von Notar Dr. Johannes Weber, LL.M. (Cambridge), Freiburg im Breisgau
Der vorliegende Inhalt ist ein Vorabauszug der 2. Auflage von Weber, Kölner Formularbuch Wohnungseigentumsrecht, den Sie hier bestellen können.
von Notar Dr. Johannes Weber, LL.M. (Cambridge), Freiburg im Breisgau
Der vorliegende Inhalt ist ein Vorabauszug der 2. Auflage von Weber, Kölner Formularbuch Wohnungseigentumsrecht, den Sie hier bestellen können.
Zentral für das Wohnungseigentumsrecht ist die Unterscheidung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum. Was Gemeinschaftseigentum ist, gibt das WEG zwingend vor. Die Eigentümer haben nur die Möglichkeit, Gegenstände des Sondereigentums zum Gemeinschaftseigentum zu machen (§ 5 Abs. 3 WEG). Im Übrigen gilt der sachenrechtliche Typenzwang: Sondereigentum kann nur sein, was sondereigentumsfähig ist. Was nicht Sondereigentum ist, ist zwingend Gemeinschaftseigentum (vgl. § 1 Abs. 5 WEG).
Sondereigentum entsteht, wenn der Eigentümer es rechtsgeschäftlich zu solchem bestimmt (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WEG). Sondereigentumsfähig sind Räume (§ 3 Abs. 1 Satz 1 WEG), Stellplätze (§ 3 Abs. 1 Satz 2 WEG) und Teile des Grundstücks, sofern das zu dem Grundstücksteil gehörende Sondereigentum wirtschaftlich die Hauptsache bleibt (§ 3 Abs. 2 WEG). Die zum Sondereigentum gehörenden Bestandteile sind automatisch Teil des Sondereigentums (§ 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 WEG), sofern sie nicht zum gemeinschaftlichen Eigentum erklärt werden (§ 5 Abs. 3 WEG).
Nicht sondereigentumsfähig sind Bestandteile, deren Veränderung, Beseitigung oder Einfügung das Gemeinschaftseigentum oder anderes Sondereigentum über das nach § 14 WEG zulässige Maß hinaus beeinträchtigen würde (§ 5 Abs. 1 WEG). Sondereigentumsfähig ist außerdem nicht, was die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert (§ 5 Abs. 1 WEG). Bestands- und sicherheitsnotwendige Gebäudeteile und Räume sind ebenso wenig sondereigentumsfähig (§ 5 Abs. 2, 1. Alt. WEG) wie Anlagen, Einrichtungen und Räume des gemeinschaftlichen Gebrauchs (§ 5 Abs. 2, 2. Alt. WEG). Zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehören daher etwa die Fassade, die Eingangstüren1, die Fenster2 und das Fundament des Gebäudes.3
Schwierige Abgrenzungsfragen stellen sich immer wieder bei der Zuordnung von Heizkörpern sowie Heizungs- und anderen Versorgungsleitungen. Gesichert ist, dass die Versorgungsleitungen Gemeinschaftseigentum sind, soweit sie sich im Bereich des Gemeinschaftseigentums befinden – und zwar auch dann, wenn die Leitung nur der Versorgung einer einzelnen Einheit dient.4 Ab der ersten Absperrmöglichkeit innerhalb des Sondereigentums sollen die Leitungen nach Auffassung des BGH Bestandteil des Sondereigentums sein.5 Die weiteren Einzelheiten sind allerdings umstritten. Es dürfte viel dafür sprechen, die sich im Bereich des Sondereigentums befindenden Heizungsanlagen und Leitungen als Anlage i.S.v. § 5 Abs. 2 WEG und damit als Gemeinschaftseigentum anzusehen, wenn die Leitungen ein Gesamtsystem bilden und ihr Ausbau zu einer Unterbrechung oder Funktionsbeeinträchtigung der auch anderen Einheiten dienenden Heizungsanlage führt.6
