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Recht & Verwaltung21 Oktober, 2024

Kita-Finanzierung in Deutschland - Strukturen, Optionen, Herausforderungen

Autor:in: Prof. Dr. Harald Christa, Professor für Sozialmanagement an der Ev. Hochschule Dresden

Elementare Voraussetzung einer professionellen Kita-Arbeit ist die hinreichende Ausstattung mit finanziellen Mitteln! In diesem Beitrag sollen die sozialökonomische Bedeutung von Kindertageseinrichtungen hervorgehoben, wesentliche Regelungsstrukturen ihrer Finanzierung dargelegt sowie diesbezügliche Herausforderungen umrissen werden.

Kita-Kosten und Kita-Nutzen


Zumindest mit Blick auf die vergangenen zwei Dekaden darf die Bildung, Betreuung und Entwicklungsbegleitung von Kindern in Form von Kindertagesbetreuung als expansiver Sektor angesehen werden. So zeigt sich im Zeitraum der Jahre von 2006 bis 2023 ein Anstieg der Nutzung um rund 38 Prozent (insbesondere der Kinder unter 3 Jahren) sowie ein Einrichtungszuwachs von rund 33 Prozent. Seit 2012 hat die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Frühen Bildung um 50% zugenommen. In ihrem Vergleich mit dem Deutschen Gesamtarbeitsmarkt (17% Wachstum) spricht die Autorengruppe Fachkräftebarometer (2023, S. 6) trotz des Umstands, dass im Kitawesen relativ viele Arbeitsverhältnisse in Teilzeit abgeschlossen werden, von der Frühen Bildung als „Jobmotor“. Für das Jahr 2023 weist das Statistische Bundesamt (2024a) knapp 870.000 Beschäftigte in mehr als 60.000 Kindertageseinrichtungen aus. Damit sind in Kitas rund dreimal so viele Personen beschäftigt wie in den sonstigen Einrichtungen der Jugendhilfe. Mit Einbezug der Kindertagespflege gibt es in der Kindertagesbetreuung fast so viele Beschäftige wie Lehrende im gesamten allgemeinbildenden Schulwesen.
Laut dem aktuellen Bildungsfinanzbericht des Statistischen Bundesamts (2023) haben die öffentlichen Haushalte im Jahr 2022 für Kindertagesbetreuung 40,5 Mrd. Euro aufgewendet. Der Anteil der Gemeinden lag mit 20,5 Mrd. Euro bei 50,7 Prozent, der Länderanteil bei 49,3 Prozent. Zum finanziellen Kita-Gesamtaufwand hinzuzurechnen sind im Übrigen noch (statistisch nicht erfasste) Elternbeiträge sowie Eigenmittel der freien Träger. Der hauptsächliche betriebliche Aufwand entsteht mit rund 80 Prozent über das Personal (Statistisches Bundesamt 2024b).
Neben den individuellen Wirkungen Früher Bildung sind auf der Seite des Nutzens ökonomische Wohlfahrtseffekte zu bedenken. Diese ergeben sich bereits über Abzüge, welche unmittelbar in öffentliche Haushalte sowie Kassen der Sozialversicherungen zurückfließen. Zusätzliche volkswirtschaftliche Effekte resultieren aus der möglichen Erwerbstätigkeit von Eltern sowie durch Investitionen, die wiederum zu Beschäftigung, Umsatz, Steuer- und Sozialversicherungsabgaben der beauftragten Betriebe führen. Entsprechende Studien konnten ein hohes Refinanzierungspotenzial nachweisen (ausführlicher vgl. Christa 2024a).

Gesetzliche Grundlagen der Kita-Finanzierung


Auf der Basis verfassungsrechtlicher Grundlagen und politischer Willensbildung erfolgt in der Bundesrepublik Deutschland die Finanzierung der Bildung, Betreuung und Entwicklungsbegleitung von Kindern in Form von Kindertagesbetreuung wesentlich durch die öffentliche Hand. Es können jedoch auch die Eltern durch Beiträge sowie die freien Träger über Eigenmittelauflagen herangezogen werden. Die Ausgestaltung der Kita-Finanzierung wird von einer im Folgenden skizzierten Hierarchie von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien geprägt (ausführlicher vgl. Mroß 2018).

