Restrukturierungsplan StaRUG
Recht & Verwaltung22 Dezember, 2020

Der Restrukturierungsplan im StaRUG

von Rechtsanwalt Dr. iur. Friedrich L. Cranshaw, Mannheim/Mutterstadt und Professor Dr. Wolfgang Portisch, Emden/Leer
Ein Kernbestandteil des aktuellen Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz - SanInsFoG) ist das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, StaRUG. Vorgelegt wurde mit dem StaRUG ein die Restrukturierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens im Inland vermutlich umwälzendes Regelwerk. Ein Instrument der Sanierung nach dem StaRUG ist der Restrukturierungsplan. Der Restrukturierungsplan gem. §§ 4 ff. StaRUG bildet die Grundlage und den Kern des Restrukturierungsverfahrens nach dem StaRUG. Der Plan soll durch den Schuldner erstellt werden. Primär geht es im Restrukturierungsplan um die Neugestaltung von Forderungen und Rechten der Gläubiger und Anteilseigner.

Geht man mit der Begründung zum Restrukturierungsplan des StaRUG davon aus, dass er dem Insolvenzplan vergleichbar ist, so lassen sich Unterschiede der beiden Strukturen in einer Synopse darstellen.

Synopse von Normen zum "Restrukturierungsplan" und "Insolvenzplan" an Beispielen:

Regelungsgegenstand Restrukturierungsplan – wesentliche §§ des StaRUG Insolvenzplan – wesentliche §§ der InsO
Einbezogene Gläubiger Auswahlermessen des Schuldners, "Planbetroffenheit", § 10 f. – ausgenommen sind die Rechtsverhältnisse des § 6 Alle, optional die absonderungsberechtigten Gläubiger und die Anteilsinhaber, §§ 217, 223, 223a nF (Art. 5 Nr. 24 SanInsFoG-RegE), 225a
 Planinitiative  Schuldner, "Planangebot", § 19 Schuldner, Insolvenzverwalter, § 218
 Gliederung Abweichend vom Insolvenzplan aufgrund Mindestinhalten nach der RL, s. Anhang zum StaRUG iVm § 7 Satz 2 § 219
 Darstellender Teil  § 8 § 220
 Gestaltender Teil  § 9 § 221
 Gruppenbildung § 11, in Teilen abweichend vom Insolvenzplan, u.a. bei den nachrangigen Restrukturierungsgläubigern § 222, nach Art. 5 Nr. 23 SanInsFoG um die Gruppe der "Inhaber[…] von Rechtenaus gruppeninternen Drittsicherheiten ergänzt
 Planzustimmung §§ 19 Abs. 1, 20, 22 ff., 25, 47 f. Zustimmung durch alle ohne Abstimmungsverfahren; "außergerichtliches" Abstimmungsverfahren oder gerichtliches Abstimmungsverfahren §§ 244 ff., gerichtliches Abstimmungsverfahren
 Mehrheiten Gruppenabstimmung – Qualifizierte Summen-/Forderungsmehrheit (75 %), § 27 Einfache Kopf- und Forderungsmehrheit, § 244
 Cramdown "Absolute …" und "Relative Priority Rule", §§ 28 – 30, inhaltlich weitergehend als § 245 InsO  § 245 Abs. 2, 2a n.F. nach Art. 5 Nr. 29 SanInsFoG, mit "Einstieg" in eine Relative Priority Rule, abweichend von §§ 29 f. StaRUG
 Gerichtliche Bestätigung   des Plans nur bei fehlender Zustimmung aller Planbetroffenen und nur auf Schuldnerantrag, § 67 Abs. 1 Satz 1. Zwingend, § 248
 Wirkungen des Plans 74 ff., Verfahrensabweichung: Wirksamkeit bereits mit Bestätigung;100 ansonsten im Wesentlichen mit dem Insolvenzplanverfahren vergleichbar.  §§ 254 ff.; Wirksamkeit tritt mit Rechtskraft ein
 Gegenseitige Verträge §§ 51 ff., Pendant zu den §§ 103 ff. InsO, s. § 51 Abs. 3  §§ 103 ff.
Wechsel der Rolle des Richters als Plangestalter außerhalb der Rechtmäßigkeitskontrolle bei noch nicht beiderseits vollständig erfüllten gegenseitigen Verträgen § 51 Abs. 1, 2 – das Ermessen des Richters ist eingeschränkt; er muss dem Antrag des Schuldners entsprechen, außer dessen Verlangen wäre offensichtlich nicht sachgerecht. Keine Entsprechung
 "Schuldbefreiung   (Umfang)"  § 74 Abs. 1, 3 § 227

