Die Abnahme ist der Dreh- und Angelpunkt eines Bauvorhabens. RAin Dr. Abu Saris informiert über die verschiedenen Abnahmeformen (beim BGB-Bauvertrag sowie VOB/B-Vertrag) und beantwortet alle wichtigen Fragen rund um die Abnahme.
RAin Dr. Abu Saris
Die Abnahme ist der Dreh- und Angelpunkt eines Bauvorhabens. RAin Dr. Abu Saris informiert über die verschiedenen Abnahmeformen (beim BGB-Bauvertrag sowie VOB/B-Vertrag) und beantwortet alle wichtigen Fragen rund um die Abnahme.
RAin Dr. Abu Saris
Die Abnahme stellt neben der Erstellung des Werks und der Vergütung eine der drei Hauptpflichten im Rahmen eines Bauvertrags dar. Diese Pflicht trifft allerdings nur den Auftraggeber, der die Bauleistung des Auftragnehmers abnehmen muss, wenn sie abnahmefähig ist und der Auftragnehmer dazu aufgefordert hat. Die Verpflichtung trifft den Auftraggeber unabhängig davon, ob sich die Abnahme nach § 640 BGB oder im Speziellen nach § 12 VOB/B richtet.
Die Abnahme durch den Auftraggeber ist als Hauptleistungspflicht einklagbar. Da jedoch mit einer Klage des Auftragnehmers auf Zahlung der Vergütung konkludent die Feststellung der Abnahme der Leistungen begehrt wird, ist eine isolierte Klage in vielen Fällen überflüssig.
Die Abnahme ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal des Werkvertragsrechts zu anderen Rechtsgeschäften. Wird eine Abnahme nach § 640 BGB und/oder nach § 12 VOB/B vereinbart, spricht eine Vermutung dafür, dass ein Werkvertrag/Bauvertrag abgeschlossen wurde. Die gesetzlichen Vorgaben in § 640 BGB bilden die Grundlage der Voraussetzungen für sämtliche Werkverträge, ohne die speziellen Anforderungen des Bauvertragsrechts zu berücksichtigen. Dies kann durch Vereinbarung des § 12 VOB/B kompensiert werden.
Da die VOB/B eine Vertragsbestimmung darstellt und keinen Gesetzescharakter hat, ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit von § 12 VOB/B die wirksame Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag. Die Bestimmungen des § 12 VOB/B sind jedoch nicht isoliert neben den Bestimmungen des BGB anwendbar. Problematisch ist insbesondere die Anwendbarkeit der neu geschaffenen Regelung zur fingierten Abnahme in § 640 Abs. 2 BGB. Nach hier vertretener Auffassung wird auch nach der Reform des Bauvertragsrechts von der Anwendbarkeit des § 640 Abs. 2 BGB im Anwendungsbereich des § 12 VOB/B ausgegangen.
Die rechtsgeschäftliche Abnahme kann in verschiedener Art und Weise erklärt werden und ist nach der maßgeblichen gesetzlichen Vorschrift des § 640 BGB nicht formgebunden. Zum Zwecke der Streitvermeidung und zur Schaffung größtmöglicher Rechtsklarheit kann es empfehlenswert sein, eine bestimmte Form der Abnahme vertraglich zu vereinbaren. Möglich ist hierbei für die förmliche Abnahme die Festlegung der Verwendung eines bestimmten Erklärungsmuster oder ein Verweis auf § 12 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B. Darin wird allgemein bestimmt, dass das Ergebnis der förmlichen Abnahme schriftlich niederzulegen ist und etwaige Vorbehalte wegen bekannter Mängel und wegen Vertragsstrafen aufzunehmen sind. Eine Abnahme nach den anderen Abnahmeformen ist bei Vereinbarung einer förmlichen Abnahme ausgeschlossen. Die Parteien können jedoch später vom Erfordernis der förmlichen Abnahme gemeinsam Abstand nehmen.
Auf Grund hoher praktischer und finanzieller Relevanz rücken Leistungsverweigerungsrechte am Bau immer mehr in den Fokus.
Der Beitrag widmet sich der Frage, welche rechtlichen Folgen sich ergeben, wenn eine der Parteien zu Unrecht die Leistung verweigert.
Im Wesentlichen muss die Frage gestellt werden, ob eine fiktive Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB anzunehmen ist, wenn eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt wurde und der Auftraggeber nicht innerhalb dieser Frist reagiert, das Werk jedoch nicht abnahmefähig ist. Dem Auftraggeber ist zu empfehlen, auf sämtliche Aufforderungen fristgemäß zu reagieren und unter Bezugnahme auf die bereits angeführten Mängel die Abnahme zu verweigern. Nach diesseitiger Auffassung wird vertreten, dass ansonsten die Abnahmewirkungen nach § 640 Abs. 2 BGB eintreten. Diese Einschätzung gründet auf der Gesetzesbegründung, wonach ein Schweigen oder nicht benennen von Mängeln auch dann zu einer fiktiven Abnahme führt, wenn tatsächlich wesentliche Mängel vorhanden sind, weil es dem Auftraggeber zuzumuten ist, fristgemäß zu reagieren.
