Verfahren Einheitspatent
Recht & Verwaltung01 Februar, 2023

Das Verfahren des Einheitspatents

Anmerkung der Redaktion:

In diesem Auszug aus dem Werk „Gewerblicher Rechtsschutz und angrenzende Gebiete“ wird alles rund um das Verfahren des Einheitspatents erklärt: Vom Ablauf bei der Prüfung des Antrags auf einheitliche Wirkung bis zur Fälligkeit der Jahresgebühr inklusive praktische Beispielsfälle:


Verfahren

Damit das Einheitspatent eingetragen wird, ist ein Antrag beim Europäischen Patentamt erforderlich, der in einer der Verfahrenssprachen des EPA zu stellen ist. Hat der Anmelder ein europäisches Patent erhalten, ist spätestens innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung im Europäischen Patentblatt ein Antrag auf einheitliche Wirkung zu stellen. Der Antrag kann auch schon früher gestellt werden, nämlich bereits nach der Übersendung der Mitteilung über die Erteilungsabsicht gemäß Regel 71(3) EPÜ, mit der die für die Erteilung vorgesehene Fassung feststeht.

Das Eintragungsverfahren selbst ist einfach und schnell, sodass schon kurz nach der Erteilung bekannt ist, ob ein Europäisches Patent die einheitliche Wirkung in den teilnehmenden Staaten hat. Dies ist für diese Staaten deshalb von besonderer Bedeutung, weil sie im Fall der einheitlichen Wirkung sicherstellen müssen, dass die Wirkung des europäischen Patents als nationales Patent auf ihrem Hoheitsgebiet als nicht eingetreten gilt (Art. 4 [2] EPV).

Gleichzeitig mit dem Antrag ist eine Übersetzung des Patents in eine andere der drei Amtssprachen des EPA einzureichen, wobei diese Übersetzung zwingend in Englisch sein muss, wenn die Sprache des Patents Deutsch oder Französisch ist.

Wurde die dem Einheitspatent zugrunde liegenden Anmeldung in einer EU-Sprache eingereicht, die keine Amtssprache des EPA ist (z.B. Italienisch), weshalb der Anmelder bereits eine Übersetzung der Patentanmeldung in eine Amtssprache des EPA einreichen musste (Regel 6 [3] EPÜ), so kann gleichzeitig mit dem Antrag auf einheitliche Wirkung ein Antrag auf Gewährung einer Kompensation für die doppelte Kostenlast infolge der zusätzlichen Übersetzung der Patentschrift gestellt werden, wobei der Patentinhaber dann zusätzlich eine Erklärung abgeben muss, dass er zu der zuvor genannten privilegierten Personengruppe mit Sitz in der EU gehört, die eine Kompensation in Anspruch nehmen darf.

Die Abteilung für einheitliche Patente im Europäische Patentamt prüft formal

  • ob der Antrag auf einheitliche Wirkung fristgerecht gestellt wurde,
  • die Ansprüche einheitlich sind,
  • die Übersetzung des Patents Englisch oder im Fall eines englischsprachigen Patents Deutsch oder Französisch ist
  • ggf. die Voraussetzungen für eine Kompensationszahlung vorliegen.

Sind die formalen Voraussetzungen für die einheitliche Wirkung erfüllt, trägt das EPA das Einheitspatent in das Register ein und veröffentlicht die Übersetzung des europäischen Patents.

Das EPA unterrichtet den Antragsteller in einer Mitteilung über den Tag der Eintragung der einheitlichen Wirkung. In diese Mitteilung sind auch die Mitgliedstaaten genannt, für die das Einheitspatent gilt, sodass der territoriale Geltungsbereich klar ist. Der gesamte Verfahrensablauf bei der Prüfung des Antrags auf einheitliche Wirkung ist in Abb. 10.6a dargestellt.