  • Ausgehend von den Verpflichtungen des Grundgesetzes sind neben der Gesetzgebung zu den Kita-Investitionsprogrammen des Bundes insbesondere die bundesweit gültigen Maßgaben des SGB VIII bedeutsam. Hervorzuheben sind neben dem in § 4 verankerten Subsidiaritätsprinzip zunächst die Vorschriften in §§ 22, 22a, 23 und 24: geregelt sind hier u.a. die Rechtsansprüche auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung, der Auftrag und die Aufgaben von Kindertageseinrichtungen sowie die notwendige Bedarfsgerechtigkeit von Angeboten für berufstätige Eltern. Im Kontext der Förderung von Tageseinrichtungen wird des Weiteren der Sicherstellungsauftrag der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit Gesamt- und Planungsverantwortung festgeschrieben, über § 90 wird die Möglichkeit der Kostenbeteiligung von Eltern eingeräumt. In § 74 legt das KJHG fest, dass Näheres über das Landesrecht geregelt wird.
  • Infolge der letztgenannten Verpflichtung werden weitere Konkretisierungen durch die Ausführungsgesetze der Länder zuzüglich korrespondierender Verordnungen, Vorschriften und Richtlinien vorgenommen. Hier erfolgen kosten- wie qualitätsrelevante Vorgaben u.a. für die Personal-, Bau- und Raumausstattung sowie ggf. für die Öffnungsdauer. In den Landesgesetzen erfolgen darüber hinaus Weichenstellungen für die Finanzierung der öffentlichen, frei-gemeinnützigen und sonstigen Einrichtungen durch die Gemeinden sowie für deren Entlastung durch Zuweisungen des Landes bzw. die Lastenverteilung auf Land, Gemeinden, freie Träger und Eltern.
  • Da Bildung, Betreuung und Entwicklungsbegleitung von Kindern in Form der Kindertagesbetreuung in Deutschland als Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung bzw. Daseinsvorsorge verstanden wird, sind die Gemeinden für die Finanzierung der Kitas in ihrem Wirkungskreis letztverantwortlich. Unter Beachtung der Vorgaben der jeweiligen Landesgesetze sind damit die Richtlinien und Verordnungen auf dieser Ebene ebenfalls von Relevanz.

Regelungen zur Kita-Finanzierung auf Länder- und Gemeindeebene


Der von den Ländern vorgegebene Rahmen zur Finanzierung von Kindertagesstätten ist durchwegs komplex und höchst unterschiedlich geregelt. Die Fachwelt ist sich einig, dass mit den 16 Landesgesetzen, Verordnungen und Richtlinien inklusive jeweiliger interkommunaler Finanzierungsregelungen eine schwer zu systematisierende und nur bedingt zu vergleichende Vielfalt an Ausgestaltungen geschaffen wurde.
In einem der wenigen detaillierteren Ländervergleiche wurden die Beziehungen zwischen Ländern und Kommunen folgendermaßen dimensioniert: „Global-/Schlüsselzuweisungen, pauschale Zuweisungen je Kind (in einem bestimmten Alter) oder belegten Platz, nutzungs-/belegungsabhängige Pauschalen oder Zuweisungen, die sich an den tatsächlichen Kosten orientieren (Kita-Gutscheine sind eine Unterform der nutzungsabhängigen Pauschalentgelte)“ (Dohmen 2016; S. 98). Die Landesförderung ist mehrheitlich als Finanzbeziehung zwischen Land und Kommune geregelt, vereinzelt aber auch zwischen dem Land und dem Kita-Träger. Die genannte und in ihren Grundzügen noch aktuelle Studie stellt des Weiteren fest, dass die finanzielle Beziehung zwischen Kommunen und freien Trägern über eine nutzungs-/belegungsabhängige Pauschale oder eine kostenanteilige Zuweisung ausgestaltet sein kann (Dohmen 2016, S. 98 f.).
In den meisten Ländern sind Eigenleistungen der freien Träger gesetzlich normiert, wobei Unterschiede in der Höhe zwischen den Ländern, jedoch auch in Bezug auf die Trägerart vorliegen. Last not least ist festzustellen, dass auch bei den Regelungen zur Beitragsfreiheit der Eltern eine der Länderhoheit geschuldete Individualität von Vorgaben vorliegt. Das Spektrum reicht von beitragsfreier Betreuung für unter Dreijährige über beitragsfreie Kita-Jahre bis zu keiner vollständigen Beitragsfreiheit (Institut der Deutschen Wirtschaft 2024).

