Der Restrukturierungsrahmen als Mittel zur Beilegung von Gesellschafterstreitigkeiten?
Gesellschafterstreit als Ursache oder Folge der Krise
Die Krise einer Gesellschaft ist in der Praxis häufig Ursache oder auch Folge einer Auseinandersetzung zwischen den Gesellschaftern. Streitigkeiten treten in der Krise häufig auf, wenn zwischen den Gesellschaftern kein Einvernehmen über die richtige Sanierungsstrategie erzielt werden kann oder nicht alle Gesellschafter bereit sind, sich an der Sanierung zu beteiligen. Ein Gesellschafterstreit kann aber auch die Krise verursachen, indem er das Unternehmen lähmt oder mit hohen Kosten belastet.
In der außergerichtlichen Sanierung ist die Auflösung eines solchen Streits nur konsensual oder unter den strengen Voraussetzungen des BGH zum "Sanieren oder Ausscheiden" möglich. Im Insolvenzverfahren sind Eingriffe in Gesellschafterrechte mittels Insolvenzplan zwar deutlich einfacher umsetzbar, doch geht dies mit den typischen Nachteilen einer Insolvenz einher. Insbesondere wird das Unternehmen durch die mit dem Insolvenzverfahren zwingend verbundene Publizität der Krise sowie die notwendige Einbeziehung aller Gläubiger oftmals stark beeinträchtigt. Hinzu kommen die erhebliche Kostenbelastung und eine vergleichsweise lange Verfahrensdauer.
Neue Eingriffsmöglichkeiten durch den Restrukturierungsplan
Mit dem Restrukturierungsplan des StaRUG steht nun ein Instrument zur Verfügung, das Eingriffsmöglichkeiten bietet, die mit dem Insolvenzplan vergleichbar sind, aber die gravierendsten Nachteile einer Insolvenz vermeidet. Insbesondere handelt es sich bei dem Restrukturierungsrahmen nicht um ein öffentliches Verfahren, so dass negative Publizitätswirkungen vermieden werden können. Der Schuldner kann entscheiden, welche Gläubiger er in das Verfahren einbezieht, wodurch der operative Geschäftsbetrieb ohne größere Beeinträchtigungen durch das Verfahren fortgeführt werden kann. Schließlich ist der Restrukturierungsrahmevern auch deutlich schneller und kostengünstiger als ein Insolvenzverfahren.
Der Schutz der Gesellschafter im Restrukturierungsrahmen ist in vielen Einzelheiten noch nicht abschließend geklärt. Wesentliche Eckpfeiler des verfahrensrechtlichen Schutzkonzepts sind zum einen die drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) als Zugangsvoraussetzung für den Restrukturierungsrahmen und zum anderen die Vergleichsrechnung, die darlegen muss, dass die Beteiligten durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne eine solchen stünden. Der Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit war bislang in der Praxis jedenfalls in seiner Funktion als fakultativer Insolvenzgrund nur von untergeordneter Bedeutung. Dementsprechend groß sind die Unsicherheiten bei der Frage, welche Voraussetzung an die Darlegung der drohenden Zahlungsunfähigkeit zu stellen sind. Auch bezüglich der Vergleichsrechnung sind noch viele Aspekte ungeklärt, insbesondere die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Insolvenz(abwicklungs)szenario als Vergleichsszenario zugrunde gelegt werden darf.
Unabhängig von den vorgenannten offenen Rechtsfragen, ist der verfahrensrechtliche Schutz der Gesellschafter im StaRUG restrukturierungstypisch eher schwach ausgeprägt. Insbesondere Minderheitsgesellschafter ohne Zugang zur Geschäftsführung werden strukturell häufig nicht über die erforderlichen Informationen verfügen, um die behauptete drohende Zahlungsunfähigkeit oder die Vergleichsrechnung zu erschüttern. Vor diesem Hintergrund diskutiert das Schrifttum intensiv über zusätzliche gesellschaftsrechtliche Schutzmechanismen, insbesondere die Bindung der Geschäftsleiter an die Gesellschafterorgane bei der Einleitung des Verfahrens.
Solche gesellschaftsrechtlichen Schutzkonzepte parallel zu den verfahrensrechtlichen Regelungen wurden auch nach Einbeziehung der Gesellschafterrechte in den Insolvenzplan durch das ESUG diskutiert. Der Fall Suhrkamp gab dann Anlass für eine höchstrichterliche Klärung verschiedener Aspekte. Es ist zu erwarten, dass es auch im Kontext des StaRUG in nächster Zeit Entscheidungen zu ähnlich gelagerten Fragestellungen geben wird.
Neue Gefechtslage für Gesellschafterstreitigkeiten in der Krise
Auch wenn die Möglichkeiten und Grenzen der Gestaltung von Gesellschafterrechten durch den Restrukturierungsplan damit noch nicht endgültig ausgelotet sind, dürfte schon jetzt feststehen, dass sich die Gestaltungsoptionen in Gesellschafterstreitigkeiten durch das StaRUG deutlich erweitert haben. Aufgrund der Weite des Tatbestands der drohenden Zahlungsunfähigkeit wird der Einsatz der StaRUG-Instrumente häufig bereits in einem vergleichsweise frühen Stadium in Betracht kommen. Der Weg in den Restrukturierungsrahmen kann insbesondere auch dann schon eröffnet sein, wenn die Krise das operative Geschäft des Unternehmens (noch) nicht erfasst hat, aber aufgrund des Gesellschafterstreits die Durchfinanzierung in den nächsten vierundzwanzig Monaten (§ 18 Abs. 2 S. 2 InsO) nicht mehr gewährleistet ist.
Bisher konnten Minderheitsgesellschafter insbesondere auch in Restrukturierungssituationen ein erhebliches Störpotential entfalten und daher der Gesellschaftermehrheit - die die eingangs dargestellten Nachteile eines Insolvenzverfahrens scheute - erhebliche Zugeständnisse abringen. Zu solchen Konzessionen werden die Beteiligten nicht mehr bereit sein, wenn sich das Gestaltungsziel auch gegen den Widerstand des Minderheitsgesellschafters im Restrukturierungsrahmen umsetzen lässt, der nicht mit den Nachteilen eines Insolvenzverfahrens verbunden ist. Daher ist zu erwarten, dass sich die rechtliche Ausgangslage für Minderheitsgesellschafter durch das StaRUG tendenziell verschlechtert hat. In jedem Fall gehört der Restrukturierungsrahmen zu den Werkzeugen, die nicht nur von Restrukturierern, sondern auch von Gesellschaftsrechtlern, die bei Gesellschafterstreitigkeiten in einem Krisenkontext beraten, im Blick behalten werden müssen.
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