Recht & Verwaltung09 Oktober, 2018|AktualisiertJuli 14, 2020

Das besondere elektronische Anwaltspostfach ist zurück!

Nach langem Hin und Her im Anschluss an den skurril anmutenden Start des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) mit anfänglich gravierenden Sicherheitslücken und dem folgenden Super-GAU, nämlich der umgehenden Abschaltung des Anwaltspostfachs unmittelbar nach Inbetriebnahme kurz vor Weihnachten 2017 – trotz gesetzlich fortgeltender passiver Nutzungspflicht für alle Anwälte und Syndikusanwälte – ist es nunmehr so weit:

Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) wurde am 03.09.2018 (wieder) in Betrieb genommen.

Der nachfolgende Erfahrungsbericht schildert meine ersten Eindrücke mit dem beA, weist auf einige Tücken hin und ist insgesamt ein Appell an die Anwaltschaft, die neuen Möglichkeiten nicht als zusätzliche Last zu empfinden, sondern vor allem auch als Chance zu verstehen.

Wer oder was ist BeA?

Das besondere elektronische Anwaltspostfach bezweckt im Grunde den Wechsel von der Papierakte mit dem traditionellen Informationsaustausch via Post und Fax hin zur konsequenten digitalen Aktenführung zur Beschleunigung der Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs durch Ermöglichung eines sicheren, rechtswirksamen Austausches von Informationen und elektronischen Dokumenten zwischen Anwälten sowie Gerichten, sukzessive später auch aber auch zwischen Anwälten und Bürgern, Behörden und Gerichten.

Stark überspitzt könnte man auch formulieren: Mein guter alter Freund „Fax“ wird durch eine neue, deutlich jüngere und attraktivere Freundin „BeA“ ausgetauscht. Aber dies ist natürlich ein nicht ganz ernst gemeinter Vergleich und wird von vielen AnwaltskollegInnen auch nur bedingt als lustig empfunden werden – zu Recht will ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen.

Ich möchte andererseits auch nicht in den Reigen der zahlreichen Kritiker einstimmen, die mit der Einführung des beA eine Behinderung der Rechtspflege oder gar den Untergang ihres Berufsstandes befürchten und somit halb erleichtert, halb amüsiert und gewissermaßen innerlich bestätigt die zurückliegenden Startschwierigkeiten des beA argwöhnisch beobachtet haben und diesem Kernprojekt zur „Digitalisierung der Anwaltschaft“ vermutlich auch bis zuletzt skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen.

Zugegeben, es wurden unübersehbare Fehler im Bereich der Projektsteuerung gemacht und auch die – inzwischen behobenen – teils eklatanten Sicherheitslücken haben auch bei mir für ungläubiges Kopfschütteln gesorgt. Man muss aber fairerweise auch mal herausstellen, dass die Einführung des beA eine gewaltige Herausforderung für die BRAK und letztlich auch für deren technischen Dienstleister war, wobei infolge der gewaltigen Dimension dieses Projektes hinreichende Erfahrungsgrundsätze gefehlt haben. Anlaufschwierigkeiten waren daher absehbar

Für mich ist das beA schlichtweg ein neues Arbeitsinstrument auf dem unumkehrbaren Weg der fortschreitenden Digitalisierung der Geschäftswelt und des Privatlebens, nunmehr eben auch der eigenen Kanzlei, was nebenbei bemerkt durchaus ein wenig dabei helfen könnte, das Mindset von uns Juristen auf einen aktuellen Stand zu heben, dorthin nämlich, wo viele Bürger und Mandanten bereits sind, in die digitale Gegenwart.

Also nehmen wie es positiv, nehmen wir es an: das beA! Sehr amüsant insoweit übrigens der „offizielle“ beA Song des Kollegen RA Dominik Herzog unter youtu.be/zPSvVAJKTyI via YouTube.

