Der Begriff Teamarbeit ist aus der Wirtschaft, aus Organisationen und auch aus der Schule nicht mehr wegzudenken. Es ist praktisch so, dass man in allen Lebensbereichen in einem Team agiert. Den klassischen Einzelkämpfer gibt es nicht mehr. In der Literatur vermitteln die Titel und Inhalte der Bücher, dass die Teamarbeit die Lösung aller Probleme zu sein scheint. Zudem gilt landläufig Teamarbeit als Garant für eine hochwertige Qualitätsentwicklung, Qualitätssteigerung und für garantierten Erfolg. Der Begriff ist durchweg positiv besetzt. »Es ist gut, Mitglied eines Teams zu sein. Das verspricht Unterstützung, sorgt für Zugehörigkeit und stärkt die soziale Identität. (…) Teams sind etwas Gutes und tun gut. Teammitglieder verstehen sich, sie fördern das Wachstum des Einzelnen, Teams bilden die Keimzellen großer Gemeinschaften, überwinden Gegensätze und versetzen Berge« (ebd.).
Das Hauptproblem, welches dabei aber übersehen wird, ist, dass Teamarbeit nur dann gewinnbringend für alle Beteiligten sein kann, wenn sie richtig gelebt und durchgeführt wird. Viele Gruppierungen bezeichnen sich selbst als ein Team, obwohl sie nicht nach den Kriterien und Merkmalen von Teams agieren.
Sucht man nach einer allgemein gültigen Definition von Teamarbeit, dann muss man feststellen, dass es diese nicht gibt (Simon 2006). Jedoch wird zwischen den Begriffen Gruppenarbeit und Teamarbeit sehr wohl unterschieden. »Im Gegensatz zur Gruppenarbeit sagt der Begriff »Teamarbeit« etwas über die Art der Arbeit beziehungsweise das erwartete Verhalten der Teammitglieder aus« (ebd.). Eine Gruppe von Mitarbeiter/-innen ist noch lange kein Team, jedoch ist jedes Team eine Arbeitsgruppe, die ein gemeinsames Ziel verfolgt. Der Begriff Team beinhaltet mehr als einen Zusammenschluss als Gruppe. »Teams sind Gruppen plus Faktor X!« (Schley 2011). Den Faktor X definiert Schley als neun Schlüsselbegriffe, »die alle mit K beginnen und die einzeln und insgesamt das qualitativ und atmosphärisch Besondere des Teamgedankens ausmachen« (ebd.). Im Gegensatz zu Gruppen spielen die folgenden Leitfragen bei Teams eine wichtige Rolle:
- Kontingenz: Welche Vorstellungen verbinden und unterscheiden die Teammitglieder? Wer bringt welche Stärken mit ins Team?
- Konsistenz: Wie werden Ziele und Handlungen kommuniziert und verdeutlicht? Sprechen alle Teammitglieder von gleichen Inhalten?
- Kontinuität: Wie wird die Kontinuität der Teamprozesse und -regeln gewahrt? Wie wird verfahren, wenn die Zusammensetzung des Teams sich ändert?
- Konfiguration: Wie soll das Team intern aufgebaut sein? Wer übernimmt welche Rollen und Zuständigkeiten?
- Kooperation: Welche Ziele und Verpflichtungen verbindet das Team? Wie können diese Ziele durch gemeinsames Handeln erreicht werden?
- Ko-Evaluation: Was können die Teammitglieder voneinander lernen? Wie kann man sich im Team gegenseitig unterstützen? Wie wirkt das Verhalten, die Arbeit des Einen auf die Anderen?
- Kommunikation: Welche gemeinsamen Ziele verfolgt das Team? Besitzen alle Teammitglieder die gleichen Informationen und Zielvorstellungen?
- Konsens: Wie finden Abstimmungsprozesse statt? Wie wollen wir im Team zusammenarbeiten? Welche Regeln und Normen sollen innerhalb der Teamarbeit gelten?
- Kohärenz: Wie agiert das Team in unterschiedlichen Situationen? Wie wird der Zusammenhalt des Teams in Belastungsproben deutlich?
Nutzen Sie positive Energie!
