von Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Kerstin Reiserer und Rechtsanwältin Johanna Tormählen, Heidelberg
Recht & Verwaltung23 September, 2022
Das neue Statusfeststellungsverfahren
Ein besonders heikles Thema stellt im Arbeitsrecht die so genannte „Scheinselbständigkeit“ dar. Wie sich dem Wortlaut bereits entnehmen lässt, liegt eine solche vor, wenn dem Anschein nach eine selbständige Tätigkeit, in Wahrheit aber ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Da häufig die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung durchaus kritisch ist, bietet das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV vor der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) – das so genannte Statusfeststellungsverfahren – die Möglichkeit der Abklärung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt.
Im Kontext der „Scheinselbständigkeit“ ist eine entsprechende Feststellung von besonderer Bedeutung, da in dem Falle, dass nachträglich das Vorliegen von „Scheinselbständigkeit“ aufgedeckt wird, erhebliche Konsequenzen drohen. So stehen neben Nachforderungen der Sozialversicherungsbeiträge für bis zu vier – bzw. bei Vorsatz gar bis zu 30 Jahre – Säumniszuschläge sowie Nachzahlungen der Lohnsteuer im Raum. Nicht außer Acht zu lassen sind zudem die strafrechtlichen Konsequenzen. Gem. § 266a StGB haften die Organe des Arbeitgebers, also etwa der Geschäftsführer einer GmbH, persönlich für das Nicht-Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen. Um diese Konsequenzen zu vermeiden, dient das Statusfeststellungsverfahren dazu, Rechtssicherheit über die Sozialversicherungspflicht des Auftragnehmers zu erlangen.
Im Gegensatz zum Begriff der Beschäftigung, der sich im Rahmen der Rechtsprechung unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen wie flexiblem Arbeiten, Home-Office etc. weiter fortgebildet hat, hat sich das Statusfeststellungsverfahren seit seiner Einführung im Jahre 1999 nicht verändert. Vor diesem Hintergrund hat nunmehr am 20.05.2021 der Bundestag eine Gesetzesänderung beschlossen, welcher der Bundesrat am 25.06.2021 zugestimmt hat. Die Neuerungen sind zum 01.04.2022 in Kraft getreten.
Die wesentlichen Änderungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Im Kontext der „Scheinselbständigkeit“ ist eine entsprechende Feststellung von besonderer Bedeutung, da in dem Falle, dass nachträglich das Vorliegen von „Scheinselbständigkeit“ aufgedeckt wird, erhebliche Konsequenzen drohen. So stehen neben Nachforderungen der Sozialversicherungsbeiträge für bis zu vier – bzw. bei Vorsatz gar bis zu 30 Jahre – Säumniszuschläge sowie Nachzahlungen der Lohnsteuer im Raum. Nicht außer Acht zu lassen sind zudem die strafrechtlichen Konsequenzen. Gem. § 266a StGB haften die Organe des Arbeitgebers, also etwa der Geschäftsführer einer GmbH, persönlich für das Nicht-Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen. Um diese Konsequenzen zu vermeiden, dient das Statusfeststellungsverfahren dazu, Rechtssicherheit über die Sozialversicherungspflicht des Auftragnehmers zu erlangen.
Im Gegensatz zum Begriff der Beschäftigung, der sich im Rahmen der Rechtsprechung unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen wie flexiblem Arbeiten, Home-Office etc. weiter fortgebildet hat, hat sich das Statusfeststellungsverfahren seit seiner Einführung im Jahre 1999 nicht verändert. Vor diesem Hintergrund hat nunmehr am 20.05.2021 der Bundestag eine Gesetzesänderung beschlossen, welcher der Bundesrat am 25.06.2021 zugestimmt hat. Die Neuerungen sind zum 01.04.2022 in Kraft getreten.
Die wesentlichen Änderungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1) Feststellung des Erwerbsstatus, § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV n.F.
Entgegen der bisherigen Regelung soll künftig keine Entscheidung mehr über die Versicherungspflicht ergehen, sondern über den Erwerbsstatus, also ob es sich um eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit handelt. Der Prüfungsumfang hat sich dadurch reduziert, sodass künftig zugunsten einer schnelleren Rechtsklarheit beschleunigte Bearbeitungszeiten zu erwarten sind. Da eine Beschäftigung nicht zwangsläufig in allen Sozialversicherungszweigen zu einer Versicherungs- und Beitragspflicht führt, ist der Arbeitgeber gegebenenfalls gehalten, nach Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens zusätzlich die je konkrete Versicherungspflicht zu klären. Eine weitere Beschleunigung des Verfahrens soll künftig dadurch ermöglicht werden, dass auf Antrag der Beteiligten auf deren Anhörung verzichtet wird. Etwas anderes gilt allerdings, wenn auch Dritte von der Entscheidung über den Erwerbsstatus betroffen sind.2) Feststellung auch bei Dreiecksverhältnissen, § 7a Abs. 2 Satz 2 bis 3 SGB IV n.F.