Im Gegensatz zur VOB/B sieht das BGB keine Teilabnahmen vor, obwohl § 641 Abs. 1 S. 2 BGB regelt, dass die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten ist, wenn das Werk in Teilen abzunehmen ist. Die Teilabnahme wird mithin gesetzlich auch nicht ausgeschlossen.
Wird die VOB/B in den Vertrag einbezogen, ist ein in sich abgeschlossener Teil der Leistung auf Verlangen abzunehmen. Wann eine solche Teilleistung vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls. Im Allgemeinen wird ein abgeschlossenes Teilwerk anzunehmen sein, wenn es selbstständig und unabhängig von den weiteren Leistungen abgenommen werden kann.
Wurden in einem BGB-Bauvertrag Teilabnahmen weder vereinbart noch § 12 Abs. 2 VOB/B in den Vertrag mit einbezogen, schließt dies Teilabnahmen nicht grundsätzlich aus. Die Bauvertragsparteien können sich jederzeit darauf verständigen, Teilabnahmen durchführen zu wollen. Dies kann sich auch konkludent ergeben, wenn der Auftragnehmer eine Teilabnahme fordert und der Auftraggeber diese anstandslos erklärt.
Es bestehen keine Besonderheiten mehr zwischen der Beendigung eines Bauvertrags durch Kündigung und der Fertigstellung des Bauwerks. Es bedarf für die Fälligkeit der Vergütung des Auftragnehmers auch nach Kündigung der Abnahme der bis zur Beendigung des Vertrags erbrachten Bauleistungen. Dies ergibt sich aus § 641 Abs. 1 BGB. Auch im Rahmen eines VOB/B-Vertrags gibt es keinen rechtfertigenden Grund von dieser gesetzlichen Fälligkeitsregelung abzuweichen, wenn der Auftragnehmer lediglich eine Teilleistung erbracht hat.
Der Auftraggeber sollte grundsätzlich unter Fristsetzung zur Abnahme aufgefordert werden, damit der Auftragnehmer sich bei fruchtlosen Ablauf der Frist auf die fiktive Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB berufen kann. Bei Einbeziehung der VOB/B in den Bauvertrag ist eine Fristsetzung hingegen nicht zwingend geboten, wenn eine schriftliche Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung erfolgt und 12 Werktage abgelaufen sind. Will der Auftraggeber diese Folgen vermeiden, muss er tätig werden und dem Auftragnehmer gegenüber entweder die Abnahme verweigern oder eine ausdrückliche Abnahme verlangen.
Eine wirksame Abnahme kann der Auftraggeber auch ohne Erstellung eines Abnahmeprotokolls erklären. Die Abnahme ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die nicht formgebunden ist. Aus Beweiszwecken empfiehlt sich jedoch stets die Protokollierung eines Abnahmetermins und insbesondere der Abnahmeerklärung des Auftraggebers. In dieses Protokoll sollte der Auftraggeber auch seine Vorbehalte wegen bekannter Mängel und wegen Vertragsstrafen aufnehmen.
Die Bauvertragsparteien sind nicht verpflichtet eine Abnahme durchzuführen. Daraus lässt sich grundsätzlich nicht darauf schließen, ob sie eine Abnahme nicht gewollt haben. Nicht allzu selten wird die Abnahme lediglich vergessen oder es wird übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Abnahme bereits erklärt wurde. In einem solchen Fall ist im Nachhinein zu ermitteln, ob der Auftraggeber die Leistung beispielsweise konkludent abgenommen, eine fiktive Abnahme stattgefunden hat oder die Abnahmewirkungen auf andere Weise eingetreten sind. Bei einer Abnahmeverweigerung des Auftraggebers ist hingegen zu ermitteln, ob die Abnahme wegen wesentlicher Mängel verweigert wurde. Gibt der Auftraggeber nur offensichtlich nicht bestehende oder eindeutig unwesentliche Mängel an, kann dies rechtsmissbräuchlich sein. Wird die Abnahme zu Recht verweigert, befindet sich der Bauvertrag weiterhin im Erfüllungsstadium und der Auftragnehmer ist zur vertragsgemäßen Herstellung des Werks weiterhin verpflichtet.
Frau Dr. Abu Saris, vielen Dank für das Gespräch.
Wer trägt die plötzlichen Mehrkosten? Ist die Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB gestört? Und gibt es wirksame Vertragsanpassungen, die für beide Seiten eine gute Lösung darstellen?
RA Stefan Reichert gibt Ihnen Antworten auf diese aktuellen Fragen.
Dr. Amneh Abu Saris
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Partnerin bei Leinemann & Partner Rechtsanwälte mbB, Hamburg