Kritik, Herausforderungen, Fazit


Nach wie vor bestimmen Diskurse zur Verfügbarkeit von Angeboten und zur Qualität bzw. Ausstattung der Kitas den öffentlichen Raum. Hiervon abgeleitete kontroverse Themen sind das finanzielle Engagement von Bund, Ländern und Gemeinden sowie die Verantwortlichkeiten in einem kooperativen Bildungsföderalismus. Darüber hinaus sind jedoch von Seiten der Praxis wie der Wissenschaft noch viele weitere Kritikpunkte am derzeitigen System der Kita-Finanzierung zu vernehmen, sie sollen im Folgenden noch kurz und in platzbedingt kleiner Auswahl umrissen werden.

  • In ordnungspolitischer Hinsicht ist zu konstatieren, dass mit den Finanzierungsregelungen einiger Länder und Gemeinden ein „hybrides“ Verfahren entstanden ist, welches die ansonsten üblichen Grenzen der Zuwendungs- und Einzelleistungsfinanzierung verwischt. Auch in dieser Konsequenz wird häufiger eine Entgelt- bzw. Subjektfinanzierung mit bundesweiter Festschreibung angeregt (Münder/Wrase 2022, S. 38) bzw. auf die Potenziale von trägerunabhängigen Entgeltpauschalen hingewiesen (Wiesner 2016, S. 17).
  • Kritik von Seiten freier Träger bezieht sich auf eine oft sehr hohe Restfinanzierungslast. Bemängelt werden zudem mancherorts ungleiche Voraussetzungen für öffentliche und nicht-öffentliche Träger (bspw. Liga/DaKS-Fachausschuss 2022).
  • Mit Blick auf Elternbeiträge wird kritisch auf die Vielfalt der Länderregelungen sowie auf eine in manchen Ländern regional sehr unterschiedliche Belastung der Betroffenen verwiesen, zudem hinterfragen einzelne Stimmen Kita-Beiträge als verteilungspolitisches Instrument (Institut der Deutschen Wirtschaft 2024).
  • Aus Sicht des Kita-Managements ist darauf hinzuweisen, dass freie Träger mit nicht unerheblichen Anforderungen an ihren Personaleinsatz, ihre Kosten- und Leistungsrechnung und ihr Controlling konfrontiert sein können. Belegungsabhängig finanzierte Einrichtungen haben im Zuge von Nachfragerückgängen überdies absatzwirtschaftliche Probleme zu bewältigen. Stark eigenmittelabhängige Kitas stehen schließlich regelmäßig vor Problemen bei der Akquise u.a. von Spenden, Mitgliedsbeiträgen und ehrenamtlich Mitarbeitenden (vgl. ausführlicher Christa 2024b sowie weitere Beiträge im Handbuch Organisation und Verwaltung in der Kita. 2. Auflage).

Dieser Artikel basiert auf der Neuauflage Handbuch Organisation und Verwaltung in der Kita.
Christa, Harald (Hrsg.): Handbuch Organisation und Verwaltung in der Kita. Gesetzliche Grundlagen – Finanzen – Management, 2. Auflage, Carl Link, Hürth, 2024.

Bildnachweis: New Africa/stock.adobe.com

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