Seit den 1970er Jahren eroberte der Teamgedanke auch die Schule. Mit dem Arbeiten in Gruppen bzw. Teams wollte man die starren hierarchischen Strukturen innerhalb der Schulen aufbrechen und potentielle positive Energie nutzen, um gelingende Schulentwicklung zu betreiben. Dazu beigetragen hat zudem die Gruppendynamikforschung in den 70er Jahren. Fragen, z.B. wie Gruppen funktionieren, wie Menschen als Teil einer Gruppe agieren und ihr Verhalten anpassen oder wie Entscheidungen in Gruppen gefunden werden, wurden in Workshops und Versuchsgruppen untersucht. Trotz der positiven neuen Erkenntnisse kam die Entwicklung eines Teamgedankens in der Bundesrepublik Deutschland im Bildungsbereich nur sehr langsam voran. Viel zu sehr war der Gruppen- bzw. Teambegriff ideologisch vorbelastet. Erst als in den 90er Jahren aus Japan die Kaizen-Methoden und die Bezeichnungen »Lernende Organisation« sowie »Organisationales Lernen« aus den USA immer mehr in der Wirtschaft Beachtung gefunden hatten, wurde »das Team« ideologisch bereinigt. »Jetzt wird der Teambegriff gesellschaftsfähig, ja er erfährt eine besondere Wertschätzung und Hochachtung als Grundlage »lernender Organisationen«, »kontinuierlicher Verbesserungsprozesse« und »innovativer Gestaltung von Systemen« (Schley, 2010).
Diese Erkenntnisse in den 90er Jahren führten dazu, dass auch in der schulischen Arbeit ein Umdenken stattgefunden hat. Das bisherige Arbeitsverständnis vom alleinkämpfenden Lehrer, der seinen Unterricht in seiner Klasse hält, wird nach und nach aufgebrochen und die Zusammenarbeit in Teams bekam in der lernenden Schule einen besonderen Stellenwert. Aus dem »Ich und meine Klasse« sollte heutzutage ein »Wir und unsere Schule« werden (ebd.).
Schaffen Sie Teams auf unterschiedlichen Ebenen
»Pädagogische Schulentwicklung braucht Teamstrukturen auf unterschiedlichen Ebenen: auf der Klassenebene, auf der Fachebene und nicht zuletzt auf der Führungsebene« (Klippert 2000). Die Zusammenarbeit in Teams bietet für alle Beteiligten viele Vorteile. Das Kollegium als Ganzes kann jedoch nicht als Team angesehen werden, da es in den meisten Schulen viel zu groß ist. Ein Team kann nur eine Gruppe werden, die eine überschaubare Größe besitzt und in der alle entweder einen gemeinsamen Hintergrund oder ein gemeinsames Ziel haben. So können sich innerhalb der Schule verschiedenen Teamformen ergeben. Zum einen gibt es die per Struktur vorhandenen Teams, wie beispielsweise das Schulleitungsteam und die Fachteams, in denen alle Kolleginnen und Kollegen mitarbeiten, die das Fach an der Schule bzw. in dem entsprechenden Jahrgang unterrichten. Weiterhin können die Klassenleitungen Jahrgangsteams bilden, in denen sie dann gemeinsam die pädagogischen und organisatorischen Planungen für den entsprechenden Jahrgang durchführen.
Neben diesen strukturellen Teamformen können noch weitere Teams eingesetzt werden, die zum Beispiel projektbezogen Aufgaben bearbeiten und sich nur für dieses Projekt zusammenschließen. Jede Teamform hat andere Aufgaben, Schwerpunkte und Ziele. Da jedoch das System Schule alle Teamformen benötigt, damit Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung betrieben werden können, sind projektmanagementartige Strukturen von Nöten, die gewährleisten, dass Kommunikation stattfindet. Daher werden heutzutage an den meisten Schulen Steuerungs- und Koordinationsteams eingesetzt, die den »Lern und Entwicklungsprozess im gesamten Kollegium« organisieren sollen. Sie »initiieren, planen, organisieren und reflektieren Schulentwicklungsprozesse. Sie sind fachlich wie hierarchisch heterogen zusammengesetzt« (ebd.).
Drei Prozesse für die ganzheitliche Entwicklung Ihrer Schule
Ohne Teamarbeit und Teamentwicklung ist somit Schulentwicklung nicht möglich. Dies zeigt sich auch, wenn die drei Säulen der Schulentwicklung getrennt voneinander betrachtet werden. »Ganzheitliche Schulentwicklung besteht aus den drei Prozessen Unterrichtsentwicklung (UE), Organisationsentwicklung (OE) und Personalentwicklung (PE), die systematisch aufeinander bezogen sind« (Rolff 2012). Keinen dieser drei Prozesse kann eine Person alleine sinnvoll bearbeiten. Die Unterrichtsentwicklung sollte unter anderem in Fachteams, in kollegialen Lerngemeinschaften oder ähnlichem stattfinden. Die Organisationsentwicklung kann die Aufgabe von Steuerungs- und Koordinierungsteams sein und die Personalentwicklung liegt primär in der Hand des Schulleitungsteams.
