BSG: Fahrtkostenübernahme für Besuchsfahrten zur JVA
Recht & Verwaltung20 April, 2022

BSG: Fahrtkostenübernahme für Besuchsfahrten zur JVA

Im Regelbedarf ist eine Bedarfsposition Verkehr berücksichtigt. Ob die leistungsberechtigte Person darüber hinaus einen Anspruch auf Fahrtkostenübernahme für zwei Fahrten im Monat zur JVA anlässlich des Besuchs des Lebensgefährten geltend machen kann, ist Gegenstand der vorliegenden Entscheidung. Im Recht der Grundsicherung nach dem SGB II kommt als Anspruchsgrundlage § 21 Abs. 6 SGB II (Härtefallmehrbedarf) in Betracht.

Der Fall

Die hilfesuchende Person bezieht Alg II. Sie begehrt zusätzlich die Übernahme von Fahrtkosten für zwei Fahrten im Monat, um ihren Lebensgefährten in der JVA zu besuchen. Allerdings hat vor Haftantritt keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestanden. Die Benzinkosten für die Fahrten betragen ca. 80 € im Monat. Im Regelbedarf sind 25,12 € Anteil für Verkehr enthalten. Das Jobcenter lehnte den Antrag ab, die Klage blieb ohne Erfolg, das LSG sprach die Fahrtkosten zu.


Die Entscheidung

Das BSG entschied, dass "ein Härtefallmehrbedarf auch zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen entstehen kann und nicht von vornherein auf die Beziehungspflege zu solchen Personen beschränkt ist, deren Verhältnis dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG unterfällt oder familienrechtlich geregelt ist. Die Kosten sind auch erheblich, da sie den im Regelbedarf enthaltenen Anteil für Verkehr von 25,12 Euro um 54,66 Euro übersteigen und einen Anteil von knapp 14 % am maßgeblichen Regelbedarf betreffen." Allerdings hat das BSG die Sache nicht endgültig entschieden, da Feststellungen zum besonderen Näheverhältnis der betroffenen Personen fehlen. Erforderlich dafür ist, dass die Personen in einer einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft ähnlich engen, exklusiven und gegenüber allen anderen zwischenmenschlichen Beziehungen der leistungsberechtigten Person prioritären Beziehung gelebt haben.

Fazit

  • Fahrtkosten werden als besonderer unabweisbarer Bedarf anerkannt, wenn der im Regelbedarf pauschal veranschlagte Anteil deutlich übertroffen wird.
  • Fahrtkosten können auch zur Beziehungspflege gewährt werden, wenn die betroffenen Personen nicht in einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft leben. Erforderlich ist dann ein besonderes Näheverhältnis der betroffenen Personen, das einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft ähnlich ist.

Quelle: Terminvorschau Nr. 2/22 und Terminbericht Nr. 2/22 zum Urteil des BSG vom 26.01.2022 - B 4 AS 3/21 R

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