Da die Frage nach einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht nur im Rahmen einer etwaigen „Scheinselbständigkeit“ eine Rolle spielt, sondern auch bei drittbezogenem Fremdpersonaleinsatz (etwa Arbeitnehmerüberlassung), bestand in der Praxis ein großes Interesse daran, das Statusfeststellungsverfahren auch für Dreiecksverhältnisse zu öffnen. Dem kommt die nun beschlossene Gesetzesänderung nach und sieht vor, dass künftig Tätigkeiten im Rahmen einer Dreiecksbeziehung umfassend – also hinsichtlich aller betroffener Rechtsverhältnisse – beurteilt werden können.3) Bindungswirkung der Entscheidung für andere Versicherungsträger, § 7a Abs. 2 Satz 4 SGB IV n.F.
Bislang war die Bindungswirkung des Statusfeststellungsbescheides für Fremdversicherungsträger umstritten. Lediglich für die Betriebsprüfung wurde eine Bindungswirkung klar bejaht. Nunmehr regelt der neue § 7a SGB IV, dass auch andere Versicherungsträger an die Entscheidung der DRV gebunden sind, was für die Betroffenen zu einer gesteigerten Rechtssicherheit führt.4) Antragsrecht schon vor Tätigkeitsaufnahme, § 7a Abs. 4 a) SGB IV n.F.
Nach bisheriger Rechtslage konnte ein Statusfeststellungsverfahren für ein nur beabsichtigtes, noch nicht umgesetztes Auftragsverhältnis nicht durchgeführt werden. Die DRV stützte sich darauf, dass die tatsächlichen Verhältnisse des Auftragsverhältnisses nicht feststünden und daher eine abschließende Beurteilung über die Sozialversicherungspflicht nicht möglich sei. In Betracht kam bislang lediglich eine unverbindliche Voranfrage. Künftig soll auch vor der Aufnahme der Tätigkeit ein verbindliches Statusfeststellungsverfahren möglich sein. Die Entscheidungskriterien stellen – anders als im regulären Verfahren nach Tätigkeitsaufnahme – nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse, sondern den Parteiwillen zur geplanten Handhabung ab.5) Möglichkeit der Gruppenfeststellung, § 7a Abs. 4 b) und c) SGB IV n.F.
Schließlich ermöglicht die Gesetzesänderung ab dem 01.04.2022 eine Gruppenfeststellung, wenn mehrere Auftragsverhältnisse auf der Grundlage einer einheitlichen Vereinbarung durchgeführt werden. Erforderlich ist, dass die wesentlichen Geschäftsgrundlagen der Vertragsverhältnisse übereinstimmen. Relevant könnte dies häufig etwa für Handelsvertreterverträge sein. Zu beachten ist, dass im Rahmen der Gruppenfeststellung kein verbindlicher Verwaltungsakt ergeht, sondern eine gutachterliche Äußerung, der eine Bindungswirkung nicht zukommt. Die gutachterliche Äußerung führt lediglich dazu, dass der Arbeitgeber vor Beitragsnachforderungen für die Vergangenheit geschützt ist, sofern nachträglich eine abweichende Status-Beurteilung erfolgt.Fazit
Festzuhalten bleibt, dass die Gesetzesänderung einige nicht unwesentliche Neuerungen enthält. Ob diese tatsächlich zu einer Beschleunigung des Verfahrens und mehr Rechtssicherheit für die Beteiligten führen, bleibt abzuwarten. Bemerkenswert ist in jedem Fall, dass die Gesetzesänderungen nur befristet bis 30.06.2027 gelten. Eine solche zeitliche Beschränkung für Gesetzesänderungen ist doch eher unüblich. Es bleibt daher spannend, wie sich das Statusfeststellungsverfahren in den nächsten Jahren weiterentwickelt. Aufgrund der steten Veränderungen im Arbeitsleben in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung wird auch künftig Anpassungsbedarf bestehen.Wollen Sie mehr über die ZNotP erfahren?
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