Leseprobe Hunsalzer ZInso Corona-Beihilfen und KfW-Kredite
Recht & Verwaltung25 Oktober, 2021

Corona-Beihilfen und KfW-Kredite in der Restrukturierungs- und Insolvenzplansanierung unter Beachtung des EU-Beihilferechts

von Thorsten Hunsalzer, Rechtsanwalt bei der Gehrke Econ | Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Hannover

I. Einführung

Zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Maßnahmen zur Eindämmung des COVID-19-Virus und insbesondere zur Vermeidung von Insolvenzen von Unternehmen, die außerhalb der Corona-Krise über erfolgreiche Geschäftsmodelle verfügen, wurden neben der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht auch unterschiedliche Wirtschaftshilfen geschaffen oder erweitert. Neben dem Kurzarbeitergeld und den KfW-Krediten zählen hierzu insbesondere die Zuschüsse wie November- und Dezemberhilfen, Soforthilfen, Neustarthilfen und Überbrückungshilfen.

Aufgrund der anhaltenden Pandemie, der fortwährenden Eindämmungsmaßnahmen und da die staatlichen Maßnahmen nicht alle Verluste decken, können einige Unternehmen trotz staatlicher Hilfen nur noch mittels Restrukturierungs- oder Insolvenzverfahren saniert werden. Hierbei könnte der Wunsch entstehen, sich mittels Restrukturierungs- oder Insolvenzplans der Forderungen aus den KfW-Krediten oder Zuschüssen zu entledigen. Wegen des erheblichen Fördervolumens ist anzunehmen, dass die staatlichen Hilfen einen bedeutenden Anteil an den Restrukturierungs- und Insolvenzforderungen ausmachen werden.

Dieser Beitrag untersucht, welche EU-beihilferechtlichen Auswirkungen die Corona-Beihilfen auf die Abwicklung eines Restrukturierungsverfahrens mit Restrukturierungsplan gem. §§ 2 ff. StaRUG und eines Insolvenzverfahrens mit Insolvenzplan gem. §§ 217 ff. InsO hat.

II. Restrukturierungs- und Insolvenzforderungen

An einem Restrukturierung- oder Insolvenzverfahren nehmen bestehende Rückzahlungsansprüche aus KfW-Darlehen teil, bei denen aufgrund des Hausbankprinzips die Hausbank als Gläubiger teilnimmt. Die KfW haftet gegenüber der Hausbank im Innenverhältnis für den Ausfall.

Daneben ist denkbar, dass Zuschüsse rechtswidrig erlangt wurden und deren Rückforderung zu einer wirtschaftlichen Krise führt oder diese verstärkt, sodass die Rückforderung an einem Restrukturierungs- oder Insolvenzverfahren teilnimmt.

Zudem ist denkbar, dass Zuschüsse, die zwar rechtmäßig erlangt wurden, aufgrund des Insolvenzverfahrens aber ihren Förderzweck nicht mehr vollständig erreichen können und daher zurückzufordern sind, als Restrukturierungs- oder Insolvenzforderungen am Verfahren teilnehmen.

III. Rückforderungsgebot bei Insolvenz

1. Grundsätze der Europarechts-Konformität von Beihilfen

Die staatlichen Corona-Hilfen stellen als Zuschüsse Billigkeitsleistungen dar. Der Leistende kann die Voraussetzungen der Förderung daher bestimmen. Hierbei hat er jedoch das EU-Beihilferecht zu beachten. Dies soll Wettbewerbsverzerrungen durch nationale Staatshilfen verhindern. Gem. Art. 107 Abs. 1 AEUV1 sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

Gem. Art. 108 Abs. 3 AEUV ist die EU-Kommission rechtzeitig über die Beihilfe zu unterrichten, sodass diese die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gem. Art. 107 AEUV prüfen und ggf. ein entsprechendes Prüfungsverfahren einleiten kann. Der Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme gem. Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV erst durchführen, wenn die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat. Die Ausnahmen von der Anmelde- und Genehmigungspflicht, geregelt in Art. 108 Abs. 3 AEUV und der hierzu erlassenen allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO2) sind eng auszulegen.3 Soweit die Europarechtswidrigkeit nachträglich festgestellt wird, sind Bewilligungen gem. Art. 108 Abs. 2 AEUV aufzuheben.

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Rechtsanwalt Thorsten Hunsalzer untersucht in ZInsO 2021, 1469, welche EU-beihilferechtlichen Auswirkungen die Corona-Beihilfen auf die Abwicklung eines Restrukturierungsverfahrens mit Restrukturierungsplan gem. §§ 2 ff. StaRUG und eines Insolvenzverfahrens mit Insolvenzplan gem. §§ 217 ff. InsO hat.
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Literatur

1 AEUV v. 26.10.2012, ABl. der EU C 326/49.
2 AGVO, Verordnung (EU) 651/2014 der Kommission v. 17.6.2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Art. 107 und Art. 108 AEUV v. 26.6.2014, ABl. der EU 187/2014.
3 Vgl. EuGH, Urt. v. 5.3.3019 – C-349/17 – Eesti Pagar; Urt. v. 29.7.2019 – C-654/17 P – BMW.

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