Die Zeitschrift für das Recht in der digitalen Wirtschaft (ZdiW) feiert ihr einjähriges Bestehen und befasst sich in ihrer Jubiläumsaugabe mit dem Thema Verkehrswende. Auch im zweiten Jahr bleibt der Anspruch der ZdiW, dem Recht der digitalen Wirtschaft Struktur und Profil zu verleihen, Chancen und Risiken neuer technischer Möglichkeiten im Rechtsmarkt aufzuzeigen, über neue Gesetzesvorhaben und ihre praktischen Auswirkungen schon im Entwurfsstadium zu informieren – in verständlichen, aber ebenso fundierten wie prägnanten und exklusiven Beiträgen. Mit der Erweiterung des Themenspektrums um die Rubrik „Verkehrswende“ hat Wolters Kluwer u.a. Prof. Dr. Matthias Knauff (Jena) mit den Forschungsschwerpunkten Öffentliches Verkehrs- und Energiewirtschaftsrecht Anfang 2022 in das Herausgeberteam berufen.
Wolters Kluwer sprach mit dem neuen Mitherausgeber Prof. Dr. Matthias Knauff und dem seit der Geburtsstunde der ZdiW mitwirkenden Herausgeber Dr. Hans Steege über aktuelle Rechtsfragen der Digitalwirtschaft, die Entwicklung der ZdiW im vergangenen Jahr und darüber, wie sich die Zeitschrift in Zukunft weiterentwickeln könnte.
Herr Dr. Steege, Sie sind seit der Geburtsstunde der ZdiW dabei. Wie sieht Ihre Bilanz nach einem Jahr ZdiW aus?
Hans Steege (H.S.) Die Bilanz ist durchweg positiv. Wir können auf 108 Fachbeiträge zurückblicken, die 2021 in der „Zeitschrift für das Recht der digitalen Wirtschaft“ erschienen sind. Das sind im Schnitt neun Beiträge pro Heft, wodurch wir im Vergleich zu anderen Zeitschriften ein deutliches Zeichen setzen. Damit bieten wir unserer Leserschaft Monat für Monat viele spannende Beiträge und einen großen Überblick über das Recht der digitalen Wirtschaft. Positiv hervorzuheben ist auch die von uns gewählte Gliederungssystematik, welche an Wirtschaftssektoren und Anwendungsbereichen ausgerichtet ist und nicht an Rechtsgebieten. Denn die rechtliche Bewertung erfordert heutzutage bei digitalen und automatisierten Produkten und Technologien eine umfassende Betrachtung, die rechtsgebietsübergreifend ist. In kompakten Beiträgen finden Leser Antworten auf aktuelle Rechtsfragen auf den Punkt gebracht. Die ZdiW kann somit auch im stressigen Arbeitsalltag als Arbeitsmittel herangezogen werden, um einen schnellen Überblick oder prägnante Antworten auf Rechtsfragen zu bekommen.
Herr Prof. Dr. Knauff, wie haben Sie die ZdiW im ersten Jahr wahrgenommen?
Matthias Knauff (M.K) Die ZdiW ist konzeptionell und inhaltlich eine Bereicherung auf dem deutschen Markt für juristische Fachzeitschriften. Wie jede neue Zeitschrift muss sie sich zunächst ihr Renommee erarbeiten. Aber die ZdiW ist auf einem sehr guten Weg, sich als praxisorientierte und zugleich wissenschaftlich anspruchsvolle Publikation zu etablieren.
Wie hat sich die Zeitschrift aus Ihrer Sicht weiterentwickelt?
M. K. Die Erweiterung um neue Rubriken mit Beginn des 2. Jahrgangs war ein sinnvoller Schritt. Digitale Themen beschränken sich nicht auf den Bereich der Digitalwirtschaft, sondern durchdringen nahezu alle Lebens- und Rechtsbereiche. Eine juristische Fachzeitschrift, die nicht als reines Nischenprodukt wahrgenommen werden will, muss dies widerspiegeln.
