Anne Huber-Kebbe, Erzieherin mit Leitungserfahrung, Dipl. Sozialpädagogin, Magister-Studium (Pädagogik, Philosophie, Soziologie) und Qualitätsentwicklerin (Kronberger Kreis für dialogische Qualitätsentwicklung.
Kollegialer Austausch braucht Struktur. Diese Struktur beinhaltet – wenn sie konstruktiv sein soll – ein Bündel von Eigenschaften:
- Stärkung guter Arbeitsbeziehungen im Sinne von Teamkultur;
- Aufbau des Vertrauens und der Offenheit im Team; Ausrichtung auf wesentliche sachliche und fachliche Themen;
- Ermöglichung begeisternder Impulse für Ziele und Aufgaben;
- Würdigung individuell oder im Team erbrachter Erfolge;
- lösungsorientierte Auseinandersetzung mit Problemen und Fehlern.
Erfüllt der kollegiale Austausch diese Eigenschaften im Großen, können daraus auch Ermutigungen für den unmittelbaren Erfahrungsaustausch zwischen einzelnen Fachkräften erwachsen. Eine solche gut etablierte Struktur stellt gleichsam ein »Geländer« dar, das Orientierung bietet, Methoden des Auf- und Abstiegs kennt und nutzt und so vor Abstürzen schützt.
Reichhaltiges Methodenrepertoire
Ein reichhaltiges Methodenrepertoire ermöglicht spannende und inspirierende Perspektivenwechsel. Methodenreichtum kann nicht nur neue interessante Eindrücke und Erkenntnisse erzeugen, er trägt ganz unmittelbar und direkt dazu bei, dass starre Rollenzuschreibungen überwunden werden können. Vielfalt und Kreativität anstelle von Scheineinigkeit und Routine. Die anschließenden Tipps verstehen keinesfalls als einzigartig! Vielmehr sind sie als Angebot gedacht, ganz eigene Strukturen für den jeweiligen Aspekt des Dialogs zu entwickeln.
TIPP
Struktur für Kollegialen Austausch
Ankündigung
- Einladung: Am (Datum/Uhrzeit/Dauer/Raum) steht das folgende Thema im Mittelpunkt der Team-) Besprechung: Thema
- Begründung: Warum steht dieses Thema im Mittelpunkt: Wer oder was hat den Anlass dazu gegeben?
- Zuständigkeit transparent machen: für diesen Austausch übernehmen folgende Kolleg:innen die Gesprächsführung bzw. die Dokumentation:
- Fokus dieser (ersten, zweiten, dritten…) heutigen Besprechung: Was ist schon geklärt (Stichpunkte/ggf. Hinweis auf Dokumentation).
- Fragen: Worum geht es heute konkret? Fragestellungen sammeln (z.B. mit Kartenabfrage) und stichwortartig formulieren.
- Priorisierung: In welcher Reihenfolge sollen die anstehenden Fragen bearbeitet werden?
- Diskussion: Offene Runde: Meinungen, Ideen Wünsche zum Ausdruck bringen: Ggf. entsprechend dieser und weiterer Überschriften dokumentieren.
- Lernbedarfe erkunden: Für welche Fragen, Meinungen, Wünsche, Anregungen werden mehr Informationen gebraucht? Entsprechende Erkundungsthemen notieren.
- Wissen beitragen: Wer übernimmt für welche Erkundungsthemen Verantwortung? Namen notieren.
- Terminvereinbarung für den nächsten Schritt des Austauschs: Wann wollen/können wir Ergebnisse einbringen?
- Fortbildungsbedarf klären: Welche Themen/Fragestellungen sollen oder können besser im Rahmen von Fort- oder Weiterbildung bearbeitet werden? Ggf. Themen notieren und als Leitung Verantwortung für die Organisation signalisieren.
- Ergebnisse sichern: Was ist geklärt bzw. beantwortet. Wie werden diese Ergebnisse transparent – auch für Kinder und Eltern – dargestellt? Wer übernimmt dafür Verantwortung?
- Feedback zum Austausch: Was ist uns gut gelungen? Was können wir beim nächsten Mal noch besser gestalten?
Schriftlich fixierte »Dialog-Vereinbarung«
Auf dem Weg zu einer entsprechenden Teamkultur hat sich eine gemeinsam ausgearbeitete und schriftlich fixierte »Dialog-Vereinbarung« in der Praxis bewährt.
