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Recht & Verwaltung20 November, 2023

Eckpunkte der Düsseldorfer Tabelle 2023

Dr. Wolfram Viefhues, weiterer Aufsicht führender Richter am AG a.D.

Die ab 01.01.2023 geltende Düsseldorfer Tabelle steht in diesem Jahr angesichts der massiven Erhöhung der Lebenshaltungskosten aufgrund der Inflation in besonderem Maße im Blickpunkt des allgemeinen öffentlichen Interesses.

1. Einleitung

Die ab 01.01.2023 geltende Düsseldorfer Tabelle steht in diesem Jahr angesichts der massiven Erhöhung der Lebenshaltungskosten aufgrund der Inflation in besonderem Maße im Blickpunkt des allgemeinen öffentlichen Interesses. Denn auf der einen Seite wurde erwartet, dass die neuen Bedarfsätze zum Kindesunterhalt einen angemessenen Ausgleich der inflationsbedingten Erhöhung der Lebenshaltungskosten sichern. Auf der anderen Seite müssen aber auch die Belange der barunterhaltspflichtigen Elternteile und Ehegatten hinsichtlich der gesetzlich zu berücksichtigenden Eigenbedarfsbeträge berücksichtigt werden. Die Tabelle enthält daher deutliche Veränderungen gegenüber der Fassung für das Jahr 2022, während die Anpassungen in den letzten Jahren eher moderat ausgefallen sind und die Tabelle daher einer deutlichen Kritik der jeweils betroffenen Gruppen ausgesetzt war.

2. Bedarfssätze für minderjährige Kinder

In diesem Jahr soll durch die neuen erheblich gestiegenen Bedarfsätze zum Kindesunterhalt ein angemessener Ausgleich der inflationsbedingten Erhöhung der Lebenshaltungskosten gewährleistet werden. Vorgegeben wurde die neue Festlegung des Mindestunterhalts eines minderjährigen Kindes (§ 1612a I BGB) durch die am 30.11.2022 erlassene Fünfte Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung1 nach § 1612a IV BGB, die sich wiederum auf die Zahlen des 14. Existenzminimumberichts für das Jahr 2024 der Bundesregierung stützt.

Nach der Fünften Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung beträgt der Mindestunterhalt ab dem 01.01.2023:

  • für Kinder der 1. Altersstufe (bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres) 437 €(Anhebung gegenüber 2022: 41 €),
  • für Kinder der 2. Altersstufe (bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres) 502 €(Anhebung gegenüber 2022: 47 €),
  • für Kinder der 3. Altersstufe (vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit) 588 €(Anhebung gegenüber 2022: 55 €).

Diese Beträge entsprechen den Bedarfssätzen der ersten Einkommensgruppe (bis 1.900 €) der Düsseldorfer Tabelle, also des unterhaltsrechtlichen Mindestbedarfes. Aufgrund dieser Anhebung der Bedarfssätze der ersten Einkommensgruppe ergibt sich auch eine Änderung der Bedarfssätze der folgenden Einkommensgruppen. Sie werden wie in der Vergangenheit ab der 2. bis 5. Gruppe um jeweils 5 % und in den folgenden Gruppen um jeweils 8 % des Mindestunterhalts angehoben. Die Tabellenstruktur ist gegenüber 2022 unverändert geblieben ungeachtet der aus der gerichtlichen Praxis hieran geäußerten Kritik 2.Es verbleibt bei den bisherigen 15 Einkommensgruppen und dem der Tabelle zugrundeliegenden Regelfall von zwei Unterhaltsberechtigten.

3. Bedarfssätze für Volljährige

Die Bedarfssätze volljähriger Kinder werden zum 01.01.2023 gleichfalls erhöht. Wie in 2022 betragen sie 125 % der Bedarfssätze der 2. Altersstufe. Damit ergibt sich in der untersten Einkommensstufe eine Anhebung von monatlich 569 € auf 628 €, die aber durch die Anrechnung des erhöhten (vollen) Kindergelds teilweise wieder gemindert wird.

Düsseldorfer Tabelle 2023 für den Kindesunterhalt

Große praktische Bedeutung hat weiterhin die die Erhöhung und Umgestaltung des staatlichen Kindergelds, das nunmehr für alle Kinder monatlich 250 € beträgt. Gegenüber 2022 bedeutet dies für das 1. und 2. Kind eine Erhöhung um 31 € und für das 3. Kind um 25 €. Die unterhaltsrechtliche Anrechnung des Kindergelds nach § 1612b I BGB wird dadurch erheblich vereinfacht, denn jetzt muss nicht mehr bei mehreren Kindern unterschiedlich gerechnet werden. Daher wird im Anhang zur Düsseldorfer Tabelle auch nur noch eine einheitliche Tabelle mit den jeweiligen Zahlbeträgen abgebildet.

4. Bedarfssätze für Studierende

Der Bedarfssatz eines studierenden Kindes, das nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, wird gegenüber 2022 von 860 € auf 930 € angehoben. Aufgrund des jetzt für alle Kinder einheitlichen Kindergeldsatzes von 250 € beträgt der Zahlbetrag ab 01.01.2023 bei einem studierenden Kind immer einheitlich 680 € (930 € – 250 € Kindergeld); es kommt also nicht mehr darauf an, ob es sich um ein erstes, zweites oder drittes Kind handelt.