H.S. Hier freue ich mich insbesondere über unsere neue Rubrik „Verkehrswende“ und den Start des 2. Jahrgangs mit einem Schwerpunktheft. Die neue Rubrik umfasst Beiträge zum autonomen Fahren und zur E-Mobilität. Im Januarheft finden sich zahlreiche Beiträge zu dieser Thematik von renommierten Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen. Darüber hinaus entsteht die Rubrik „Querschnitt“ mit den Themen „Digitaler Staat“, „E-Health“ und „Legal Tech“. Damit schärfen wir unser inhaltliches Profil und hoffen auf eine positive Resonanz. Aber nicht nur inhaltlich entwickelt sich die ZdiW weiter. Wir haben unser Herausgeberteam erweitert. Neu an Bord sind drei Vertreter der praxisnahen Wissenschaft: Neben Prof. Dr. Matthias Knauff, auch Prof. Dr. Christoph Busch (Osnabrück) und Prof. Dr. Meinhard Schröder (Passau). Mit Dr. Benedikt Quarch (Düsseldorf) und Prof. Dr. Sebastian Wündisch (Dresden) konnten wir darüber hinaus zwei renommierte Praktiker für die ZdiW gewinnen. Auch mit der personellen Erweiterung setzen wir ein wichtiges Zeichen, um auf vielfältige Rechtsfragen zu reagieren.
Herr Dr. Steege, welche waren die prägenden Themen des ersten Jahres?
H.S. Prägend waren insbesondere neue gesetzgeberische Entwicklungen, etwa auf europäischer Ebene. Aber auch aktuelle Entwicklungen, beispielsweise im Bereich des Finanzsektors, wurden thematisch aufgegriffen. Daneben spielten Fragen im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz eine große Rolle. Mit der ZdiW versuchen wir, die Themen ausgewogen Heft für Heft zu präsentieren, damit für alle etwas Spannendes dabei ist. Deshalb finden auch Jurist:innen aus allen Rechtsgebieten für ihren Arbeitsalltag relevante Beiträge. Dies ist auf dem Markt ein großer Vorteil, da wir in einer Zeitschrift das gesamte Recht der digitalen Wirtschaft bündeln.
Die ZdiW wird von einer Gruppe von Herausgeberinnen und Herausgebern betreut, die jeweils für sich über herausragende Expertise in den einzelnen Praxisgebieten verfügen. Herr Prof. Dr. Knauff, Sie sind u.a. neuer Herausgeber der Zeitschrift und Experte für das Thema „Verkehrswende“. Wie ist es zu dieser thematischen Erweiterung gekommen?
M. K. Die Verkehrswende stand richtigerweise bereits zuvor im Fokus der ZdiW. Die Stärkung dieses Bereichs durch eine eigene Rubrik trägt seiner hohen Relevanz an der Schnittstelle von öffentlichem Wirtschaftsrecht, Digitalisierung und Klimaschutz Rechnung.
H.S. Die ZdiW lebt von Beiträgen aus verschiedenen Rechtsgebieten. Daher ist es nur folgerichtig, wenn unser Herausgeberteam dieses breite Spektrum fachlich abdeckt. Prof. Dr. Knauff konnte ich als Autor für unser Schwerpunktheft im Januar gewinnen. Er befasst sich fachlich intensiv mit dem ÖPNV und dessen Digitalisierung sowie Automatisierung. Dies bildet eine perfekte Ergänzung zu meinem Wirken im Bereich Verkehr und Mobilität und erschließt auf diese Weise sowohl neue thematische Beiträge als auch weitere Expertise. Über die Zusammenarbeit freue ich mich sehr!
Herr. Prof. Dr. Knauff, wie wollen Sie die ZdiW weiterbringen und welche Herausforderungen sehen Sie dabei?
M. K. Die ZdiW sollte sich zu einer diskussionsprägenden Zeitschrift entwickeln. Dies setzt voraus, dass hochkarätige Autor:innen aus Wissenschaft und Praxis gewonnen werden und neue Themen innovativ bearbeiten. Von den Herausgeber:innen erfordert dies ein Gespür für Namen und Entwicklungen; der Verlag ist gefordert, die ZdiW so im Markt zu positionieren, dass Beitragsanfragen nicht mit gutem Gewissen abgelehnt werden können.
Unter der neuen Rubrik „Verkehrswende“ werden Beiträge zu den rechtlichen Aspekten von autonomem Fahren und E-Mobilität zusammengefasst. Mit welchen Rechtsfragen zu diesem Thema beschäftigt sich die Digitalwirtschaft aktuell?
M.K. Die Verkehrswende umfasst noch viel mehr als „nur“ autonomes Fahren und E-Mobilität. Viele Themen weisen dabei einen Digitalisierungsbezug auf. Das gilt neben dem Eisenbahnbereich (Stichwort „Digitale Schiene“) sogar für den klassischen ÖPNV, für den mit der PBefG-Novelle 2021 Regeln über die Zurverfügungstellung von Verkehrsdaten geschaffen wurden. Aber auch der Markt für on demand-Verkehre hat mit der Gesetzesänderung einen Rechtsrahmen erhalten, der seine Entwicklung ermöglicht. Alle diese Themen sind bislang nur unzureichend juristisch durchdrungen. Es ist sehr zu begrüßen, dass mit der ZdiW hierfür ein geeignetes Forum zur Verfügung steht.