Wie aus den Passagen ersichtlich wird, spielt der Teambegriff in der modernen Schulentwicklung eine wesentliche, sogar entscheidende Rolle. Die Erwartungen, die an die Teamarbeit in einer Schule gestellt werden, sind hoch. Jeder träumt von der Arbeit in einem »Dream-Team«, welches alle genannten Merkmale beachtet, alle Ziele erreicht und somit erfolgreich zum Gelingen des Gesamtwerkes beiträgt. »Die »reale« Teamwelt ist dagegen nüchtern, schwieriger und belastender. Wer von Teams zu wenig weiß, wird enttäuscht werden« (ebd.).
Das Dream-Team
Wenn ein Team in der Schule, entweder aus eigenem Wunsch heraus oder auf Anweisung durch die Schulleitung, neu zusammengestellt wird, dann ist der Wunsch groß, ein gutes Team zu formen. Aber was macht ein gutes Team überhaupt aus? Beziehungsweise: Wie wird ein Team zu einem guten Team – zu einem Dream-Team?
Ein Dream-Team ist ein Team, das erfolgreich arbeitet. »Um die Frage zu beantworten, von welchen Faktoren der Erfolg eines Teams abhängt, muss zunächst definiert werden, was unter Erfolg zu verstehen ist« (Antoni 2000). Dabei kann es durchaus sein, dass Erfolg für die einzelnen Teammitglieder anders definiert wird.
Eines sollte allerdings in der Schule klar sein: Zentrale Aufgabe von allen Teams in der Schule ist es, Schulentwicklung zu betreiben. Jedes Team hat zwar seinen eigenen Schwerpunkt, dennoch handelt es für ein Ziel, welches die Schule weiterentwickelt oder die Qualität der Schule sichert bzw. steigert. Egal, ob ein Team innerhalb der UE, OE oder innerhalb der PE arbeitet, im Zentrum der Arbeit eines Dream-Teams stehen immer die Schülerinnen und Schüler. Jedes Team sollte daher ihre Entscheidungen und Entscheidungsprozesse immer wieder daraufhin überprüfen, ob sie die Lernenden als Mittelpunkt betrachten, um somit dazu beitragen, dass mit der Teamarbeit sinnvolle Schulentwicklung betrieben wird.
Weiterhin muss gefragt werden, ob es sich um ein Dream-Team handelt, wenn immer harmonisch zusammengearbeitet wird, alle Beteiligten immer einer Meinung sind, ohne Streitigkeiten oder Diskussionen. Oder heißt Dream-Team, dass jeder alleine vor sich hinarbeitet und dem anderen nicht in die Quere kommt, so dass keine Konfliktpunkte entstehen können? Ist ein Team für die Schulleitung ein Dream-Team, wenn sie von ihm keine Klagen und Probleme hört? Gilt für einen Kollegen bzw. eine Kollegin ein Team als ein Dream-Team, wenn er bzw. sie möglichst wenig Arbeit hat?
Warum ein Dream-Team gemeinsame Visionen braucht
»Grundlage aller erfolgreichen Teams ist Orientierung an gemeinsamen Leitbildern/Visionen und Zielen« (Winheller 2001). Die Bedürfnisse eines jeden einzelnen Teammitgliedes, und gemeinsame Visionen innerhalb eines Teams sollten zunächst geklärt werden, bevor darüber entschieden wird, ob die Teamzusammensetzung in einer solchen Form sinnvoll ist, und ein solches Team zu einem Dream-Team werden kann. Denn nur, wenn bereits im Vorfeld jeder seine Bedenken, seine Ideen und Grundsätze einbringen und besprechen konnte, kann die Gefahr verringert werden, dass es in einem Team zu Streitigkeiten und nicht ausräumbaren Konflikten kommt.
»Erfolgreiche Teams kennen ihren Auftrag, sie fokussieren sich auf ihre Kernaufgabe, zu der jeder einzelne beiträgt. Die Güte eines Teams spiegelt sich in der Zielorientierung und Zielfokussierung. Jeder einzelne kennt seinen Beitrag zur Zielerreichung« (Schley 2011). Das gemeinsame Leitbild und gemeinsame Ziele, die von allen Beteiligten akzeptiert werden, sollten schriftlich festgehalten werden und als Grundlage für zukünftige Weiterarbeit dienen.
Damit ein Team als Dream-Team arbeitet, ist es wichtig, dass jeder der Beteiligten seinen Beitrag zum Gelingen des Teams leistet. Dabei werden die individuellen Leistungsfähigkeiten und Voraussetzungen genutzt und automatisch aufeinander abgestimmt und ineinander verzahnt (Winheller 2001). So entsteht eine positive Abhängigkeit (Interdependenz) der Teammitglieder voneinander, die zu einem erfolgreichen Arbeiten im Dream-Team führt. Dazu gehört es allerdings auch, die Schwachstellen der einzelnen Teammitglieder zu kennen und ihnen entsprechende Unterstützungen und Hilfen anzubieten, damit das gemeinsame Ziel erreicht werden kann (Verantwortlichkeit). Aus diesem Miteinander im Team ergibt sich ein hohes Maß an Dynamik und Synergie, die sich als Teamenergie auf die Teamprozesse übertragen lassen (ebd.).