Dieser Bedarfssatz kann auch für ein Kind mit eigenem Haushalt angesetzt werden. Bis 410 € für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) sind in diesem Bedarfssatz enthalten. Der in den Selbstbehaltssätzen ausgewiesene Betrag bezieht sich auf den Wohnbedarf eines Alleinstehenden und umfasst die Kaltmiete, die zusätzlich zum notwendigen Lebensbedarf aufzubringenden allgemeinen Nebenkosten sowie Heizung und Warmwasser.

Wichtig für den Einsatz der Tabelle in der Praxis ist der ausdrückliche Hinweis, dass von dem Betrag von 930 € bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern nach oben abgewichen werden kann. Damit sind einmal Fälle erfasst, in denen das Kind z.B. aufgrund der teureren Miete an seinem Studienort nicht mit den im Tabellensatz enthaltenen Betrag von 410 € Warmmiete auskommen kann. Zum anderen kann aufgrund dieser Vorgabe auch ein studierendes Kind aus einem „Besserverdienerhaushalt“ einen höheren Betrag beanspruchen. Es empfiehlt sich in diesen Fällen immer ein Blick in die Tabelle mit den dort festgesetzten Beträgen für ein noch bei einem Elternteil lebendes Kind. Für dieses Kind muss ab der 9. Tabellenstufe ein Unterhalt von mindestens 705 € gezahlt werden. Dann lässt sich gut begründen, dass ein Kind mit einem eigenen Haushalt bei diesen Einkommensverhältnissen seiner Eltern nicht schlechter gestellt werden darf.

5. Notwendiger Selbstbehalt (Eigenbedarf) beim Minderjährigenunterhalt

  1. Der notwendige Selbstbehalt gilt gegenüber Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder und sogenannter privilegierter volljähriger Kinder nach der 1. Einkommensgruppe. Privilegierter Volljährige sind Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden (§ 1603 Abs. 2 BGB).

    Der notwendige Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen beläuft sich auf
  • für den nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldner 1.120 €(statt bisher 960 €) und
  • für den erwerbstätigen Unterhaltsschuldner 1.370 €(statt bisher 1.160 €).
  • Es sind Kosten der Unterkunft (Warmmiete) von 520 € enthalten
  • Erhöhung der Selbstbehaltsätze beim Ehegattenunterhalt
  • Eigenbedarf (Selbstbehalt) des Unterhaltspflichtigen
    • Ohne Erwerbstätigkeit 1.385 € (bisher 1.180 €),
    • bei Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen auf 1.510 € (bisher 1.280 €).

In diesen Beträgen sind Wohnkosten von 580 € (Warmmiete) enthalten.

Die Selbstbehalte sollen weiter erhöht werden, wenn die tatsächlichen Wohnkosten die Wohnkostenpauschalen der jeweiligen Selbstbehalte überschreiten und nicht unangemessen sind. Die konkret anfallenden Wohnkosten sind daher als eigenständiger Bemessungsfaktor grundsätzlich in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen und lediglich auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. Prüfungsmaßstab die jeweils nach dem örtlichen Wohnungsmarkt zu beurteilende Angemessenheit der tatsächlichen Wohnkosten und nicht deren potenzielle Vermeidbarkeit. Erforderlich ist entsprechender Sachvortrag nicht nur zur konkreten Höhe der Warmmiete, sondern auch zur Angemessenheit auf der Basis der konkreten Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarktes.3 Angemessenen Selbstbehalt gegenüber Volljährigenunterhalt.

Auf seinen angemessenen Selbstbehalt kann sich der Unterhaltspflichtige gegenüber sonstigen Ansprüchen auf Kindesunterhalt – also beim Volljährigenunterhalt berufen. Dieser angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen beträgt 1.650 € (bisher 1.400 €). Hierin sind Wohnkosten von 650 € (Warmmiete) enthalten.

6. Selbstbehalt (Eigenbedarf) beim Ehegattenunterhalt

Der Eigenbedarf gegenüber Ansprüchen des Ehegatten beläuft sich zum 01.01.2023 bei Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen auf 1.510 € (bisher 1.280 €) bei einem nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 1.385 € (bisher 1.180 €), Hierin sind Wohnkosten von 580 € (Warmmiete) enthalten. Die Düsseldorfer Tabelle betont ausdrücklich, dass die Selbstbehalte erhöht werden sollen, wenn die tatsächlichen Wohnkosten die Wohnkostenpauschalen der jeweiligen Selbstbehalte überschreiten und nicht unangemessen sind.

7. Mindestbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten

Der Mindestbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten beträgt ab 01.01.2023ohne Erwerbstätigkeit 1.120 €, bei Erwerbstätigkeit 1.370 €.Für die Praxis ist erneut darauf hinzuweisen, dass Düsseldorfer Tabelle keine Gesetzeskraft hat, sondern eine bloße Richtlinie darstellt und die darin enthaltenen Beträge folglich die sachbezogene Beurteilung im Einzelfall nicht ersetzen können.4 Es besteht daher immer die Möglichkeit und vielfach auch die Notwendigkeit, aufgrund der – in einem gerichtlichen Verfahren substantiiert darzulegenden – besonderen Umstände des Einzelfalles von diesen Richtlinien abzuweichen!

Quellen

1 BGBl. 2022 I, 2130.
2 Lies-Benachib, FamRZ 2022, 149, 150.
3 Niepmann, Denkhaus, Schürmann, FamRZ 2021, 923, 926 m.w.N.
4 Schürmann, FamRB 2022, 33, 37.

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Düsseldorfer Tabelle
Die neue Düsseldorfer Tabelle 2024
Festlegung der wesentlichen Eckdaten zur Bestimmung des Kindes-, Ehegatten- sowie Betreuungsunterhalts.
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