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Recht & Verwaltung24 Oktober, 2024

Löschung personenbezogener Daten

Autor:in Redaktion Wolters Kluwer Online

BGH: Kein Löschungsanspruch eines früheren Vereinsvorstandsmitglieds

Ist ein früheres Vereinsvorstandsmitglied bereits vor längerer Zeit (hier: vor fast 20 Jahren) aus dem Vorstand ausgeschieden, so hat er keinen Anspruch auf Löschung seiner im Vereinsregister eingetragenen Daten aus den zum Abruf im Internet über das Registerportal bereitgestellten Daten, aber auf Beschränkung dieser Abrufmöglichkeit auf Fälle eines dargelegten berechtigten Interesses im Einzelfall.

Sachverhalt: Geltendmachung eines Löschungsanspruchs durch ein früheres Vereinsvorstandsmitglied

Der Antragsteller war bis Ende 2004 Vorstandsvorsitzender des D. e.V. und als solcher im Vereinsregister unter Angabe seines Namens, Vornamens, Geburtsdatums und Wohnorts eingetragen. Sein Ausscheiden aus dem Vorstand wurde im Dezember 2004 im Vereinsregister eingetragen. Aus dem über das gemeinsame Registerportal der Länder abrufbaren chronologischen Abdruck des Vereinsregisters sind seine frühere Funktion als Mitglied des Vorstands und seine eingetragenen Daten weiter ersichtlich.

Mit Schreiben vom Januar und März 2023 hat der Antragsteller der Veröffentlichung seiner Daten und seiner früheren Vorstandstätigkeit auf dem Registerportal gemäß Art. 21 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) widersprochen und gefordert, die Daten nicht mehr voraussetzungslos über das Internet verfügbar zu machen. Er befürchte, dass die Daten für unzulässige Zwecke (z. B. Identitätsdiebstahl) genutzt werden könnten. Angesichts seines lange zurückliegenden Ausscheidens aus dem Vorstand seien die Angaben zu seiner Person aus Publizitätsgründen nicht mehr erforderlich.

Das AG - Registergericht - hat den Antrag mit Beschluss vom März 2023 zurückgewiesen. Der Antragsteller richtete eine Beschwerde hiergegen. Er beantragte die Löschung seiner direkt abrufbaren Daten aus dem Vereinsregister, hilfsweise die Einschränkung der Bearbeitung seiner Daten dahingehend, dass hierüber nur noch nach Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses im Einzelfall Auskunft erteilt werde. Das Beschwerdegericht hat den Antrag zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seine Beschwerdeanträge weiter.

Begründung: Kein Löschungsanspruch des Vereinsvorstandsmitglieds

Mit dem vorliegenden Urteil vom 04.06.2024 - II ZB 10/23 hat der BGH zu einem möglichen Anspruch eines früheren Vorstandsvorsitzenden auf Löschung seiner im Vereinsregister eingetragenen Daten Stellung genommen. Nach Überzeugung des BGH hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Löschung seiner im Vereinsregister eingetragenen Daten aus den zum Abruf im Internet über das Registerportal bereitgestellten Daten, aber auf Beschränkung dieser Abrufmöglichkeit auf Fälle eines dargelegten berechtigten Interesses im Einzelfall.

Kein Anspruch aus der Datenschutz-Grundverordnung oder aus nationalem Recht

Ein Anspruch des Antragstellers darauf, dass seine im Vereinsregister eingetragenen personenbezogenen Daten aus den zum Abruf im Internet bereitgestellten Daten gelöscht, d.h. überhaupt nicht mehr über das Internet abgerufen werden können, ergibt sich nach Auffassung des BGH weder aus der Datenschutz-Grundverordnung noch aus nationalem Recht.

Die Bereitstellung der im Vereinsregister gespeicherten Daten des Antragstellers zum Abruf im Internet über das Registerportal ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c DS-GVO erforderlich.

Im Fall des im Jahr 2004 aus dem Vorstand ausgeschiedenen Antragstellers stehen die rechtlichen Verpflichtungen zwar nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu dem von ihnen verfolgten legitimen Zweck gemäß Art. 6 Abs. 3 S. 4 DS-GVO, soweit sie eine unbeschränkte Abrufbarkeit der Daten im Internet über das Registerportal vorsehen. Eine vollständige Ausnahme seiner im Vereinsregister gespeicherten Daten von der Abrufbarkeit im Internet kann der Antragsteller jedoch nicht mit Erfolg verlangen.

Fragliches öffentliches Informationsinteresse

Ob und inwieweit noch ein rechtfertigendes öffentliches Informationsinteresse besteht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Bereitstellung der im Vereinsregister gespeicherten Daten des Antragstellers zum Abruf im Internet steht danach nur noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten legitimen Zweck, soweit sie nicht unbeschränkt, sondern nur bei Darlegung eines berechtigten Interesses im Einzelfall erfolgt. Im konkreten Fall ist die Bereitstellung der Daten zum unbeschränkten Abruf nicht mehr verhältnismäßig. Die Erforderlichkeit der Bereitstellung dieser Daten zum Abruf im Internet zur Erreichung des damit verfolgten Ziels ist im Fall des Antragstellers allerdings nur noch in Fällen eines dargelegten Informationsinteresses im Einzelfall gegeben.

Aufgrund des Ausscheidens des Antragstellers aus dem Vorstand vor nahezu 20 Jahren ist eine Bereitstellung der Daten zum unbeschränkten Abruf im Internet nicht mehr erforderlich, sondern eine Bereitstellung bei Darlegung eines berechtigten Interesses im Einzelfall ausreichend.

Praktische Bedeutung des Beschlusses vom 04.06.2024 – II ZB 10/23

Der BGH weist in diesem Urteil auch darauf hin, dass nach § 79 Abs. 3 S. 1 BGB die Verwendung der übermittelten Daten aus dem Vereinsregister nur zu Informationszwecken gestattet ist, d.h. die Datenverarbeitung soll die Information der Öffentlichkeit über die im Register eingetragenen und zum Abruf bereitgestellten Daten ermöglichen.

Aus Sicht des BGH verfolgen diese rechtlichen Verpflichtungen das im öffentlichen Interesse liegende legitime Ziel, die Rechtssicherheit und den Schutz der Lauterkeit und Leichtigkeit im Rechtsverkehr mit eingetragenen Vereinen zu gewährleisten.

Die Offenlegung der personenbezogenen Daten der Vorstandsmitglieder eines Vereins rechtfertige sich durch das besonders schützenswerte Interesse des Rechtsverkehrs, sich über die Vertretungsverhältnisse der am Rechtsverkehr teilnehmenden Vereine zuverlässig informieren und vergewissern zu können (vgl. BGH, Beschluss vom 03.02.2015 - II ZB 12/14).

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