I. Grundlagen
Ein Rechtsverhältnis ist nach gebräuchlichem Verständnis die aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandene Rechtsbeziehung einer Person entweder zu einer Sache oder zu einer anderen Person. Der Insolvenzschuldner ist auch nach Verfahrenseröffnung eigenständiges Rechtssubjekt und daher mit seinem freien Vermögen taugliche Person eines Rechtsverhältnisses. Wer nach Verfahrenseröffnung hinsichtlich der Masse Teil eines Rechtsverhältnisses sein kann, bedarf indessen näherer Erörterung.
Die Insolvenzmasse ist kein eigenständiges Rechtssubjekt. So ist sie auch nicht etwa selbst Inhaberin des Insolvenzanfechtungsanspruchs nach § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO. Diese Einordnung ergibt sich zwanglos aus § 35 Abs. 1 InsO. Die Insolvenzmasse ist das gegenwärtige und zukünftige Vermögen des Schuldners bei Verfahrenseröffnung. Zugleich ist die Masse freilich auch nicht Rechtsobjekt. Angesichts des Spezialitätsprinzips sind Rechtsobjekte vielmehr allein die einzelnen Vermögensgegenstände, die Bestandteil der Masse sind. Nach § 35 Abs. 1 InsO ist auch der Insolvenzverwalter nicht Rechtssubjekt hinsichtlich der Gegenstände der Insolvenzmasse. Er ist insoweit lediglich verfügungs- und verwaltungsbefugt über die ihm fremden Rechte des Insolvenzschuldners, § 80 Abs. 1 InsO. Subjekt eigener Rechte und Pflichten wird der Insolvenzverwalter mit seinem Privatvermögen insbesondere bei Verwirklichung von Vergütungstatbeständen, § 63 InsO, oder von Haftungstatbeständen, etwa §§ 60 ff. InsO. Da der Insolvenzschuldner nach § 35 Abs. 1 InsO Inhaber der Gegenstände der Insolvenzmasse ist, ist er auch Subjekt eines Rechtsverhältnisses, soweit die Masse betroffen ist. Daher kann ein Rechtsverhältnis von und gegenüber dem Insolvenzschuldner bestehen. Der Schuldner ist dann wegen der sondervermögensrechtlichen Stellung der Insolvenzmasse sowohl Rechtssubjekt auf der einen als auch auf der anderen Seite. Er ist einerseits Rechtssubjekt für sein insolvenzfreies und andererseits für sein insolvenzbefangenes Vermögen. Ein in diesem Verhältnis bestehender Anspruch erlischt nicht infolge von Konfusion. Die Rechtsfolge der Konfusion greift dann nicht, wenn es sich um eine "rechtliche, zumindest aber rechnerische Trennung von Vermögensmassen" handelt. So liegt es nicht nur im Fall der Nachlassinsolvenz,§ 1976 BGB, sondern ganz allgemein beim Sondervermögen Insolvenzmasse, § 35 Abs. 1 InsO, das mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht. Entsprechend ist die o.g. Definition eines Rechtsverhältnisses dahin zu ergänzen, dass nicht zwei verschiedene Personen als Subjekte eines Rechtsverhältnisses erforderlich sind, wenn einem Rechtsträger zwei unterschiedliche Vermögensmassen zugeordnet sind.
Von dieser vermögensrechtlichen Einordnung zu unterscheiden ist die Einordnung der zivilrechtlichen Stellung des Insolvenzverwalters […]
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I. Grundlagen
II. Rechtsverhältnisse
1. Herausgabeverlangen
2. Weiterveräußerung
3. Verbrauch oder Zerstörung
4. Einziehung einer zur Masse gehörenden Forderung
III. Haftungsmassen
1. Insolvenzmasse
2. Freie Schuldnervermögen
IV. Prozessuale Durchsetzung
1. Herausgabeverlangen
a) Rechtsschutz des Insolvenzverwalters
b) Rechtsschutz des Schuldners
2. Wert- oder Schadensersatzansprüche
V. Zusammenfassung in Thesen
1 Aus Gründen der Lesbarkeit wurde auf weitere Quellenangaben verzichtet. Alle Quellenangaben finden Sie im Originaltext.
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