Asylzuständigkeit Header
Recht & Verwaltung19 Juli, 2021

Wohnsitzauflage begründet keinen gewöhnlichen Aufenthalt des Asylbewerbers

Das LSG Baden-Württemberg hatte zu entscheiden, ob es Auswirkungen auf die Zuständigkeit des Sozialleistungsträgers hat, wenn ein Asylbewerber nicht an dem Ort lebt, der ihm in einer Wohnsitzauflage zugewiesenen wurde.

Die Zuständigkeit des Leistungsträgers richtet sich laut § 10a AsylbLG nach dem Ort, an dem die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Der Fall:

Der Asylbewerber (Antragsteller) ist im Besitz einer Duldung und zur Wohnsitznahme in V. verpflichtet. Der Antragsgegner - als für V. zuständige Behörde - lehnte die Gewährung laufender Leistungen nach dem AsylbLG ab, weil der Antragsteller sich entgegen seiner Wohnsitznahmepflicht nicht in V., sondern bei seiner Familie außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der zuständigen Behörde aufhielt. Das SG hat den Antrag auf vorläufige Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG abgelehnt.

Die Entscheidung:

Das LSG wies die Beschwerde gegen den Beschluss des SG zurück und bestätigte damit die Entscheidung der Behörde. Es entschied, dass "eine Wohnsitzauflage nicht regelhaft zum ununterbrochenen Verbleib in dem durch die Auflage festgelegten Gebiet zwingt. Der Ausländer kann es ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen. Ein Wegfall der Leistungspflicht des nach § 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG örtlich zuständigen Leistungsträgers tritt erst ein, wenn an einem anderen Ort ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird." Da die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts nach objektiven Kriterien erfolgt, ist maßgeblich für dessen Annahme, dass die "betreffende Person dort den Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen hat". Das hat das Gericht in diesem Fall bejat.

Das Gericht führt weiter aus: "Wählt der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Bereichs der Wohnsitzauflage, entfällt dessen Leistungsverpflichtung."

Allerdings führt die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts an einem anderen Ort nur zur Verpflichtung des dortigen Trägers, die Kosten der Rückreise an den zugewiesenen Ort zu tragen. "Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/10047 S. 52) sollte damit klargestellt werden, dass auch der Verstoß gegen eine Wohnsitzauflage nicht dazu führt, dass Sozialleistungen an dem Ort bezogen werden können, an dem der Wohnsitzauflage zuwider ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird. Ein ausnahmsweise über den Reisebedarf hinausgehender unabweisbarer Bedarf liegt danach vor, wenn dies wegen der Unzumutbarkeit der Rückkehr an den erlaubten Aufenthaltsort zwingend geboten ist." erläutert das LSG.

Fazit:

Das Urteil des LSG enthält folgende Aussagen:

  • Die leistungsberechtigte Person ist, trotz Wohnsitzauflage, nicht daran gehindert, seinen Wohnsitz vorübergehend zu verlassen oder
  • seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Gebiets der Auflage zu nehmen.
  • Begründet die Person einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Gebiets der Wohnsitzauflage, verliert der für das Gebiet der Wohnsitzauflage zuständige Leistungsträger damit seine Zuständigkeit.
  • Die leistungsberechtigte Person besitzt  einen Leistungsanspruch gegen den Leistungsträger am Ort des (neuen) gewöhnlichen Aufenthalts  in Form einer Reisebeihilfe zur Deckung des unabweisbaren Bedarfs für die Reise zu dem Ort, an dem sie entsprechend der Wohnsitzauflage ihren gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen hat.

Quelle erhältlich unter http://www.justiz.baden-wuerttemberg.de: Urteil des LSG Baden-Württemberg vom ‌15‌.‌03‌.‌2021‌, Az.: L 7 AY ‌390‌/‌21‌ ER-B

Back To Top