Marco Bijok, Experte für Schulrecht
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Das Problem: In den letzten Jahren sind Schulen vermehrt dazu übergegangen, auf ihrem Gelände sowie im Schulgebäude Videokameras zu installieren. Gewalttätigkeiten unter Schülern, Vandalismus sowie Eigentumsdelikte sollen dadurch verhindert werden. Welche rechtlichen Vorgaben sind dabei zu beachten?
Das sagt das Recht
Jede Videoüberwachung stellt einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen dar. Verfassungsrechtlich greift die Verarbeitung personenbezogener Bilddaten in das sog. »Recht auf informationelle Selbstbestimmung« ein, welches aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes hergeleitet wird. Betroffen ist insbesondere zudem das Recht der betroffenen Person am eigenen Bild (§ 22 Kunsturhebergesetz). Wie jeder staatliche Eingriff in die Rechte der Bürger, bedarf die Videoüberwachung daher einer gesetzlichen Rechtsgrundlage. Diese ist in den jeweiligen Bestimmungen der Landesdatenschutzgesetze enthalten. Die Regelungen ähneln sich trotz zum Teil unterschiedlicher Formulierungen.
Die wesentlichen Probleme lassen sich anhand des Beispiels der bayerischen Regelung verdeutlichen. Art. 24 Abs. 1 des bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) lautet:
»Die Verarbeitung personenbezogener Daten mit Hilfe von optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist zulässig, wenn dies im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder in Ausübung des Hausrechts erforderlich ist,
1. um Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum von Personen, die sich im Bereich öffentlicher Einrichtungen, öffentlicher Verkehrsmittel, von Dienstgebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen öffentlicher Stellen oder in deren unmittelbarer Nähe aufhalten, oder
2. um Kulturgüter, öffentliche Einrichtungen, öffentliche Verkehrsmittel, Dienstgebäude oder sonstige bauliche Anlagen öffentlicher Stellen sowie die dort oder in deren unmittelbarer Nähe befindlichen Sachen
zu schützen und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen beeinträchtigt werden.«
Die wichtigsten Anwendungsfälle (Verhinderung von Vandalismus, Eigentumsdelikten sowie Gewalttätigkeiten) sind demnach insoweit erfasst, als die Regelung eine Überwachung ausdrücklich u.a. »zum Schutz von Leben, Gesundheit (…) oder Eigentum« sowie von »Sachen«, die sich in einer öffentlichen Einrichtung befinden, gestattet.
Um einer ausufernden Überwachung zu begegnen, sind zwei wesentliche Einschränkungen vorgesehen. Zum einen muss die Überwachung zum Schutz der genannten Rechtsgüter »erforderlich« sein.
Das ist zum Beispiel dann nicht der Fall, wenn es an der betreffenden Schule zuvor überhaupt keine Vorfälle der genannten Art gegeben hat. Ebenfalls nicht erforderlich ist eine Überwachung, wenn der Schutz der Rechtsgüter auf andere, mildere Weise sichergestellt werden kann. Soll beispielsweise der Bücherbestand der Schulbibliothek vor Diebstählen geschützt werden, kann zu überlegen sein, ob dem nicht ausreichend mit einer Sicherung der Bücher (mittels Sicherungsetiketten o.ä.) begegnet werden kann.
Ebenso wenig »erforderlich« ist eine Videoüberwachung der Klassenräume. Hier ist der Rechtsgüterschutz vorrangig durch die Lehrkräfte in Ausübung ihrer Aufsichtspflicht sicherzustellen. Unter diesem Gesichtspunkt kann während laufenden Schulbetriebes unter Umständen auch eine Überwachung der Flure des Schulgebäudes nicht erforderlich sein. Hier ist zu prüfen, ob nicht ohnehin ausreichend aufsichtspflichtige Personen (Lehrer, Hausmeister) in dem zu überwachenden Bereich verkehren.
Die Möglichkeit der Videoüberwachung ist zweitens insoweit eingeschränkt, als überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen beeinträchtigt nicht werden dürfen. Unzulässig wäre danach etwa die Installation von Kameras in Umkleidekabinen, Duschen und Toiletten; das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an der Wahrung ihrer Intimsphäre überwiegt hier das Interesse an der Verhinderung von Straftaten.
Zulässig ist eine Videoüberwachung demnach insbesondere im Eingangsbereich des Schulgeländes sowie des Schulgebäudes, vor allem um unbefugte Personen vom Betreten abzuschrecken. Ferner ist eine Überwachung von Bereichen zulässig, deren Betreten den Schülern untersagt sind. Zu denken ist hier etwa an eine besondere Gefahrenstelle auf dem Schulgelände (Gewässer, Abhang) oder versteckte Winkel des Schulhofes, in denen bekanntermaßen zuvor mit Rauschmitteln gehandelt wurde.
Sämtliche Datenschutzgesetze der Länder verlangen ferner, die Videoüberwachung durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen. Dabei ist der Verantwortliche anzugeben, soweit dieser nicht aus den Umständen hervorgeht. Weiterhin sehen die Länder Einschränkungen in Bezug auf die Speicherung der Bilddaten vor. Hier sind unterschiedliche Fristen zur Löschung vorgegeben, soweit die Daten nicht zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder von Straftaten oder zur Geltendmachung von Rechtsansprüchen benötigt werden.
Was für Sie wichtig ist
Führen Sie im Vorfeld einer Installation ein detailliertes Protokoll über bekanntgewordene Vorfälle von Vandalismus sowie Straftaten an ihrer Schule. Damit können Sie gegenüber der Schulbehörde die Erforderlichkeit einer Überwachung belegen.