Entschädigungszahlung wegen überlanger Gerichtsverfahrensdauer ist kein Einkommen
Recht & Verwaltung02 Dezember, 2021

BSG: Entschädigungszahlung wegen zu langer Gerichtsverfahrensdauer kein Einkommen

Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist, geleistet werden, sind nach § 11a Abs. 2 SGB II nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Unter diese Regelung fällt nach der Entscheidung des BSG auch eine Entschädigungszahlung infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens.

Der Fall

Im Ausgangsverfahren stritten die leistungsberechtigte Person und das Jobcenter über die Höhe der zu berücksichtigenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Der Rechtsstreit wurde mit einem Vergleich beendet, der der leistungsberechtigten Person und ihrem Ehemann eine Entschädigung für immaterielle Nachteile zusprach. Nach Erhalt der Entschädigung hob das beklagte Jobcenter die Bewilligung der Alg II-Leistungen auf und forderte den überschüssigen Betrag von der Klägerin zurück. Die Frage, die das BSG zu entscheiden hatte, war, ob die Entschädigung als Einkommen zu bewerten und deshalb für die Bedarfe einzusetzen ist, oder unter den Schutzbereich des § 11a SGB II fällt.

Die Entscheidung

Das BSG entschied: Die Entschädigung wegen eines infolge der unangemessenen Dauer des Ausgangsverfahrens erlittenen immateriellen Nachteils nach § 198 Absatz 2 Gerichtsverfassungsgesetz ist nach § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II von der Einkommensberücksichtigung bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II ausgenommen. Die Zahlung dient einem § 198 Gerichtsverfassungsgesetz ausdrücklich zu entnehmenden Zweck - der Wiedergutmachung der Folgen eines überlangen Verfahrens. Auch ist keine Zweckidentität mit den Leistungen nach dem SGB II gegeben. Das SGB II sieht für immaterielle Schäden keine Leistungen vor.

Fazit

Entschädigungen wegen unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens nach § 198 Abs. 2 GVG sind bei der Einkommensfeststellung einer hilfesuchenden Person nicht zu berücksichtigen. Der Erhalt der Entschädigungszahlung löst keine Erstattungsansprüche der Träger der Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII aus. Die Ausnahme von der Ausnahme (§ 11a Abs. 3 SGB II) ist nicht anzuwenden, weil zwischen Ersatz des immateriellen Schadens und Bezug von Alg II keine Zweckidentität besteht.

Quelle: Terminbericht BSG vom 11.11.2021 B 14 AS 15-20

Redaktion eGovPraxis

Bildnachweis: Adrey Popov/stock.adobe


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