Speicherung von Negativeintrag durch Kreditauskunftei
Recht & Verwaltung10 Oktober, 2023

OLG Brandenburg: Speicherung von Negativeintrag zu beglichener Forderung nach DS-GVO zulässig

Redaktion Wolters Kluwer Online
Das berechtigte Interesse einer Kreditauskunftei an der Verarbeitung der persönlichen Daten eines Schuldners kann sich aus dem Interesse der Kreditwirtschaft an der Zurverfügungstellung von bonitätsrelevanten Daten ergeben.

Hierdurch können andere Unternehmen vor wirtschaftlichen Schäden und potenzielle Kreditnehmer vor Überschuldung geschützt werden.

Die Drei-Jahres-Frist des Code of Conduct, die eine Löschung der Daten drei Jahre nach dem Ausgleich der Forderung vorsieht, begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken.


Sachverhalt: Ansprüche eines Schuldners auf Löschung eines Negativeintrags aus einer Datenbank

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Speicherung von Einträgen zur Person des Klägers in der durch die Beklagte betriebenen Datenbank.

Die Beklagte betreibt eine Kreditauskunftei und erhält Informationen von ihren Kunden, um diese mit dem Zweck einer Bonitätseinschätzung von Kreditnehmern zu speichern. Eine Löschung der Einträge erfolgt nach dem sog. Code of Conduct grundsätzlich drei Jahre nach ihrer Erledigung.

Der Kläger begehrt die Löschung eines in dieser Datenbank geführten Negativeintrags zu einer Forderung (der „Anwaltskanzlei ...") in Höhe von ursprünglich 3.037,00 Euro sowie die Unterlassung der entsprechenden Datenverarbeitung durch die Beklagte.

Über diese Forderung schloss der Kläger mit der Gläubigerin im November 2017 einen Vergleich über einen Betrag in Höhe von 1.950,00 Euro, den er in der Folge vereinbarungsgemäß in monatlichen Raten in Höhe von jeweils 32,50 Euro beglich. Für den Fall ordnungsgemäßer Ratenzahlung verzichtete die Gläubigerin auf die weitergehende Forderung.

Die Forderung ist seit dem Februar 2021 vollständig beglichen.

Andere Negativeinträge wurden zwischenzeitlich gelöscht, da die im Vergleichswege vereinbarten Forderungen im Jahr 2018 beglichen wurden, bzw. da es an erforderlichen Darlegungen der Gläubigerin mangelte.


Löschung nach ordnungsgemäßer Zahlung

Die klägerische Prozessbevollmächtigte machte mit Schreiben vom Juni 2021 die Löschung der streitgegenständlichen Forderung geltend. Dies lehnten die Beklagte und der ebenfalls mit der Angelegenheit befasste hessische Datenschutzbeauftragte als zuständige Aufsichtsbehörde hingegen ab.

Unter Berücksichtigung dieser streitgegenständlichen Eintragung beträgt der bei der Beklagten für den Kläger ermittelte Basis-Score derzeit 64,69 %.

Der Kläger meint, dass ihm ein Anspruch auf Löschung des Eintrags wegen einer unzulässigen Datenverarbeitung der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1 d) DS-GVO zustehe.

Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 f) DS-GVO zulässig sei. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der sein Klagebegehren weiterverfolgt.


Begründung: Anspruch eines Schuldners auf Löschung und Rechtmäßigkeit der Löschungsfrist

Mit dem vorliegenden Urteil vom 03.07.2023 - 1 U 8/22 - hat das OLG Brandenburg zur datenschutzrechtlichen Zulässigkeit einer Speicherung von Einträgen über die Person eines Schuldners in einer Datenbank Stellung genommen.

Das OLG hat entschieden, dass dem Kläger kein Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Einträge aus Art. 17 Abs. 1 der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) zusteht.

Nach dieser hier allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage setzt ein Anspruch auf Löschung entweder eine von Anfang an unrechtmäßige oder eine erst später durch Zeitablauf unrechtmäßig gewordene Verarbeitung von Daten voraus.

Nach Auffassung des OLG war die Übermittlung der Daten an die Beklagte hier jedoch nach Art. 6 Abs. 1 f) DS-GVO rechtmäßig.

Die Übermittlung war zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich und dies überwog die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten des Klägers.

Unter berechtigten Interessen im Sinne dieser Vorschrift sind die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhenden vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person zu verstehen. Hierbei kann es sich grundsätzlich um jedes rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Interesse handeln.

Das berechtigte Interesse der beklagten Kreditauskunftei an der Verarbeitung der Daten ergibt sich aus dem Interesse der Kreditwirtschaft an der Zurverfügungstellung von bonitätsrelevanten Daten. So können andere Unternehmen vor wirtschaftlichen Schäden und potenzielle Kreditnehmer vor Überschuldung geschützt werden.


Fortdauernde Speicherung

Nach Auffassung des OLG ist auch die fortdauernde Speicherung der Daten rechtmäßig. Der Eintrag fällt unter die Regelung des Code of Conducts (CoC), die „Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien vom 25.05.2018". Der CoC sieht eine Löschung drei Jahre nach dem Ausgleich der Forderung vor.

Gegen diese Drei-Jahres-Frist des CoC bestehen auch keine grundsätzlichen Bedenken. Die Erwägungen zu einer vorzeitigen Löschung von Einträgen über Restschuldbefreiungen sind nicht auf den konkreten Fall übertragbar.

Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 InsBekV (Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren und Restrukturierungssachen im Internet) wird die Eintragung der Restschuldbefreiung spätestens sechs Monate nach der Aufhebung oder Rechtskraft der Einstellung des Insolvenzverfahrens aus dem Insolvenzregister gelöscht wird.

Ein Anspruch auf Unterlassung künftiger Verarbeitung des Datensatzes steht dem Kläger bereits aufgrund des Anwendungsvorrangs des Art. 17 Abs. 1 DS-GVO und im Übrigen aufgrund der rechtmäßigen Verarbeitung der Daten nicht zu.


Praktische Bedeutung des Urteils vom 03.07.2023 - 1 U 8/22

Das OLG Brandenburg verdeutlicht in diesem Urteil die Anforderungen an eine zulässige Speicherung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch eine Kreditauskunftei.

Zur Begründung weist das OLG darauf hin, dass die Erteilung von zutreffenden Bonitätsauskünften für das Funktionieren der Wirtschaft von erheblicher Bedeutung ist.
Angaben einer Wirtschaftsauskunftei, die geeignet sind, etwaige Kreditgeber zu einer sorgfältigen Bonitätsprüfung zu veranlassen, sind nach Worten des OLG für das Kreditgewerbe notwendig und vom Betroffenen grundsätzlich hinzunehmen. Eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechte werde in solchen Fällen in der Regel zugunsten einer Zulässigkeit der Bonitätsauskunft ausgehen (BGH, Urteil vom 22.02.2011 - VI ZR 120/10).
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