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Recht & Verwaltung17 Februar, 2025

Nur Frauen können Gleichstellungsbeauftragte werden

In dem BAG Urteil vom 17.10.2024 – 8 AZR 214/23 – klärt das BAG, dass die gesetzlich bestimmte Beschränkung des Amtes der Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.

Wolters Kluwer Online Redaktion

Zum Sachverhalt:

Die Parteien streiten über einen Anspruch der klagenden Partei auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung u.a. aufgrund des Geschlechts im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens um die von einem Landkreis in Schleswig-Holstein ausgeschriebene Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten.

Die schwerbehinderte klagende Partei ist zweigeschlechtlich geboren und kann weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden. Sie bewarb sich im Oktober 2019 auf die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten. Der Beklagte führte zunächst ein Auswahlgespräch mit der klagenden Partei, teilte jedoch im Dezember 2019 mit, dass sich die Auswahlkommission für eine andere Bewerberin entschieden habe.

Die klagende Partei hat vom Beklagten die Zahlung einer Entschädigung verlangt und die Auffassung vertreten, sie sei in nicht gerechtfertigter Weise u.a. wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden. Sie sei nur der Form halber zum Auswahlgespräch eingeladen, zu keinem Zeitpunkt aber ernsthaft in die Auswahl einbezogen worden.

Die Stellenausschreibung, die nur Frauen anspreche, begründe eine Vermutung für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts. Diese sei weder durch die Anforderungen der konkreten Tätigkeit noch durch die – aus ihrer Sicht verfassungswidrigen – landesrechtlichen Vorgaben gerechtfertigt, die die Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten ausschließlich Frauen vorbehielten.

Ihre Benachteiligung im Bewerbungsverfahren sei auch nicht nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig gewesen. Zweigeschlechtliche Menschen seien typischerweise im höchsten Maße für strukturelle Ungleichbehandlungen sensibilisiert und deshalb mindestens ebenso gut wie Frauen in der Lage, Frauen zu diesem Thema zu beraten.

Die klagende Partei hat eine Entschädigung von mindestens 7.000,00 Euro geltend gemacht.

ArbG und LAG haben eine Entschädigung i.H.v. 3.500,00 Euro zugesprochen. Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten hatte vor dem BAG allerdings Erfolg. Sie führte zur vollständigen Klageabweisung.

Zur Entscheidung:

Das BAG stellt heraus, dass der Beklagte die klagende Partei nicht wegen ihres Geschlechts oder eines anderen Grundes i.S.v. § 1 AGG benachteiligt habe. Daher habe diese entgegen der Auffassung der Vorinstanzen keinen Anspruch auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Entschädigung lägen nicht vor.

Die klagende Partei sei zwar dadurch unmittelbar i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt worden, dass sie vom Beklagten für die ausgeschriebene Stelle nicht berücksichtigt worden sei. Die unterschiedliche Behandlung der klagenden Partei sei jedoch nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig gewesen.

Nach den in Schleswig-Holstein geltenden landesrechtlichen Regelungen sei die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten zwingend mit einer Frau zu besetzen. In diesem Fall könne die Ablehnung der Bewerbung einer zweigeschlechtlichen Person auf eine solche Stelle allerdings nicht allein mit der Berufung auf diese landesgesetzliche Vorgabe gerechtfertigt werden. Es sei vielmehr zu prüfen, ob das Landesrecht mit höherrangigem Recht vereinbar sei.

Die im Landesrecht vorgesehene Beschränkung der Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten auf das weibliche Geschlecht sei nach § 8 Abs. 1 AGG, Art. 14 Abs. 2 RL 2006/54/EG gerechtfertigt. Angesichts der Zielsetzung und der hierauf ausgerichteten landesgesetzlichen Aufgabenbeschreibung sei es eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung, dass die Gleichstellungsbeauftragte das gleiche Geschlecht aufweise wie die vorrangig zu fördernden weiblichen Beschäftigten.

Hierdurch würden zweigeschlechtliche Menschen auch nicht in ihrem Gleichheitsgrundrecht aus Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG verletzt. Die mit der Beschränkung auf Frauen verbundene Benachteiligung sei durch die Förderungspflicht des Art. 3 Abs. 2 GG gerechtfertigt, der ein Gleichberechtigungsgebot zwischen Männern und Frauen aufstelle und dieses auch auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstrecke.

Das Gleichstellungsgesetz Schleswig-Holstein fördere die Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst u.a. durch die Schaffung von Arbeitsbedingungen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichten und die Kompensation von Nachteilen, die vor allem Frauen als Folge der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung erführen. Damit diene es entsprechend dem nach seinem Wortlaut für Männer und Frauen geltenden Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen im Arbeitsleben. Zur Erreichung dieses Zwecks sei die landesgesetzliche Vorgabe, die Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten zwingend mit einer Frau zu besetzen, verhältnismäßig im Sinne einer geeigneten, erforderlichen und angemessenen Regelung.

Schließlich verletze die landesrechtliche Vorgabe, die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten mit einer Frau zu besetzen, zweigeschlechtliche Menschen nicht in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG, da vorliegend ein dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG unterfallendes Merkmal ausnahmsweise vorausgesetzt werde und aufgrund der Anforderungen des Amtes Bewerber ohne die fragliche Eigenschaft ungeeignet seien und besondere verfassungsrechtliche Gründe für die Schaffung eines solchen Amtes sprächen.

Praktische Bedeutung:

Mit vorstehendem Urteil hat das BAG – anders als noch die Vorinstanzen – klargestellt, dass eine gesetzliche Bestimmung, wonach Gleichstellungsbeauftragte eine (biologische) Frau sein muss, rechtens ist.

Obschon für das Landesrecht Schleswig-Holsteins entschieden, gilt diese Prämisse auch für diejenigen Bundesländer, die entsprechende gesetzliche Regelungen erlassen haben, etwa für NRW (§ 15 Abs. 2 S. 1: Als Gleichstellungsbeauftragte ist eine Frau zu bestellen.).

Im entschiedenen Fall hatte der Landkreis im Übrigen insoweit kein Problem mit der Bewerbung, als er die Person zum Vorstellungsgespräch eingeladen hatte und sich dann erst in einem Auswahlverfahren nach dem Prinzip der Bestenauslese für eine andere Bewerberin entschieden hatte.

Nunmehr ist belastbar geklärt, dass Bewerber, die das weibliche Geschlecht nicht aufweisen, für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten von vornherein nicht zu berücksichtigen sind.

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