Redaktion eGovPraxis Jobcenter
Verlieren Kinder getrennt lebender Eltern ihren Leistungsanspruch nach dem SGB II für die Tage, an denen sie mehr als zwölf Stunden im Haushalt des nicht hilfebedürftigen umgangsberechtigten Elternteils leben?
Der Fall
Die Hilfesuchende ist ein minderjähriges Kind getrennt lebender Eltern, die das Sorgerecht gemeinsam ausüben. Die Mutter bezog im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem SGB II. Für die Hilfesuchende gewährte das Jobcenter nur Leistungen für die Tage, an denen sie sich im Haushalt der leistungsberechtigten Mutter aufhielt. Der Vater war nicht hilfebedürftig.Das SG sprach Leistungen ohne Kürzungen zu, das LSG sprach der Hilfebedürftigen nur Leistungen für die Tage zu, die sie bei der Mutter lebte.
Die Entscheidung
Das BSG wies die Sache zur Entscheidung an das LSG zurück. Zur Thematik führt es aus:
- Die Hilfebedürftige ist als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mit der leistungsberechtigten Mutter selbst leistungsberechtigt.
- Die Höhe der Leistungen der Hilfesuchenden kann das Gericht nicht bestimmen, da Angaben fehlen, ob zwischen den Eltern ein sogenanntes paritätisches Wechselmodell mit einer etwa hälftigen Aufteilung der Betreuungs- und Erziehungszeiten vereinbart war oder ob die Betreuung überwiegend durch die Mutter erfolgte. Da die Höhe der Ansprüche auch vom Umfang der Ansprüche der Mutter abhängt und diese sich wiederum je nach Betreuungsmodell - etwa im Hinblick auf den Mehrbedarf für Alleinerziehende - unterschiedlich darstellen können, sind entsprechende Feststellungen nicht entbehrlich.
- Ferner fehlt es an Feststellungen dazu, ob der Vater im streitbefangenen Zeitraum selbst leistungsberechtigt nach dem SGB II war. War dies nicht der Fall, wäre die Hilfesuchende nicht Mitglied von zwei Bedarfsgemeinschaften. Für eine Aufteilung ihrer pauschalierten Regelbedarfe fehle es in diesem Fall an einer gesetzlichen Grundlage.
Fazit
Für die Frage, ob für Kinder getrennt lebender Eltern die SGB II-Leistungen entsprechend des gewählten Betreuungsmodells aufzuteilen bzw. zu kürzen sind, sind folgende Tatsachen entscheidungserheblich:
- Beziehen beide Elternteile Leistungen?
- Besteht ein sog. paritätisches Wechselmodell? Wenn nein, wie erfolgt die Aufteilung der Betreuungs- und Erziehungszeiten?
Für eine Aufteilung oder Kürzung der Leistungen ist entscheidend, ob ein oder beide Elternteile leistungsberechtigt sind:
- Sind beide Elternteile leistungsberechtigt nach dem SGB II, gehören die Kinder zwei Bedarfsgemeinschaften an. Die Regelleistungen und Mehrbedarfsleistungen der Kinder sind aufzuteilen
- Ist nur ein Elternteil leistungsberechtigt, fehlt für eine Aufteilung der pauschalierten Regelbedarfe die gesetzliche Grundlage.
Quelle: Terminbericht zum Urteil des BSG vom 27.09.2023 - B 7 AS 13/22