ein riesiger Bedarf da ist und sich viele die teuren Kanzleien nicht leisten können.
Kristina: Das Interesse am Thema Energiewende ist riesig und die Stadtwerke müssen etwas tun, um klimapositiv zu werden. Es wird viel darüber gesprochen, gibt aber viel zu wenig Angebote, um den Einzelkämpfer in einem kleinen Stadtwerk dazu in die Lage zu versetzen, etwas zu bewegen. Kommunen brauchen einfache, niedrigschwellige Rechtsberatung, die sofort pragmatisch weiterhilft. Große Lösungen passen nicht – es macht also Sinn, den Markt neu zu denken, eher als Warenhaus, wo der Kunde sich das nehmen kann, was zu ihm passt.

Wie geht es weiter mit „Positive Energy“?
Kristina: Das Team wird die Idee nicht gemeinsam als Start-up realisieren, aber ich habe meine beide Schwestern dazu gewinnen können, mit mir das Portal an den Start zu bringen. Wir werden jetzt also zum Gründerinnen-Team und machen es gemeinsam, wobei Anna uns zusätzlich als Legal Designerin unterstützen wird. Auch Jonas aus dem Hackathon-Team haben wir weiterhin an Bord, er wird uns bei Nutzerinterviews unterstützen. Und mit den anderen bleiben wir natürlich auch in Kontakt.

Würdet Ihr nochmal an einem Hackathon teilnehmen?

Kristina: Ja, es hat einfach großen Spaß gemacht, auf Leute mit so einer tollen Geisteshaltung und „Out-of-the-box“-Denke zu treffen und alle waren bereit, gemeinsam etwas zu schaffen. Ich bin mit viel Energie aus dem Wochenende gekommen und hatte sofort 1000 weitere Ideen, was man alles machen kann.
Anna: Ja, würde ich auch. Ich war einfach positiv überrascht, dass nicht nur Jurist:innen mitgemacht haben, sondern ITler, BWLer und viele mehr mit unterschiedlichen Erfahrungsleveln. Zudem passt die Art und Weise, wie wir gearbeitet haben, allgemein zum Legal Design Mindset und dem interdisziplinären Ansatz. Man profitiert sehr von den unterschiedlichen Perspektiven und Backgrounds – ganz anders, als wenn man z.B. einfach zehn Jurist:innen in einen Raum setzt. Alle hängen sich rein, geben auf den letzten Metern noch mal alles und am Ende waren wir alle überrascht, wie viel man an einem Hackathon-Wochenende schaffen kann.

Vielen Dank für das Interview!

Kristina Hunger (links) ist seit 15 Jahren als Energiejuristin tätig. Nachdem sie lange Zeit in der Rechtsabteilung eines Energieversorgers gearbeitet hat, ist sie seit Anfang 2022 selbstständig mit ihrer Kanzlei LUMOS Legal. Studiert hat sie in Mannheim.
Anna Balmes ist Legal Designerin bei der ARAG und bei This is Legal Design. Zuvor war sie als Rechtsanwältin für Marken- und Wettbewerbsrecht bei einer Kanzlei in Köln tätig. Sie hat Jura in Berlin studiert und in Köln ihr Referendariat gemacht.

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