 

 

Die Synopse zeigt an wenigen Beispielen die Parallelität der Planstrukturen. Der entscheidende Faktor ist bei der Lösung des Restrukturierungsprozederes des Teils 2 Kapitel 1 StaRUG (das ggf. ohne gerichtliche Tätigkeit auskommt) – anders als bei der bisher "freien" Sanierung – der kollektive Charakter, der seinen Ausdruck in der "Gruppenübergreifenden Mehrheitsentscheidung" sowie dem Cramdown des § 28 StaRUG findet. Die "Absolute Priority Rule" des bisherigen § 245 InsO findet in § 29 StaRUG ihren Niederschlag, wird aber in § 30 StaRUG durch eine weitreichende "Relative Priority Rule" aufgeweicht.

Die Freiwilligkeit der Eingehung einer Sanierung wird durch eine bisher allein der Insolvenz und deren Vermögensinsuffizienz vorbehaltene verpflichtende Beteiligung abgelöst. Ganz im Sinne des offenen Restrukturierungsverfahrens, das dem Schuldner weitgehende Handlungsfreiheit gibt, ist nicht vorgeschrieben, wie er den Plan zustande bringt. Entscheidend ist nur, dass er auf der Zustimmung aller einbezogenen Gläubiger beruht. Opponierende Gläubiger können mittels Cramdown sowie durch gerichtliche Planbestätigung in den Plan hineingezwungen werden.

Über die Autoren

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Rechtsanwalt Dr. iur. 

Friedrich L. Cranshaw

Dr. Friedrich L. Cranshaw ist seit vielen Jahren Rechtsanwalt, u.a. Depré RECHTSANWALTS AG, Mannheim. Er war Jahrzehnte Banksyndikus/Direktor in einem großen öffentlich-rechtlichen Kreditinstitut in Baden-Württemberg. Promotion 2005 zu einem europarechtlichen Thema. Er arbeitet, forscht und publiziert insbesondere im Sanierungs- und Insolvenzrecht, im internationalen Privat- und Verfahrensrecht, im Bankrecht und auf mit diesen Gebieten verwandten Feldern. Er ist ständiger Autor bei einer Reihe rechtswissenschaftlicher Fachzeitschriften, (Mit)Herausgeber bzw. Autor u.a. von Buchbeiträgen und Kommentaren in dem vorerwähnten Umfeld. Er ist – ebenfalls seit vielen Jahren – Dozent an verschiedenen Einrichtungen und er ist bei wissenschaftlichen Organisationen engagiert.
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Professor Dr.

Wolfgang Portisch

Prof. Dr. Wolfgang Portisch leitet den Bereich Bank- und Finanzmanagement an der Hochschule Emden/Leer. Im Anschluss an seine Promotion am Bankenlehrstuhl der Universität Lüneburg war er sieben Jahre für das Kredit- und Sanierungsmanagement einer Privatbank tätig. Er ist Aufsichtsrat einer großen deutschen Genossenschaftsbank und hat in dieser Funktion den Vorsitz des Prüfungsausschusses inne. Er ist Mitherausgeber einer bankwirtschaftlichen Fachzeitschrift, publiziert in verschiedenen Fachzeitschriften und ist Autor mehrerer Bücher. Sein Spezialgebiet ist die Sanierung von Firmen aus Bankensicht. Als Dozent leitet er seit vielen Jahren Seminare unter anderem an der Frankfurt School of Finance & Management und an der Akademie Deutscher Genossenschaften.

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