wohngeld
Recht & Verwaltung31 Juli, 2024

Wohngeldantrag- was ist bei der Entscheidung zu beachten?

Autor: Herr Peter Feth

Mit Einführung des Wohngeld Plus Gesetzes ergaben sich auch neue Fragestellungen.
Durch die deutliche Erhöhung der Regelbedarfe mit dem Inkrafttreten des Bürgergeldgesetzes hat zum 01.01.2023 eine Ausweitung des anspruchsberechtigten Personenkreises sowohl im SGB II als auch im SGB XII stattgefunden.

Grundsatz

Das durch den Antrag eröffnete Verwaltungsverfahren wird mit dem Verwaltungsakt beendet und ist dessen Bestandteil (§ 8 SGB X). Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 WoGG hat die Wohngeldbehörde schriftlich über den Wohngeldanspruch zu entscheiden.

Zeitpunkt der Antragstellung als maßgeblich für Entscheidung

Grundsätzlich ist ein Verwaltungsakt immer dann rechtswidrig, wenn die Behörde entweder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen ist oder das Recht unrichtig angewandt hat (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Da im Wohngeldrecht jedoch eine Prognose (siehe unten) für den gesamten Bewilligungszeitraum vorgeschrieben ist, wird der Verwaltungsakt regelmäßig nicht über den gesamten Bewilligungszeitraum den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen.

Etwa die regelmäßige Anpassung der gesetzlichen Renten zum 01.07. eines jeden Jahres würde schon zu einem Fehler im Verwaltungsakt und zu Änderungsbedarf führen. Mithin müssten alle Verwaltungsakte, in denen mindestens eine Rente angerechnet wird, überprüft werden. Auch können sich das Erwerbseinkommen oder die Miete ändern.

Aus diesem Grund schreibt § 24 Abs. 2 Satz 2 WoGG vor, dass für die Entscheidung die zu erwartenden Verhältnisse im Bewilligungszeitraum im Zeitpunkt der Antragstellung zugrunde zu legen sind. Für die Ermittlung des Jahreseinkommens ist gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 WoGG ebenfalls das Einkommen zugrunde zu legen, das im Bewilligungszeitraum zu erwarten ist. In Ermangelung prognostischer Werte kann gem. § 15 Abs. 2 Satz 2 WoGG von dem Einkommen vor der Antragstellung ausgegangen werden.

Anstieg des Erwerbseinkommens

Ist absehbar, dass etwa das Erwerbseinkommen eines Haushaltsmitgliedes stark ansteigt (ohne den wahrscheinlichen Betrag ermitteln zu können), so hat die Wohngeldbehörde mehrere Möglichkeiten:

  • Sie kann über den Wohngeldantrag vorläufig entscheiden,
  • Sie kann den Bewilligungszeitraum verkürzen,
  • Sie kann den Bewilligungszeitraum teilen oder
  • eine Kombination der vorgenannten Möglichkeiten anwenden.

Hierbei sind Zweckmäßigkeitserwägungen (Ermessen) ins Treffen zu führen und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit zu beachten, insbesondere das mildeste Mittel gegenüber den leistungsberechtigten Personen zu wählen.

Zeitpunkt der Antragstellung

Es ist wörtlich eine Frage der Zeit, was mit ‚Zeitpunkt der Antragstellung‘ gemeint ist. Wird etwa am 03.03. formlos Wohngeld beantragt, fordert die Wohngeldbehörde auf, entsprechende Nachweise vorzulegen, auch über die Miete. Legt nun der Leistungsberechtigte am 05.05. die ab 01.05. – nach der Nebenkostenabrechnung des Vorjahres und eine gleichzeitige Mieterhöhung – gültige Miete vor, so erscheint es für die Prognoseentscheidung für den Bewilligungszeitraum günstig, auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Im Zeitpunkt der Antragstellung galt diese Miete jedoch noch nicht.

Jedoch sollen gem. § 24 Abs. 2 Satz 2 WoGG diese Änderungen grundsätzlich nicht berücksichtigt werden, es sei denn, es handele sich um Änderungen, die eine Änderung des Wohngeldes nach § 27 WoGG notwendig oder möglich machen.

Um den tatsächlichen Begebenheiten zu entsprechen, wäre es hier angezeigt, den Bewilligungszeitraum zu teilen.

