von Eike Ziekow, Regierungsdirektor, hauptamtlich Lehrender an der Hochschule des Bundes und Autor der eGovPraxis Personal
Am Freitag, den 23. Februar 2024 hat der Bundestag das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis beschlossen. Nunmehr ist es gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 Konsumcannabisgesetz (KCanG) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 KCanG Personen, welche das 18. Lebensjahr vollendet haben, erlaubt, bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum zu besitzen. Gemäß § 3 Abs. 2 KCanG ist darüber hinaus der Besitz von bis zu drei lebenden Cannabispflanzen am Wohnsitz oder am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts erlaubt.Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 KCanG ist zudem der private Eigenanbau sowie der gemeinschaftliche Anbau von Cannabispflanzen gestattet. § 9 KCanG normiert zum privaten Eigenanbau, dass Personen, welche das 18. Lebensjahr vollendet haben, im Geltungsbereich dieses Gesetzes an ihrem Wohnsitz oder an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt der private Eigenanbau von insgesamt nicht mehr als drei Cannabispflanzen gleichzeitig gestattet ist. § 1 Nr. 11 KCanG definiert Eigenanbau als nichtgewerblicher Anbau zum Zwecke des Eigenkonsums. Gemäß § 1 Nr. 12 KCanG liegt ein privater Eigenanbau vor, wenn der Eigenanbau im Bereich der Wohnung vorliegt. Gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 3 KCanG sind zudem Anbauvereinigungen im Sinne des § 1 Nr. 13 KCanG erlaubt. Hierfür bedarf es gemäß § 11 Abs. 1 KCanG einer Erlaubnis. Zu beachten ist zudem, dass gemäß § 40 KCanG Strafen aus dem Bundeszentralregister zu tilgen sind, wenn hierfür nunmehr keine Strafbarkeit mehr vorliegt.
Auswirkung auf das Einstellungsverfahren
Die soeben beschriebene Gesetzesänderung hat Auswirkungen auf das Einstellungsverfahren von Beamtinnen und Beamten. Dieses richtet sich grundsätzlich nach Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG), wonach jede Deutsche bzw. jeder Deutsche nach ihrer bzw. seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat. Der Konsum von Betäubungsmitteln betrifft hierbei die Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG. Angelehnt an die Definition aus § 2 Abs. 2 Bundeslaufbahnverordnung (BLV) erfasst die Eignung insbesondere Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften, die für ein bestimmtes Amt von Bedeutung sind. Hierzu wird oftmals bezüglich des Konsums von Betäubungsmitteln auf Anlage I des Betäubungsmittelgesetzes verwiesen, sodass eine fehlende Eignung angenommen wird, wenn die Bewerberin bzw. der Bewerber einen der dort genannten Stoffe konsumiert. Des Weiteren bestehen bezüglich Suchterkrankungen Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der betroffenen Person.
Durch die Einführung des KCanG ist es nunmehr nicht mehr möglich, allein aufgrund des Konsums von Cannabis auf eine (charakterliche) Nichteignung zu schließen. Hält sich die Bewerberin bzw. der Bewerber im Rahmen des gesetzlich Erlaubten, so können hieraus keine negativen Folgerungen geschlossen werden. Vielmehr ist hier eine Parallele zum Konsum von Alkohol zu ziehen. Dieser ist ebenfalls erlaubt und kann nicht pauschal zu einer fehlenden Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG führen. Auch wird eine fehlende Eignung nicht mehr auf eine Eintragung bezüglich des nunmehr legalen Konsums und Besitzes von Cannabis im Bundeszentralregister möglich sein, denn diese sind zu tilgen, wenn nunmehr die Strafbarkeit weggefallen ist.
Ansonsten wirkt sich die Gesetzesänderung nicht wesentlich auf die Einstellungspraxis aus. Bereits nach bisheriger Rechtslage musste bei vorherigen Verurteilungen wegen Cannabiskonsums geprüft werden, ob dies lediglich eine „Jugendsünde“ der Bewerberin bzw. des Bewerbers war. Dies konnte oftmals angenommen werden. Beruht der Konsum von Cannabis jedoch auf einer Suchterkrankung, fehlt auch weiterhin die gesundheitliche Eignung. Hierbei unterscheidet sich die Prüfung nicht wesentlich von einer alkoholbedingten Suchterkrankung.
