von Prof. Dr. Michael Urselmann und Dr. Stephanie Neumann
Fundraising für Kindertagesstätten
Systematisch mehr Geld-, Sach- und Dienstleistungen einwerben
Kitas brauchen oft mehr Ressourcen als sie von staatlicher Seite zur Verfügung gestellt bekommen. Fundraising bietet zahlreiche Möglichkeiten, dringend benötigte zusätzliche Mittel online und offline bei Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen und staatlichen Institutionen einzuwerben.
Fundraising meint die systematische Beschaffung aller Ressourcen (Geld-, Sach- und Dienstleistungen), die eine frei-gemeinnützige Organisation benötigt, um ihre satzungsgemäßen Ziele erreichen zu können. Auch Kitas benötigen bestimmte Ressourcen, um die Betreuung von Kindern leisten zu können. In erster Linie sind dies personelle Ressourcen zur Erbringung der Dienstleistung, aber auch Sachleistungen von den Räumlichkeiten samt Ausstattung bis hin zu Spielzeug und Bastelmaterial. Für die Beschaffung dieser Ressourcen stehen zwar öffentliche Mittel und z.T. auch erhobene Gebühren zur Verfügung. Oft reichen diese jedoch nicht aus, um eine optimale Betreuung und Förderung der Kinder zu gewährleisten. Mithilfe des Fundraisings können in diesen Fällen zusätzlich benötigte Mittel eingeworben werden. Im Fundraising unterscheidet man verschiedene Gruppen von Ressourcenbereitstellern, bei denen eine Kita die benötigten Ressourcen einwerben kann. Neben Privatpersonen sind dies insbesondere Unternehmen und Stiftungen.
Privatpersonen um Unterstützung bitten
Es ist wie an Weihnachten: Nur wenn Sie genau sagen, was Sie sich wünschen, bekommen Sie es auch. Beschreiben Sie daher ein möglichst konkretes Projekt, das Sie Ihrem Gegenüber in wenigen einfachen Worten erklären können. Haben Sie dabei im Hinterkopf, dass in Deutschland Privatpersonen Jahr für Jahr etwa 5 Mrd. € spenden (Quelle: Deutscher Spendenrat).
Ebenso wichtig wie das konkrete Projekt ist die konkrete Zielgruppe. Wer könnten die Personen sein, die Sie unterstützen? Was wären deren Motive? Finden Sie dies über Gespräche mit Eltern, Mitarbeitenden und Dienstleistern (Bank, Reinigungsfirma, Essenslieferant, Handwerker) heraus. Fragen Sie dabei auch, wer sonst noch Zielgruppe sein könnte (Bioladen, Kino, Theater, Nachbarn, Druckerei, Handwerksbetrieb, Schreibwarengeschäft).
Wenn Sie Projekt und Zielgruppe kennen, dann erstellen Sie einen Zeit- und Maßnahmenplan für das weitere Vorgehen. Bleiben Sie trotz Plan immer offen für Möglichkeiten, die Ihnen begegnen. Wenn Sie beispielsweise einen Maler nach Farbe fragen und der keine Farbe hat, Ihnen aber anbietet, die Kita zu streichen, wenn Sie die Farbe besorgen, dann stellen Sie sich darauf ein.
Lassen Sie sich auf ihrem Weg nicht entmutigen, auch wenn Sie auf 100 Bitten 99 mal ein Nein als Antwort erhalten. Menschen helfen gerne und Helfen ist eines der wichtigsten Motive für das Spenden. Verstehen Sie die ersten Versuche, für Ihre Kita Mittel zu generieren, als Übung für sich selbst Wie formuliere ich einen Brief? Wie kann ich ein Telefonat führen? Was funktioniert online? Wie kann ich Ehrenamtliche in das Fundraising einbinden?
Um Mittel bei Privatpersonen zu generieren, gibt es unterschiedliche Wege. Welches der sogenannten Fundraising-Instrumente für Sie geeignet ist, entscheiden allein Sie. Lernen Sie von den Profis und nutzen Sie dabei zugleich Ihre Bekanntheit in der Zielgruppe. Vor allem große frei-gemeinnützige Organisationen generieren einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen über Spendenbriefe und direkte Ansprache (Telefon und Standwerbung). Was bedeutet das für eine Kita?
Schreiben Sie zu Weihnachten einen Spendenbrief mit einem konkreten Projekt an eine von Ihnen definierte Zielgruppe. Gestalten Sie diesen Brief so persönlich wie möglich. Gerne können Sie die Hüllen des Spendenbriefes von den Kindern bestempeln lassen und ein von den Kindern gemaltes Bild beilegen. Bedanken Sie sich bei den Spendern mit einem ebenso gestalteten Dankbrief. Sie bereiten damit den Boden für die nächste Spende.