H.S. Digitalisierung und Automatisierung machen schon lange nicht mehr vor dem Straßenverkehr halt. Aktuelle Rechtsfragen sind daher mannigfaltig. Sie reichen vom (internationalen) Zulassungsrecht bis hin zum Haftungsrecht. Die StVG-Novelle 2021 zum autonomen Fahren bringt freilich ganz eigene Aspekte mit sich.
Könnten Sie ein konkretes Beispiel für ungelöste, aber dringende Fragen zum Thema „Verkehrswende“ in der Digitalwirtschaft nennen?
M. K. Eine wichtige Frage ist, wie wir die Potenziale der Digitalisierung im Verkehr für den Umwelt- und Klimaschutz nutzen können. Bei aller Sympathie für neue Geschäftsmodelle und die damit einhergehenden positiven Impulse für den Verkehrsmarkt dürfen die Änderungen im Verkehrssektor nicht dazu führen, dass insgesamt mehr motorisierter Verkehr auf der Straße stattfindet oder sich das Angebot im öffentlichen Verkehr verschlechtert. Hier sind alle Beteiligten einschließlich des Gesetzgebers gefordert, Lösungen zu entwickeln.
H.S. Durch die Verknüpfung von zahlreichen Rechtsgebieten und nationalem mit europäischem und internationalem Recht bestehen derzeit noch einige Hürden für Kraftfahrzeuge des SAE Level 4. Offen ist dabei vor allem, ob der bisherige Rechtsrahmen ausreichend ist.
Sind irgendwelche Änderungen bzw. Anpassungen der ZdiW für die Zukunft geplant?
H.S. Die ZdiW verfolgt ihr engagiertes Ziel selbstverständlich auch im zweiten Jahrgang weiter. Durch die Erweiterung des Herausgeberkreises wollen wir dabei mit noch mehr spannenden Beiträgen aufwarten. Wir werden zudem weitere Schwerpunkthefte konzipieren, die relevante Trends aufgreifen.
M. K. Als neu hinzugekommener Herausgeber sehe ich meine Aufgabe zunächst darin, die Gründungsherausgeber und insbesondere die Schriftleitung zu unterstützen. Wir werden jedoch zweifellos in den nächsten Jahren gemeinsam das Konzept der ZdiW weiterentwickeln.
Was ist, wenn Sie einen thematischen Ausblick auf das kommende Jahr sowie die Entwicklung der ZdiW wagen würden...
M. K. Die Digitalisierung schlägt sich zunehmend auch im Energiesektor nieder und kann dessen Dekarbonisierung unterstützen. Die Pläne der neuen Bundesregierung dürften diese Entwicklung noch beschleunigen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass sich dies auch in der ZdiW niederschlagen wird.
H.S. Von Anfang an haben wir ein sehr breites Themenspektrum abgedeckt, um unserem Namen durch die inhaltliche Ausrichtung Rechnung zu tragen. Durch die Erweiterung unseres Herausgeberkreises verfolgen wir dieses Ziel weiter. Aufgrund der Gesetzgebungsaktivitäten auf europäischer Ebene im Bereich der Künstlichen Intelligenz wird dies sicherlich eines der Hot Topics im Jahr 2022 sein.
Wie wird sich die Digitalwirtschaft Ihrer Meinung nach in Zukunft entwickeln?
M. K. Mit fortschreitender Digitalisierung wird die Digitalwirtschaft sich einerseits ausdehnen, andererseits in vielen Bereichen ihre Besonderheit verlieren. Mit dieser „Normalisierung“ geht auch einher, dass außer Frage steht, dass die allgemeinen Anforderungen des Rechts uneingeschränkt auch im digitalen Raum gelten und dass diese Anforderungen den digitalen Raum zugleich zunehmend wahrnehmen und berücksichtigen werden. Dies bedeutet eine Transformation nicht nur der (Digital-) Wirtschaft, sondern auch des Staates, deren Konsequenzen bislang nicht absehbar sind.
H.S. Digitalisierung und Automatisierung durchdringen immer mehr Bereiche des Wirtschaftslebens. Dies wird weiter anhalten, schließlich bestehen dadurch zahlreiche Chancen. Dieser Prozess führt dazu, dass stets neue Rechtsfragen entstehen, die wir mit der ZdiW aufgreifen, um der Praxis konkrete Antworten zu bieten.