Entgegen einer missverständlichen früheren Entscheidung des BGH7 ist es nicht möglich, durch Teilungserklärung einen Bestandteil des Gemeinschaftseigentums zum Sondereigentum zu erklären. Dies gilt auch für Heizungen und Heizungsleitungen.8 Für die Gestaltungspraxis besteht nur Bewegungsspielraum in eine Richtung: Nach § 5 Abs. 3 WEG ist es möglich, die zum Sondereigentum gehörenden Leitungen in der Teilungserklärung zum Gemeinschaftseigentum zu erklären. Um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden und die Wohnungseigentümer vor unnötigen Rechtsstreitigkeiten zu schützen, sollte man erwägen, sämtliche Leitungen zu Bestandteilen des Gemeinschaftseigentums zu erklären.9 Weitere Vorteile dieser Lösung zeigen sich, wenn es um die Zuständigkeit des Verwalters für die Behebung von Schäden und die Geltendmachung von versicherungsrechtlichen Ansprüchen geht. Außerdem sind bei einer Sanierung der Gesamtanlage Abstimmungsschwierigkeiten vorprogrammiert, wenn die Verwaltungskompetenz der Gemeinschaft ab der Abzweigung in das Sondereigentum endet.10 Ergänzend sollte man darüber nachzudenken, eine Kostentragungspflicht für den Wohnungseigentümer für die ausschließlich seinem Sondereigentum dienenden Leitungen zu verankern (vgl. oben Rdn. 15 unter § 3, 3. lit b).
Was sondereigentumsfähiger Raum i.S.v. § 3 Abs. 1 WEG ist, definiert das WEG nicht. Ein Raum ist durch seine Dreidimensionalität gekennzeichnet. Er muss eine Abgrenzung zu seiner Umwelt in Länge, Breite und Höhe aufweisen.11 Die Begrenzung muss durch eine hinreichende Stabilität geprägt sein.12 Die weiteren Einzelheiten sind umstritten. Ein Balkon soll nach auch vom BGH geteilter Auffassung ein Raum sein.13 Es ist konsequent, für eine Dachterrasse entsprechendes anzunehmen.14 Bei ebenerdigen Terrassen bejahen einige Stimmen die Sondereigentumsfähigkeit, wenn sie über eine Brüstung vertikal abgegrenzt sind.15 Stellplätze sind mittlerweile generell sondereigentumsfähig (§ 3 Abs. 1 Satz 2 WEG).Räume, die zugleich dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, sind nicht sondereigentumsfähig (vgl. § 5 Abs. 2 WEG).16 Dies gilt etwa für einen Heizungsraum, in dem sich eine gemeinschaftliche Heizungsanlage befindet.17 Außerdem sind Flächen, die einen notwendigen Zugang zu gemeinschaftlichem Eigentum oder mehreren Sondereigentumseinheiten absichern, stets Gemeinschaftseigentum.18 Von diesem Zugangserfordernis gibt es aber mehrere Ausnahmen (vgl. Kap. 2 Rdn. 221 ff.).19
Da das Gesetz vorgibt, welche Bestandteile des Gebäudes Gemeinschaftseigentum sind, kann man sich in der Teilungserklärung darauf beschränken, die zum Sondereigentum gehörenden Räume zu bestimmen (vgl. oben Rdn. 15 unter § 2). Es ist nicht erforderlich, in der Teilungserklärung katalogmäßig die Räume und Gebäudebestandteile als Sonder- und Gemeinschaftseigentum zu klassifizieren.20 Wird Sondereigentum an einem zwingenden Bestandteil des Gemeinschaftseigentums begründet, geht die Begründung des Sondereigentums ins Leere. In diesem Fall soll eine Umdeutung in ein Sondernutzungsrecht in Betracht kommen.21 Um keine Zweifel aufkommen zu lassen, kann man dies in der Gemeinschaftsordnung klarstellen (vgl. oben Rdn. 15 unter § 2).