Auch Feste können Sie nutzen, um für Ihre Projekte zu werben. Verschenken Sie beispielsweise am Buffet den Kuchen, der gebacken wurde. Die Beschenkten werden Sie fragen, was sie dafür geben können. Erzählen Sie von einem Ihrer Projekte. Erfahrungen zeigen, dass die Leute dann mehr geben als die 50 Cent, die der Kuchen »gekostet« hätte. Geben Sie jedem Gast die Möglichkeit, hier etwas beizutragen. Stellen Sie eine Spendenbüchse auf und legen Sie ein paar Überweisungsträger aus.
Außerdem können Sachspenden für Sie sehr interessant sein. Ein Beispiel: Ein in einem Mehrfamilienhaus aufgehängter Aufruf, für die Kita in der Nachbarschaft Bastelsachen zu spenden, hat Papier, Stifte und Kleber für 1/4 Jahr vor die Haustür der Fundraiserin gespült. Die Menschen sind froh, wenn Dinge, die sie nicht mehr unbedingt brauchen, noch Verwendung finden. Da die Spenden zum großen Teil anonym waren, wurde anstatt des persönlichen Dankes ein Danke-Poster im Hausflur aufgehängt.
Nutzen Sie alle Kommunikationswege Ihrer Kita für Fundraising. Dazu gehört auch Ihr Internetauftritt. Da online weniger gelesen wird als auf dem Papier, legen Sie den Schwerpunkt auf die Bildsprache. Achten Sie in jedem Fall darauf, dass Ihre Homepage und E-Mails auf mobilen Geräten gut gelesen werden können (Responsives Webdesign). Ansonsten verlieren Sie die Menschen, die gerne von unterwegs kommunizieren.
Damit die Menschen online bei Ihnen spenden können, brauchen Sie ein Spendenformular auf Ihrer Homepage. Nutzen Sie für die technische Abwicklung ggf. eine der vielen Spendenplattformen (z.B. betterplace). Dies erleichtert Ihnen die Arbeit. Damit Dynamik in Ihre Spendenaktion kommt, bedienen Sie sich des Crowdfundings. Hier geht es darum, in einer bestimmten Zeit eine bestimmte Summe zu generieren. Das Wichtigste sind jedoch immer die Menschen in Ihrer Umgebung, die Sie für Ihr Anliegen gewinnen wollen. Denn: Kein Crowdfunding ohne Crowd. Sie müssen dafür sorgen, dass die Menschen in Ihrer Umgebung auf Ihr Projekt aufmerksam werden. Mehr zum Thema Online-Spendenaktion finden Sie bei Harken/Hodsman (2019).
Egal welches Fundraising-Instrument sie nutzen, es ist wichtig, Verantwortlichkeiten festzulegen. Wer macht die Spenderkommunikation, wer die Verbuchung und wie ist sichergestellt, dass die Spenden sachgemäß verwendet werden? Sprechen Sie im Vorfeld mit allen Beteiligten darüber und lassen Sie sich ggf. beraten. In jedem Fall aber gilt: Fangen Sie einfach an. Es gibt hier viel zu lernen und viel zu erleben.
Geld bei Stiftungen einwerben
Eine zunehmende Bedeutung für das Fundraising – auch von Kitas – hat die wachsende Anzahl von Stiftungen in Deutschland (und im Ausland). Dabei versucht eine Kita, per Antragsverfahren Mittel aus den i.d.R. jährlichen Ausschüttungen einer Stiftung einzuwerben. Infrage kommen sogenannte »Förderstiftungen«, die – im Gegensatz zu »operativen Stiftungen« – keine eigenen Projekte durchführen, sondern für die Erfüllung ihres Satzungszwecks auf einen externen Partner angewiesen sind. Entsprechend kann eine Kita im Rahmen ihres Fundraisings solche Förderstiftungen suchen und ansprechen, die nach ihrem Satzungszweck Kinder am Ort der Kita fördern.
Das Vorgehen im Stiftungs-Fundraising kann hier anhand von Abb. 1 nur skizziert werden – eine ausführlichere Beschreibung des Vorgehens findet sich beispielsweise bei Urselmann (2018) und Mecking (2016). Bei der Suche geeigneter Stiftungen hilft das Verzeichnis Deutscher Stiftungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen ( stiftungssuche.de ). Da das Vorgehen etwas aufwändiger ist, lohnt es sich für eine Kita i.d.R. erst bei einem vier- bis fünfstelligen Ressourcenbedarf, so z.B. bei Bauprojekten oder der Gestaltung von Außenanlagen.