Rechtliche Grundlagen und gesetzliche Pflichten

Mit Art. 7 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten wurden die Paragraphen §§ 31 und 177 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) angepasst und die Paragraphen §§ 31a und 31b neu eingefügt. Die Bundesrechtsanwaltskammer wird durch die Änderungen an der BRAO verpflichtet, für jeden in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt für die Dauer seiner Zulassung ein beA einzurichten. Der Inhaber eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ist wiederum verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen (§ 31 a Abs. 6 BRAO).

Ab dem 1. Januar 2018 dürfen Rechtsanwälte gemäß § 130a Abs. 3 a.E., 4 Nr. 2 ZPO Dokumente auch ohne Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur über einen „sicheren Übermittlungsweg“ bei Gericht einreichen. Das beA, ein De-Mail-Konto und andere als sicher eingestufte Übermittlungswege wie EGVP zählen zu einem „sicheren Übermittlungsweg“. Mitarbeiter können weiterhin vom Anwalt qualifiziert elektronisch signierte Dokumente versenden.

Seit dem 03.09.2018 können Ihnen als zugelassener Rechtsanwalt oder Syndikusanwalt nunmehr also auch ganz praktisch über das beA Dokumente rechtswirksam zugestellt werden. Angesichts der Vorteile einer vollständig elektronischen Aktenführung ist auch zu erwarten, dass viele Anwaltskollegen und Gerichte schon sehr bald und umfassend davon Gebrauch machen werden.
So sind Rechtsanwälte bereits seit dem 1. Januar 2017 verpflichtet, Schutzschriften ausschließlich beim elektronischen Schutzschriftenregister einzureichen, was über das beA sehr komfortabel erfolgen kann.
Jede Rechtsanwältin und jeden Rechtsanwalt in Deutschland trifft insoweit eine zumindest passive Nutzungspflicht. Sie bzw. er hat ihr/sein beA also regelmäßig abzurufen, will sie/er eine haftungsrechtliche Inanspruchnahme vermeiden. Übrigens besitzt das beA eine komfortable Funktion zur automatisierten Benachrichtigung über eingehende Post über eine weitere E-Mail-Adresse, also etwa der Kanzlei- oder Privatadresse des Anwalts.

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts für Syndikusanwälte am 1. Januar 2016 wurden Syndikusanwälte den Rechtsanwälten weitgehend gleichgestellt, so dass jede zugelassene Syndikusrechtsanwältin und jeder zugelassene Syndikusrechtsanwalt ebenfalls ein beA hat und dementsprechend nutzen muss. Dies insbesondere auch für den Fall der Rechtsvertretung seines Arbeitgebers. Hat ein Berufsträger sowohl die Zulassung als Syndikusanwalt als auch eine Zulassung als Rechtsanwalt, sieht das Gesetz vor, dass er zwei getrennte beA erhält.

Mein erstes Date mit BeA

Nachdem ich bereits Anfang 2016 meine Chipkarte (beA-Karte Signatur) über https://bea.bnotk.de beantragt, einen offiziell unterstützten Chipkartenleser installiert und die Signaturkarte schließlich im Anschluss an den Zertifizierungsprozess über die sog. beA-SAFE-ID noch vor der offiziellen Inbetriebnahme am 28. November 2016 in Betrieb genommen hatte, konnte ich nunmehr natürlich direkt am 3. September 2018 durchstarten.
Den alten, unsicheren Security Client hatte ich ebenfalls bereits im Dezember 2016 wieder deinstalliert, entsprechend der Empfehlung der BRAK. Auch der Download und die Installation des neuen Security Clients über https://www.bea-brak.de war ein Kinderspiel, wobei die Download Links zu den einzelnen Betriebssystemen ganz unten auf der Seite auf den ersten Blick schnell übersehen werden können.