Ebenfalls findet keine Änderung der Einstellungspraxis statt, wenn die betroffene Person sich nicht im Rahmen des KCanG bewegt. Dann wird in der Regel eine fehlende charakterliche Eignung vorliegen.
Auswirkung auf das bestehende Beamtenverhältnis
Die Auswirkung der Gesetzesnovelle auf bestehende Beamtenverhältnisse ist gering. Sie wirkt sich lediglich auf die Erfüllung der Pflicht zum achtungswürdigen Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) aus. Eine Verletzung dieser Pflicht kann nunmehr nicht durch einen legalen Cannabiskonsum erfolgen, sofern dieser außerhalb der Dienstzeit erfolgt und sich nicht negativ auf die Leistungsfähigkeit der Beamtin bzw. des Beamten auswirkt.
Ist dies jedoch der Fall, so verletzt die betroffene Person auch weiterhin die Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG. Eine Pflichtverletzung liegt ebenfalls weiterhin vor, wenn die Beamtin bzw. der Beamte während des Dienstes Cannabis konsumiert. Hier gelten die gleichen Anforderungen wie beim Konsum von Alkohol während des Dienstes. Allerdings wird es nicht möglich sein, vom Verbot des Konsums von Cannabis während der Dienstzeit Ausnahmen zuzulassen. Mit anderen Worten kann hinsichtlich einer Beförderung mit einem Glas alkoholhaltigem Sekt angestoßen werden, aber nicht mit einem „Joint“. Auf Pflichtverletzungen ist mit den Mitteln des Disziplinarrechts zu reagieren. Hierbei wird bei einer erstmaligen Pflichtverletzung die mildeste disziplinarische Maßnahme zu ergreifen sein.
Bezugnehmend auf die Ausführungen zum Einstellungsverfahren wird zudem keine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Widerruf wegen fehlender Bewährung möglich sein, sofern die betroffene Person im legalen Umfang Cannabis konsumiert oder besitzt.
Liegt jedoch eine Suchterkrankung vor, so ist gegebenenfalls ein Dienstunfähigkeitsverfahren einzuleiten. Hierfür bedarf es in der Regel einer amtsärztlichen Untersuchung. Beamtinnen und Beamte auf Probe bzw. auf Widerruf können wegen fehlender Bewährung aufgrund mangelnder gesundheitlicher Eignung gemäß § 26 Abs. 3 Nr. 2 BeamtStG bzw. § 26 Abs. 4 BeamtStG entlassen werden.
Praxisempfehlungen
Zunächst bleibt festzuhalten, dass entgegen einiger, voreiliger Meinungen sich die Legalisierung des Besitzes und des Konsums von Cannabis nur sehr rudimentär auf das Beamtenrecht auswirken werden. Lediglich im Einstellungsverfahren kann nicht mehr pauschal ein Eignungsmangel wegen Konsums und Besitzes von Cannabis angenommen werden. Auch liegen im Beamtenverhältnis keine Pflichtverletzungen aufgrund legalen Besitzes und Konsums von Cannabis außerhalb des Dienstes mehr vor.
Die Praxis der Personalbearbeitung sollte daher wie folgt darauf reagieren:
- Im Einstellungsverfahren wird aufgrund des legalen Besitzes und Konsums von Cannabis kein Eignungsmangel mehr festgestellt werden können. Selbiges gilt für eine zu tilgende Eintragung in das Bundeszentralregister.
- Pflichtverletzungen liegen bei Konsum und Besitz von Cannabis im legalen Umfang außerhalb des Dienstes nicht mehr vor.
- Liegt eine Suchterkrankung vor, sollte sich das Vorgehen jeweils an den Praktiken bei Alkoholismus orientieren.
- Die Dienststellenleitung sollte klarstellend darauf hinweisen, dass der Konsum von Cannabis auch weiterhin auf der Liegenschaft verboten ist.
Bildnachweis: elrol/stock.adobe.com