TIPP
Dialogvereinbarung
- Schritt 1: Jedes Teammitglied sammelt Stichpunkte zu folgenden Gesichtspunkten am besten auf Post-it-Kärtchen.
- A
Gesprächsumgebung: Das brauche ich, um mich in Teamgesprächen wohlzufühlen: … - B
Kommunikationsregeln: Diese Regel ist für mich wichtig, damit ich mich mit meinen Gedanken angstfrei und offen einbringen kann: … - C
Gesprächsstrukturen: Das muss klar vereinbart werden, damit ich motiviert und engagiert an Themen bleiben kann: … - D
Missverständnisse und Konflikte: Das wünsche ich mir zur Vermeidung bzw. raschen Klärung: …
- A
- Schritt 2: Den Gesichtspunkten werden alle Post-it-Kärtchen zugeordnet. Gemeinsamkeiten werden zusammengestellt, Unterschiede besprochen und integriert, d.h. alle Meinungen und Wünsche werden ernst genommen.
- Schritt 3: Auf Basis dieses Clusters übernimmt ein »Redaktionsteam« die Aufgabe, einen Entwurf für die Dialogvereinbarung zu verfassen. Es geht darum, zu jedem Gesichtspunkt entsprechend der gebündelten Stichworte sinnvolle Sätze zu formulieren.
- Schritt 4: Das Team setzt sich mit dem Entwurf auseinander, bringt Ergänzungen oder Änderungsvorschläge ein. Das Redaktionsteam überarbeitet den Entwurf zur vorläufig ersten Version der Dialogvereinbarung.
- Schritt 5: Das Ergebnis dieses Prozesses wird noch einmal vorgestellt. Alle Teammitglieder erhalten es in Schriftform oder als Datei. Eine Version wird von allen – im Sinne eines Teamvertrages – verabschiedet und unterschrieben. Es wird vereinbart, wann eine erste Evaluierung vorgesehen ist. Dialogvereinbarung wird für alle sichtbar (vielleicht in einer ansprechenden Gestaltung) im Teamraum ausgehängt.
Stärken der Mitarbeitenden sichtbar machen
Erstaunliches und Bewegendes tritt zutage, wenn nicht nur pauschal von Stärken gesprochen wird, sondern diese tatsächlich für jedes Teammitglied sichtbar gemacht werden. Solche Prozesse kosten Zeit, manchmal viel Zeit. Dennoch ist es immer gut investierte Zeit: In der eigenen Auseinandersetzung mit den eigenen Potenzialen und er Wahrnehmung der Stärken anderer, ergeben sich neue Energiequellen für das Gelingen von Arbeitsbeziehungen.
TIPP
Stärkenporträt
- Schritt 1: Jede Fachkraft schreibt die folgenden in fünf Wolken, Sterne, Herzen oder anderen Formen, die zuvor in der Anordnungsweise einer Mindmap auf ein großformatiges Plakat (mind. DIN A 3) gemalt wurden: In der Mitte dieser Formen steht: So sehe ich meine Stärken heute (Datum).
Auf den umgebenden Formen steht in Uhrzeigerrichtung ausgehend von 13.00 Uhr:
Das schätzen andere an meiner Persönlichkeit…- Das fällt mir leicht, da sehe ich meine Begabungen und Talente…
- Diese Hobbies, Fähigkeiten und Kompetenzen habe ich…
- Für diese Themen interessiere ich mich besonders…
- In diesen Bereichen möchte ich mich gerne weiterentwickeln…
- Schritt 2: Die Plakate werden für einen Gallery Walk aufgehängt oder ausgelegt. Ausgestattet mit einem Stift können Teamkolleg:innen durch Zeichen oder Worte die Selbstbeschreibungen bestätigen oder ergänzen.
- Schritt 3: Im Team werden die Porträts gewürdigt und überlegt, welche der herausgearbeiteten Talente, Fähigkeiten und Interessen noch mehr Beachtung für die Zusammenarbeit des Teams und Weiterentwicklung der Kindertageseinrichtung finden können/sollen.
- Schritt 4: Die Aufbewahrung der Stärkenporträts wird besprochen. Wenn ein Laminiergerät vorhanden ist, können DIN A3 Plakate eingeschweißt und z.B. als Tischset verwendet werden.
- Schritt 5: In einem vereinbarten zeitlichen Abstand oder bei großen Personalveränderungen wird ein neues Plakat angefertigt.
Den vollständigen Artikel finden Sie in dem Werk „Das große Handbuch Qualitätsmanagement in der Kita“.
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