Abb. 1: Management des Stiftungs-Fundraisings (Quelle: Urselmann (2018), S. 448)
Unternehmen als Partner gewinnen
Neben Privatpersonen und Stiftungen sind auch immer mehr Unternehmen bereit, im Rahmen ihrer Corporate Social Responsibility (CSR) Kitas zu unterstützen. Wie Privatpersonen können auch Unternehmen Kitas Geld-, Sach- und Dienstleistungen als Unternehmensspenden zur Verfügung stellen. Ein guter Einstieg können Anlassspenden sein. So verzichten bspw. immer mehr Unternehmen darauf, ihren Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern zu Weihnachten ein Geschenk zukommen zu lassen. Stattdessen spenden sie einen Betrag an eine Kita und weisen auf dieses Engagement in ihrer Weihnachtspost hin. Bäckereien, Metzgereien und Händler helfen Kitas auch gerne durch das Aufstellen einer Spendenbox für Restgeldspenden.
Aber auch Sachspenden können hilfreich sein. So erhält eine Kita beispielsweise von einer örtlichen Bäckerei anstelle einer Geldspende Backwaren für die Kinder. Zeitspenden von Unternehmen sind ebenfalls möglich. Im Rahmen des Corporate Volunteering stellt ein Unternehmen bspw. einen Mitarbeiter für die Gebäudereinigung einer Kita ab.
Manche Unternehmen übertragen ihre CSR-Aktivitäten ganz auf eine extra dafür errichtete gemeinnützige Unternehmensstiftung. Wendet sich eine Kita mit Bitte um Bereitstellung von Geld-, Sach- oder Dienstleistungen an ein solches Unternehmen, so wird sie an die Unternehmensstiftung verwiesen. Sie sollten mit Ihrem Fundraising dann wie oben bei Stiftungen beschrieben vorgehen.
Beim Cause-Related Marketing verpflichtet sich ein Unternehmen gegenüber den Käufern seines Produktes oder einer Dienstleistung, einer Organisation für jede verkaufte Einheit einen vorab festgelegten Geldbetrag zur Verfügung zu stellen. So könnte sich bspw. eine Bäckerei verpflichten, für jeden verkauften Laib Brot eine Kita mit einem Betrag von 0,10 € zu unterstützen. Nach derselben Grundidee funktioniert auch das Charity Shopping. Online-Händler oder Plattformen verpflichten sich gegenüber ihren Käufern, einen Prozentsatz des durch sie getätigten Umsatzes einer frei-gemeinnützigen Organisation zur Verfügung zu stellen. So können Käufer z.B. über schulengel.de einen Online-Shop auswählen und festlegen, welche Kita einen bestimmten Prozentsatz (i.d.R. zwischen 6% und 15%) des Umsatzes als Zuwendung erhalten soll.
Vorsicht ist immer dann geboten, wenn ein Unternehmen eine Gegenleistung für sein Engagement erwartet. Dann liegt keine Spende mehr vor, sondern ein Sponsoring, das nicht ohne enge Abstimmung mit dem Steuerberater der Kita eingegangen werden sollte. Näheres zur steuerlichen Behandlung des Sponsorings finden Sie bei Urselmann/Neumann (2018).
Tipp
Spendenboxen, die den rechtlichen Vorschriften entsprechen, finden Kitas beispielsweise bei schoener- spenden.de !
Fazit
Es gibt viele Möglichkeiten, Mittel für Ihre Kita zu generieren. Das Wichtigste: Fangen Sie einfach an. Sammeln Sie Erfahrungen, tauschen Sie sich mit anderen aus und vor allem: Lassen Sie sich nicht entmutigen. Orientieren Sie sich am Wissen von Profis, aber gehen Sie in jedem Fall auch neue Wege. Scheitern Sie so oft wie möglich. Seien Sie versichert, am Ende des Tages werden Sie belohnt.
Literaturhinweise
Harken, S./Hodsman, M. (2019): Online-Spendenaktionen. Gezielt planen und erfolgreich unterstützen. Wiesbaden: Springer.
Mecking, C. (2016): Fundraising bei Förderstiftungen in Deutschland. In: Urselmann, M. (Hrsg.): Handbuch Fundraising. Wiesbaden: Springer, S. 169–194.
Neumann, S. (2020): Wertschätzende Kommunikation mit Spenderinnen und Spendern. Gewinnung und Bindung von Unterstützerinnen und Unterstützern durch empathische Gespräche. Wiesbaden: Springer.
Urselmann, M. (2018): Fundraising – Professionelle Mittelbeschaffung für gemeinwohlorientierte Organisationen. 7. Aufl. Wiesbaden: Springer.
Urselmann, M./Neumann, S. (2018): Fundraising für Kitas. In: Lorentz, U (Hrsg.): Das große Handbuch Recht in der Kita. Köln: Wolters Kluwer/Carl Link, S. 246–270.