Nunmehr musste ich die erste Einrichtung abschließen, bei der man über einen Dialog halbwegs verständlich durchgeführt wird. Allerdings gab es zwei Probleme:

  • Mit dem aktuellen Microsoft Edge Browser kann das beA offensichtlich nicht genutzt werden. Ich bin daher auf Google Chrome ausgewichen, der offiziell auch unterstützt wird. Nicht schön, aber naja, wenn man es weiß….
  • Der Installationsdialog öffnete sich nicht, weil mein Popup-Blocker das Öffnen verhinderte. In Google Chrome kann man dieses Verhalten schnell übersehen. Die Freigabe für die Seite ist dann aber kein Problem mehr.

Nachdem sich meine Befürchtungen, dass sich die Einrichtung kompliziert gestalten würde, im Ergebnis nicht bewahrheitet hatten, war es nach einigen Minuten endlich so weit: Mein beA erblickte das Licht der Welt…. Besser formuliert hatte ich die Einrichtung abgeschlossen und nunmehr ist das für mich eingerichtete beA tatsächlich auch erreichbar für mich. Der Versand einer Testnachricht an einen befreundeten Anwaltskollegen sowie einige Systemeinstellungen und die Anlage von einigen Empfangsordnern gelangen ohne größere Hürden, auch wenn die Benutzerführung noch nicht als optional zu bezeichnen ist.
Auf jeden Fall funktioniert es zumindest für den Moment tadellos, sieht für meinen Geschmack auch recht ansprechend aus, ist übersichtlich und vergleichsweise einfach bedienbar, lässt sich selbst auf kleineren Bildschirmen gut nutzen (responsives Design) und erweist sich in den ersten Tagen als hinreichend performant und stabil.

Was nun?

Tja, besteht nun Grund zum Feiern oder zum Trauern?

Klar ist, dass man seine Arbeitsweise fortan etwas umstellen muss. Etwas Einarbeitungsaufwand bleibt nicht aus, so wie dies bei jeder neuen Technologie der Fall ist, die wir neu in Betrieb nehmen. Aber auch ein neues Smartphone will erst einmal eingerichtet sein und dessen Bedienung muss erlernt werden. Hier nehmen wir es mit Vorfreude in Kauf, ein paar Stunden zu „opfern“, meist ja im Modus „Learning by Doing“. Also warum nicht auch beim BeA?

Fest steht, dass wer an seiner tradierten Arbeitsweise so lange wie möglich festhalten möchte, sich nunmehr auf eine neue Ära im Kommunikationsaustausch zwischen Anwälten und Gerichten, später auch zwischen Anwalt und Mandanten einstellen muss. Denn spätestens ab dem 01.01.2022 sind alle Rechtsanwälte verpflichtet, Dokumente den Gerichten ausschließlich elektronisch zu übermitteln, d.h. die Zustellung auf dem Postweg ist ab diesem Zeitpunkt rechtsunwirksam – ein Paradigmenwechsel. Wer bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Rente geht, tut also gut daran, sich möglichst frühzeitig – am besten jetzt – mit dem beA zu beschäftigen.

Wer moderne juristische Software nutzt, dem stehen über die beA Schnittstelle zudem einige Komfortfunktionen zur Verfügung, die eine elektronische Aktenführung noch effizienter machen. Unter anderem kann durch die dauerhafte Einbindung eines Software-Zertifikats auf die Mitführung der beA Karte verzichtet werden. Außerdem können die E-Mails und Dokumentanhänge aus dem beA Postfach komfortabel in die Akte übernommen bzw. über die Akte versendet werden und nicht zuletzt ist auch eine dauerhafte Archivierung möglich, was nicht die Aufgabe des beA ist.

Objektiv betrachtet bietet das BeA also bereits jetzt viel Mehrwert und tatsächlich nur noch wenige offene Kritikpunkte, von denen einige sicherlich bald behoben werden. Also nur Mut, liebe KollegInnen Rechtsanwälte und Syndikusanwälte, es tut nicht weh!

Ich persönlich werde jedenfalls versuchen, langsam und stetig ein gutes Verhältnis zu meiner neuen Freundin BeA aufzubauen, um ganz am Schluss einfach noch mal den Titel dieses Beitrags aufzugreifen.

Gastbeitrag von Rechtsanwalt Jan Borowski

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