Redaktion eGovPraxis
Sozialhilfeempfänger oder andere erwerbsgeminderte Personen leben nicht selten mit ihren Eltern unter einem Dach. Dabei bereitet im Sozialamt die Berechnung eines beantragten pauschalen Miet- und Heizkostenzuschusses immer wieder Probleme. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die fiktive Unterkunftspauschale nach § 42a Abs. 3 SGB XII von tatsächlichen Ausgaben abhängig ist. Das Bundessozialgericht hat jetzt entschieden, wie sich diese Pauschale berechnet, wenn das Haus, in dem der Leistungsberechtigte mit seinen Eltern lebt, bereits abbezahlt ist (BSG, Urteil vom 23.02.2021, B 8 SO 14/19).
Fiktive Bedarfsberechnung: Wenn der Leistungsempfänger bei den Eltern wohnt
Der Fall
Der volljährige, autistische Antragsteller wohnt mietfrei im abbezahlten Haus seiner Eltern. Ein Mietvertrag oder eine Vereinbarung über die Übernahme eines Teils der Wohnkosten für das 30 Quadratmeter große Zimmer, in dem er lebte, bestand nicht. Wegen seiner Behinderung erhielt er von der Stadt Stuttgart Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Für Unterkunft und Heizung wurden ihm monatlich 19,40 € bewilligt. Das hielt der Antragsteller für nicht ausreichend und beantragte eine Mietkostenpauschale in Höhe von 109,93 €. Doch sein Antrag wurde vom Sozialhilfeträger unter Hinweis auf das abbezahlte Haus seiner Eltern abgelehnt. Die Sozialhilfe könne nur den wirklichen Bedarf und damit die tatsächlich angefallenen Wohnkosten decken. Das entspreche dem monatlichen Leistungsbedarf in Höhe der bereits bewilligten 19,40 €.
Das Urteil
In diesem Fall lag das Sozialamt der Stadt Stuttgart falsch. Die Zurückweisung des Antrags auf höhere Unterkunftskosten mit der Begründung, dass das Hauseigentum der Eltern des Antragstellers schuldenfrei ist und nicht mehr abbezahlt werden muss, ist rechtswidrig. Das Sozialgericht Stuttgart hatte im Vorfeld bereits entschieden, dass dem Antragsteller die beantragte Mietkostenpauschale in Höhe von 109,93 € zusteht, auch wenn er tatsächlich gemeinsam mit seinen Eltern mietkostenfrei in deren bereits abbezahlten Haus wohnte. Diese Auffassung hat das BSG nun bestätigt: Der Einfachheit halber schreibe § 42a Abs. 3 SGB XII nach seinem Wortlaut ausdrücklich die Bewilligung einer Pauschale vor. Die tatsächlichen Wohnkosten oder der Umstand, dass das Wohneigentum der Eltern bereits abbezahlt ist, spielten bei der Bedarfsermittlung keine Rolle. Dabei müsse sogar in Kauf genommen, dass die bewilligte Leistung im Einzelfall den tatsächlichen Bedarf übersteigt. Das liege letztlich im Wesen einer Pauschale (BSG, Urteil vom 23.02.2021, B 8 SO 14/19). Die Heiz- und Unterkunftskosten können damit – auch wenn Leistungsberechtigte sich selbst nachweislich nicht an diesen monatlichen Aufwendungen beteiligt – nach § 42a Abs. 3 SGB XII unabhängig von den tatsächlichen Aufwendungen pauschal berechnet und bewilligt werden. Bei der Berechnung dieser gesetzlichen Pauschale gehen Sie als Sachbearbeiter im Sozialamt am besten in drei Schritten vor.
Fazit: So berechnen Sie die Mietkostenpauschale
- Schritt Nr. 1: Ermitteln Sie zunächst die ortsüblichen angemessenen Unterkunftskosten für einen 3-Personen-Haushalt.
- Schritt Nr. 2: Ziehen Sie davon die angemessenen ortüblichen Unterkunftskosten für einen 2-Personen-Haushalt ab.
- Schritt Nr. 3: Der Differenzbetrag stellt die pauschalen Unterkunftskosten für den aufgrund einer Behinderung erwerbsgeminderten Antragsteller dar und kann anschließend bewilligt werden.
Die Formel für die Ermittlung der Mietkostenpauschale lautet in diesem Fall also:
Angemessene Kosten für einen 3-Personen-Haushalt
- angemessene Kosten für eine 2-Personen-Haushalt
= Unterkunftspauschale
Wichtiger Hinweis: Die Heiz- und Nebenkosten sind von der Pauschale nicht gedeckt und müssen daher gesondert berechnet werden.
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