Prof. Dr. habil. Bernd Rudow
Zur ersten Erkundung gesundheitsrelevanter Arbeitsbedingungen von pädagogischen Fachkräften eignet sich die Arbeitssituationsanalyse. Sie dient der Erkennung arbeitsbedingter psychischer und physischer Belastungen sowie der Entwicklung von Arbeit und Organisation. Es werden Belastungen und Gesundheitsressourcen erfasst. Auch im Kita-Bereich wurde die Methode mit Erfolg angewandt. Sie hat den Vorteil, dass ihre Anwendung als Beitrag zur psychischen Gefährdungsbeurteilung in der Kita anerkannt ist.
Die ASA ist eine Gruppenbefragung und -diskussion. Im Workshop findet die durch einen Experten moderierte Diskussion der Teilnehmer*innen statt.
Dem Workshop geht ein Gespräch mit dem Träger voraus. Seine Philosophie soll sich auch im Workshop zeigen. Mit der Anwendung von Metaplan-Technik und Kartenabfrage wird eine aktive Beteiligung erreicht. Die ASA dient als arbeitsanalytische Methode dem Einstieg in die Prävention, besonders in die Verhältnisprävention, weil sie folgende Vorteile aufweist:
- Es ist eine überschaubare Gruppe mit max. 12 Teilnehmer*innen aus dem gleichen Tätigkeitsbereich. Außerdem sollte ein Trägervertreter dabei sein.
- Die Methode ist in relativ kurzer Zeit (ca. 120–150 Minuten) durchführbar und bezieht sich auf die Besonderheiten der Arbeit pädagogischer Fach- und Leitungskräfte.
- Der Workshop trägt zur Reflexionsfähigkeit der Fachkräfte über ihre Arbeitssituation einschließlich des persönlichen Verhaltens bei. Ferner eignen sie sich in der Gruppendiskussion kollektives Wissen über Belastungen und Gesundheit an. Dadurch wird ihr Gesundheitsbewusstsein gefördert.
- Ergebnisse des Workshops sind wesentliche Belastungen der Fach- und Leitungskräfte und Vorschläge zur Verbesserung ihrer Arbeitssituation. Diese weisen auf Arbeitsprobleme hin und sind somit wegweisend für den Träger.
- Da die ASA eine partizipative Methode ist, wird das große Erfahrungswissen des pädagogischen Personals genutzt.
- Die ASA kann als Basis für einen möglicherweise folgenden Gesundheitszirkel in der Einrichtung genutzt werden, da Belastungsschwerpunkte erkannt worden sind.
Eine in Betrieben verbreitete Methode ist der Gesundheitszirkel (GZ). Er wird als »Motor der Gesundheitsförderung« in einer Organisation angesehen. Ursprünglich wurde der Gesundheitszirkel in Anlehnung an den Qualitätszirkel in der Industrie entwickelt. Mittlerweile fand er Eingang in weitere Arbeitsbereiche.
Ein GZ arbeitet temporär zusammen. Die Gruppe umfasst etwa 5 bis max. 10 Teilnehmer*innen. Es sollten pädagogische Fachkräfte mit größerem Erfahrungswissen sein, die sich freiwillig alle 14 Tage oder mindestens einmal im Monat jeweils 1 bis 1 1/2 Stunden treff en. Die Umsetzung der Lösungsvorschläge erfolgt im Team und/oder in Kooperation mit dem Träger.
Der GZ ist ein problemlösendes Instrument. Er dient der Erkennung und Verbesserung gesundheitsbeeinträchtigender Arbeitsbedingungen. Es wirken in erster Linie Personen mit, die die Kita an der Basis repräsentieren, d. h. die Gruppenerzieherinnen. Sie bringen ihr Erfahrungswissen ein und können konstruktiv über ihre Arbeit kommunizieren, indem Probleme und Lösungsvorschläge erarbeitet werden. Die Kommunikation erfolgt gemeinsam mit den Leitungskräften, dem Personalrat und weiteren Experten. Die Mitarbeit im GZ trägt zu einem besseren Verständnis der eigenen Arbeit bei. Während vorher Mitarbeiterinnen oft nur ihre eigene Arbeit gesehen haben, erfahren sie hier Wesentliches über Zusammenhänge ihrer Arbeitstätigkeit in der Einrichtung.
Mit dem GZ wird ein kollektiver Beitrag zur gesundheitsgerechten Gestaltung der Arbeit geleistet. Dabei werden zwei Hauptziele angestrebt:
- Es erfolgt die Identifikation von Belastungen, die zur negativen Beanspruchung und langfristig zu Gesundheitsstörungen führen können.
- Es werden Verbesserungsvorschläge zum Abbau der identifizierten Belastungen gemacht, die in der Praxis schnell und effektiv umgesetzt werden sollten.
Der Zirkel kann nur mit Zustimmung des Trägers erfolgen. Der Träger ist für die Umsetzung der vorgeschlagenen Problemlösungen verantwortlich.
Der Personalrat hat als Interessenvertreter der Mitarbeiterinnen und profunder Kenner der Arbeitsverhältnisse eine wichtige Stellung. Er ist einerseits direkt im GZ vertreten, anderseits ist er Berater bei der Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen in der Praxis.
Gesundheitszirkel wurden in den letzten Jahren im Kita-Bereich eingeführt. Obwohl der GZ ein bewährtes Instrument ist, hat er sich leider bis heute in Kitas wenig etabliert. In der DKLK-Studie 2022 schätzten 84 % der befragten Kita-Leitungen den GZ zwar als nützlich ein, einen Zugang haben aber nur 3,5 %.