Das Einheitspatent ist jährlich durch eine Zahlung einer Jahresgebühr (ggf. mit Zuschlag) an das Europäische Patentamt aufrechtzuerhalten, anderenfalls erlischt das Einheitspatent. Das EPA teilt diesen Rechtsverlust mit (R. 20 (2) DOEPS i.V.m. R. 112 (1) EPÜ). Eine Wiedereinsetzung ist möglich.

Die Jahresgebühr wird stets am Ende des letzten Patentjahres für das kommende Patentjahr fällig und zwar am letzten Tag des Monats, der durch seine Benennung demjenigen Monat entspricht, in dem der Anmeldetag des Europäischen Patents liegt, das dem Einheitspatent zugrunde liegt. 
Ist der Anmeldetag (AT) z.B. der 15.08., so ist die Fälligkeit der Jahresgebühr stets am 31.08. der auf die Erteilung folgenden Jahre. Der letzte Tag für eine wirksame Zahlung verschiebt sich auf den nächsten Werktag, wenn der Fälligkeitstag ein Tag ist, an dem das EPA keine Post entgegennehmen kann (Wochenende, Feiertag).

Die Jahresgebühr kann 3 Monate im Voraus (R. 13 [2] DEOPS), gemäß Beispiel schon ab dem 31.05. bezahlt werden. Ist dies nicht erfolgt, kann sie noch innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit (R. 13 [3] DEOPS), gemäß Beispiel bis zum 28.02. (in einem Schaltjahr bis zum 29.02.) gezahlt werden, wobei in dieser Nachfrist ein Zuschlag von 50 % der betreffenden Jahresgebühr zu zahlen ist. Dies ist in Abbildung 10.6b Variante I gezeigt. Die o.g. Verschiebung auf den nächstfolgenden Werktag gilt auch für den letzten Tag der sechsmonatigen Nachfrist. Die sechsmonatige Nachfrist gilt immer von Monatsende zu Monatsende (»von Ultimo zu Ultimo«). Ist die Fälligkeit z.B. der 28.02., so endet die Nachfrist am 31.08. und nicht etwa am 28.08.
 
Varianten II und III von Abbildung 10.6b veranschaulichen Grenzfälle, bei denen die Fälligkeit der Jahresgebühr kurz nach der Erteilung liegt. Liegt die Fälligkeit der Jahresgebühr innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten nach Zustellung der amtlichen Mitteilung über die Eintragung der einheitlichen Wirkung im Register (Variante II), so kann in diesem Fall die Jahresgebühr noch innerhalb dieses dreimonatigen Zeitraums zuschlagsfrei entrichtet werden (R. 13 [4] DEOPS). Der parallel laufende Sechsmonatszeitraum bleibt davon unberührt, sodass nach dem Dreimonatszeitraum die Zuschlagsgebühr zu entrichten ist, wenn der Sechsmonatszeitraum noch nicht vorbei ist.

Liegt die Fälligkeit der Jahresgebühr innerhalb eines Zeitraums zwischen der Erteilung (genauer gesagt der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung im Europäischen Patentblatt) und der Zustellung der amtliche Mitteilung über die Eintragung der einheitlichen Wirkung im Register (Variante III), so kann auch in diesem Fall die Jahresgebühr noch innerhalb eines dreimonatigen Zeitraums nach Zustellung der genannten Mitteilung zuschlagsfrei und innerhalb weiterer drei Monate mit Zuschlag i.H.v. 50 % der betreffenden Jahresgebühr entrichtet werden, da der Zeitpunkt der Fälligkeit der Jahresgebühr auf den Tag der Zustellung der Mitteilung verschoben wird. Ein solcher Fall kann beispielsweise dann vorliegen, wenn die einheitliche Wirkung erst aufgrund eines Wiedereinsetzungsantrages oder einer für den Patentinhaber positiven Entscheidung des Einheitlichen Patentgerichts eingetragen wird, das dieser wegen einer vorherigen Ablehnung der Eintragung angerufen hat.

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