Sinn des § 24 Abs. 2 Satz 2 WoGG ist die Vermeidung wegen Änderungen aufgrund von tatsächlichen Änderungen. Um der möglichst wahrhaften Prognoseentscheidung aus § 24 Abs. 2 Satz 1 WoGG ebenfalls zu entsprechen, ist es daher angezeigt, die Änderungen zu berücksichtigen.

Prognose

Bei der Ermittlung des Jahreseinkommens ist das Einkommen zugrunde zu legen, das im Zeitpunkt der Antragstellung im Bewilligungszeitraum zu erwarten ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 WoGG).

Mit der Festlegung des Zeitpunktes will der Gesetzgeber verhindern, dass Wohngeldentscheidungen nach § 44 SGB X (zugunsten der leistungsberechtigten Person) oder § 45 SGB X (zulasten der leistungsberechtigten Person) korrigiert werden müssen, weil sich die damalige Prognoseentscheidung als unzutreffend erwiesen hat. Der Gesetzgeber erreicht mit dem Prognosezeitpunkt (nur), dass der Verwaltungsakt rechtmäßig bleibt, wenn die Prognoseentscheidung rechtsfehlerfrei getroffen wurde. War hingegen die Prognoseentscheidung bereits fehlerhaft, kommt eine Korrektur aus § 44 SGB X – also ex tunc – in Betracht.

Die leistungsberechtigten Personen können daher nach Ablauf des Bewilligungszeitraums nicht verlangen, dass die ursprüngliche Entscheidung aufgrund von tatsächlichen Abweichungen in der Prognoseentscheidung zum Einkommen überprüft wird. Überprüft werden kann mithin nur, ob die Prognoseentscheidung rechtmäßig war.

Sollten sich im Laufe des Bewilligungszeitraums Veränderungen ergeben, so stehen die Korrekturvorschriften des § 27 WoGG zur Verfügung, die für einen Ausgleich sorgen sollen. Vermindert sich etwa das Einkommen, so steht es den leistungsberechtigten Personen frei, einen Antrag auf Erhöhung zu stellen, um erneut über die Wohngeldhöhe entscheiden zu lassen.

In der Prognoseentscheidung selbst hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 1 Satz 2 WoGG festgelegt, dass die Einkommensverhältnisse vor dem Zeitpunkt der Antragstellung herangezogen werden können. Damit gibt der Gesetzgeber bereits zum Ausdruck, dass es für die Wohngeldbewilligung keiner centgenauen Ermittlung des Erwerbseinkommens bedarf. Vielmehr wird Wohngeld in einer pauschalierten Form erbracht, was sich daran zeigt, dass nicht jede kleinste Änderung im Einkommen oder bei der Miethöhe auch zu einer Änderung des Wohngeldes führt (siehe Seite Wohngeld: Änderung | Nach Wohngeldbewilligung in den Abschnitten "Erhöhung der Miete" und "Minderung des Gesamteinkommens"): Nur wenn die dortigen Prozentregelungen (jeweils gerechnet auf den Bewilligungszeitraum) überschritten werden, hat eine Änderung des Wohngeldes erfolgen. Ansonsten sind sie unbeachtlich.

Bewilligungszeitraum

Grundsätzlich soll Wohngeld gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 WoGG für ein Jahr zu bewilligt werden (Regelbewilligungszeitraum).

Allerdings sollen auch bereits absehbare Veränderungen Berücksichtigung finden, weshalb der Gesetzgeber in § 25 Abs. 1 Satz 2 WoGG die Möglichkeit eröffnet hat, den Bewilligungszeitraum zu verkürzen, zu teilen oder auf bis 24 Monate zu verlängern.

Beispiele:

Steht etwa fest, dass die Wohnung zum 30.09. wegen Umzugs aufgegeben wird, so wäre eine Bewilligung über den 30.09. hinaus untunlich (Verkürzung).

Steht im Zeitpunkt der Antragstellung bereits fest, dass die Tochter zu einem bestimmten Zeitpunkt aus dem gemeinsamen Haushalt mit ihren Eltern auszieht, so bietet es sich an, den Zeitraum zu teilen.

Bei einer alleinstehenden Rentnerin in einer Mietwohnung werden sich die Verhältnisse vermutlich nicht grundlegend ändern, weshalb der Bewilligungszeitraum auf 24 Monate verlängert werden kann.


Bildnachweis: Rasmus/stock.adobe.com

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