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Recht & Verwaltung06 Januar, 2025

BGH: Gesellschafterdarlehensrecht und Gesellschafter einer Komplementär-GmbH

Redaktion Wolters Kluwer Online

Eine Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf den Gesellschafter einer Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG ist auch möglich bei fehlender Beteiligung der Komplementär-GmbH am Kapital der darlehensnehmenden GmbH & Co. KG.

Sachverhalt: Klage eines Verwalters auf Feststellung einer Darlehensforderung im Rang des § 38 InsO

Der Kläger ist Verwalter in dem im März 2018 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. GmbH. Der Beklagte ist Verwalter in dem im Februar 2015 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. GmbH & Co. KG, der Schuldnerin. Beide Unternehmen gehörten zur so genannten A. Gruppe. Alleingesellschafter der A. GmbH und zugleich bis Mai 2016 deren Alleingeschäftsführer war H. A.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin meldete die A. GmbH bei dem Beklagten eine Forderung in Höhe von 87.111 Euro mit der Bezeichnung „Darlehen" im Rang des § 38 InsO zur Insolvenztabelle an. Es wurde geltend gemacht, die angemeldete Forderung beruhe auf einem mit der Schuldnerin im Juli 2010 geschlossenen Darlehensvertrag. Der Beklagte widersprach der Forderung (auch) im Hinblick auf den geltend gemachten Rang, weil sie gemäß § 39 Abs 1 Nr. 5 InsO nachrangig sei.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A. GmbH erhob der Kläger Klage auf Feststellung der Darlehensforderung im Rang des § 38 InsO. Das Landgericht hat die Feststellungsklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter.

Begründung: Kein Erfolg der Feststellungsklage

Der BGH hat entschieden, dass sich hier die Forderung aus einer Rechtshandlung ergibt, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht. Die Feststellungsklage des Verwalters hat keinen Erfolg.

Gemäß § 39 Abs.1 S. 1 Nr. 5 InsO werden Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, nachrangig berichtigt. Der Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 InsO ist nach Auffassung des BGH eröffnet.

Die darlehensgebende A. GmbH war hier zwar keine Gesellschafterin der Schuldnerin. Von § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 InsO werden aber auch Rechtshandlungen Dritter erfasst, die der Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter wirtschaftlich entsprechen. Dies gilt insbesondere für Darlehen verbundener Unternehmen. Sinn und Zweck des Gesellschafterdarlehensrechts erfordern keine einschränkende Auslegung des Wortlauts des § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Variante 1 InsO.

Kleinbeteiligtenprivileg

Der BGH betont, dass es für die unmittelbare Gesellschafterstellung keines Kapitalanteils bedarf. Daher steht die fehlende Beteiligung der Komplementär-GmbH am Kapital der darlehensnehmenden GmbH & Co. KG einer Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf den Gesellschafter der Komplementär-GmbH nicht entgegen. Wenn dieser zugleich in maßgeblicher Weise an der darlehensgebenden Gesellschaft beteiligt ist, ist deren Darlehensrückzahlungsanspruch vorbehaltlich eines Eingreifens des Kleinbeteiligtenprivilegs nachrangig.

Im konkreten Fall bestand aus Sicht des BGH eine hinreichende Verbindung zur darlehensnehmenden Schuldnerin. H. A. war als Gesellschafter der Komplementär-GmbH mittelbarer Gesellschafter der Schuldnerin. Das Kleinbeteiligtenprivileg greift zu seinen Gunsten nicht ein, weil er als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH auch die Geschäfte der Schuldnerin führte. Dabei kommt es nicht darauf an, dass er im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nicht mehr Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Schuldnerin war.

Praktische Bedeutung des Urteils vom 07.11.2024 - IX ZR 216/22

Mit dem vorliegenden Urteil hat der BGH zu der umstrittenen Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen ein Darlehen an eine GmbH & Co. KG dem Gesellschafterdarlehensrecht unterliegt. Und zwar, wenn das Darlehen von einem Gesellschafter der Komplementär-GmbH (entweder direkt oder über eine Gesellschaft, an der er maßgeblich beteiligt ist) gewährt wird.

Nach Auffassung des BGH kann sich die Behandlung eines Darlehens als gesellschaftergleiches Darlehen auch aus einer Kombination von horizontalen und vertikalen Verbindungen ergeben. Beispielsweise, wenn der nur mittelbar an der das Darlehen nehmenden Gesellschaft beteiligte Gesellschafter eine unmittelbare maßgebliche Beteiligung an der das Darlehen gewährenden Gesellschaft hält (BGH, Urteil vom 19.09.2024 - IX ZR 173/23).

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