BRAO-Teil3
Recht & Verwaltung26 Juli, 2022

Die BRAO-Reform 2022 – Die Berufshaftpflichtversicherung (Teil 3/3)

Christian Dahns, Geschäftsführer der Bundesrechtsanwaltskammer und Rechtsanwalt

8. Neue Versicherungspflicht der Berufsausübungsgesellschaften

§ 59n Abs. 1 BRAO-neu führt zu einem grundsätzlichen Paradigmenwechsel. 

Nach dieser Vorschrift sind ab dem 01.08.2022 ausnahmslos alle Berufsausübungsgesellschaften verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und während der Dauer ihrer Betätigung aufrecht zu erhalten. Bisher traf diese Pflicht gemäß § 51 BRAO grundsätzlich lediglich den einzelnen Berufsträger persönlich. Zukünftig reicht es mithin nicht mehr aus, dass sich selbst in einer kleinen Gesellschaft bürgerlichen Rechts lediglich die Partner einzeln versichern. 

Bei der Frage, in welcher Höhe eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen ist, unterscheidet das Gesetz zukünftig danach, ob in einer Berufsausübungsgesellschaft eine Haftungsbeschränkung besteht oder ob die Gesellschafter uneingeschränkt persönlich haften. Bei Haftungsbeschränkungen ist mangels akzessorischer Haftung der Gesellschafter eine höhere Haftungssumme je Versicherungsfall vorgesehen als bei Gesellschaften mit unbeschränkt persönlich haftenden Gesellschaften. 


Differenzierung bei der Mindestversicherungssumme

Maßgeblich ist insofern der neue § 59o BRAO

  • Für Berufsausübungsgesellschaften, bei denen für Verbindlichkeiten der Berufsausübungsgesellschaft aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung rechtsformbedingt keine natürliche Person haftet oder bei denen die Haftung der natürlichen Personen beschränkt wird, beträgt die Mindestversicherungssumme der Berufshaftpflichtversicherung 2,5 Mio. Euro. Diese Vorschrift betrifft alle Sozietäten, in denen mindestens 11 Personen tätig sind. Für kleinere Einheiten kommt § 59o Abs. 2 BRAO-neu zur Anwendung. 

  • Für Berufsausübungsgesellschaften, in denen nicht mehr als 10 Personen anwaltlich tätig sind, beträgt die Mindestversicherungssumme 1 Mio. Euro. Insofern gilt es zu beachten, dass der Gesetzgeber nicht auf die Zahl der Partner, Gesellschafter bzw. Sozien abgestellt hat, sondern die Zahl der anwaltlichen Berufsträger maßgeblich ist. Daher müssen auch angestellte Rechtsanwälte sowie freie Mitarbeiter mitgezählt werden.
  • Für alle Berufsausübungsgesellschaften, die keinen rechtsformbedingten Ausschluss der Haftung und keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorsehen, beträgt die Mindestversicherungssumme gemäß § 59o BRAO-neu 500.000 Euro für jeden Versicherungsfall.

§ 59n Abs. 3 BRAO-neu ordnet an, dass in Fällen, in denen die Berufshaftpflichtversicherung nicht oder nicht in den vorgeschriebenen Umfang unterhalten wird, neben der Berufsausübungsgesellschaft die Gesellschafter und die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans persönlich in Höhe des fehlenden Versicherungsschutzes haften.

Persönliche Berufshaftpflichtversicherung bleibt

Nicht vergessen werden darf, dass die einzelnen anwaltlichen Berufsträger auch weiterhin gemäß § 51 BRAO eine persönliche Versicherung benötigen. An diesem Grundsatz ändert sich auch durch die neue Versicherungspflicht der Berufsausübungsgesellschaft nichts. Dies setzt auch weiterhin nicht das Bestehen getrennter Versicherungspolicen voraus. Wie in der Praxis schon jetzt häufig üblich, können die Versicherung der Sozietät und die persönliche Versicherung der in ihr tätigen Berufsträger in einer einheitlichen Police zusammengefasst werden. Dann muss aber stets gewährleistet sein, dass die persönliche Versicherung gemäß § 51 BRAO für Tätigkeiten außerhalb der Sozietät zur Verfügung steht, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass Sozien auch außerhalb der Berufsausübungsgesellschaft anwaltlich beraten (selbst dann, wenn ihnen dies möglicherweise aufgrund des Sozietätsvertrages überhaupt nicht gestattet ist). 

Jahreshöchstleistung

Was gilt im Zusammenhang mit der Jahreshöchstleistung? Bei der Einzelversicherung verbleibt es bei dem Grundsatz nach § 51 Abs. 4 BRAO, dass die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme begrenzt werden kann. Für Sozietäten, unabhängig ob haftungsbeschränkt oder nicht, sieht § 59o Abs. 4 BRAO-neu zukünftig vor, dass die Maximierung nicht geringer sein darf als die Zahl der Gesellschafter und Geschäftsführer, die nicht dem Gesellschafterkreis angehören. Soweit eine Sozietät weniger als vier Gesellschafter oder Fremdgeschäftsführer hat, muss jedoch immer mindestens eine vierfache Maximierung versichert sein. 

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