Damit eine Gruppe zu einem Team werden kann, sind Strukturen notwendig, die die Prozesse und Abläufe während der Teamarbeit steuern und lenken. Ein hohes Gut in einer gelingenden Teamarbeit ist es, dass alle Teammitglieder annähernd gleichberechtigt sind. Dennoch benötigt jedes Team eine Führung, da es sonst unstrukturiert arbeiten und teilweise das Ziel aus den Augen verlieren könnte. »Teams benötigen den Dialog, eine Führung durch Ziele und Standards, einen Austausch über erreichte Ergebnisse und die Reflexion von Prozessen. Führung ist damit eine ziel- und prozessorientierte Kommunikation« (Schley 2011). Diese Führung eines Teams kann einem Teamsprecher übertragen werden, der entweder aus dem Team heraus demokratisch legitimiert oder von außen mit dieser Aufgabe betraut wurde.
Nutzen Sie die Teamsprecher fürs Networking
An einer Schule arbeiten zudem mehrere Teams zeitgleich, die miteinander vernetzt werden müssen, sodass ein Mitglied des Teams die Aufgabe des Networkings übertragen bekommt. In einem Dream-Team kann diese Aufgabe ebenfalls der Teamsprecher übernehmen, der somit die Verknüpfung zu den anderen Teams aufrechterhält. Der Teamsprecher sollte nicht ausschließlich als Sprachrohr zwischen Schulleitung und Team agieren. Er koordiniert vielmehr die Teamprozesse, strukturiert die Abläufe, moderiert die Sitzungen, beachtet die persönlichen Interessen und Befindlichkeiten seiner Teammitglieder und hat das Teamziel immer im Blick. Außerdem sollte er versuchen, das Bestmögliche aus dem Team herauszuholen und zu intervenieren, wenn Konflikte auftreten. (FES 2001). In einem Dream-Team bestimmt das Team seinen Teamsprecher selbst. Er bringt die Fähigkeiten mit, das Team zielorientiert zu führen bzw. ist bereit diese zu erlernen. Dazu zählen unter anderem: Kenntnisse und Kompetenzen in Moderation- und Sitzungsleitungstechniken, Kommunikationsprozessen und Konfliktmanagement. Der Grundsatz zur Kooperation innerhalb eines Dream-Teams sollte lauten: »Soziale Fähigkeiten (Kommunikationsfähigkeiten, Konfliktlösungstechniken usw.) und Arbeitstechniken (Kreativtechniken, Projektplanung usw.) wurden erlernt, in der Gruppe eingeführt und werden angemessen genutzt« (Winheller 2001).
Eine weitere Grundlage eines Dream-Teams ist das Klima im Team. Hierbei spielen Feedback zu persönlichen und inhaltlichen Fragen und der persönliche Austausch untereinander eine wichtige Rolle. Die Teammitglieder bauen Vertrauen zueinander auf und lernen sich und ihre Arbeit gegenseitig wertzuschätzen. Mit Hilfe von unterschiedlichen Fragen, die sich jedes Teammitglied stellen sollte, kann das Klima innerhalb des Teams immer wieder neu analysiert und reflektiert werden.
Damit eine solche Arbeitsatmosphäre von Beginn an aufgebaut wird und sich entwickeln kann, ist es wichtig, dass Spielregeln von den Teammitgliedern selbst festgelegt und eingehalten werden. Diese sollten positiv formuliert und diskutiert werden. Je nach Teamzusammensetzung können/müssen auch im Vorfeld, zum Beispiel von der Schulleitung/Stufenleitung, Spielregeln festgelegt werden, wenn verschiedene Teammitglieder von unterschiedlichem Persönlichkeitstyp sind. Eine Spielregel könnte beispielsweise lauten: »Wir hören einander zu und lassen den anderen aussprechen.« »Wird allen zugehört, werden auch Mindermeinungen ernst genommen, arbeiten Sie mit hoher Verbindlichkeit, haben alle die Chance, sich zu beteiligen usw.« (FES 2001,).
In einem Dream-Team wird…
- … offen und direkt kommuniziert.
- … Zielklarheit hergestellt, Zielvereinbarungen getroffen und Synergie gefördert.
- … ein Konflikt auf den Tisch gebracht und zur Konfliktlösung beigetragen und Konflikte werden ohne Schaden überstanden.
- … ein Problem gemeinsam gelöst und auf Schuldzuweisungen wird verzichtet.
- … ein Entscheidungsprozess gemeinsam und nach bestimmten Regeln durchgeführt.
- … Feedback gegeben und entgegengenommen; Gruppenprozesse und -leistungen werden ausgewertet.