Können Beschäftigte zu Hause bleiben, weil sie Angst vor einer Ansteckung im Betrieb haben? Haben Beschäftigte in Quarantäne einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung? Hier finden Sie Antworten auf eine Vielzahl von Fragen zu Auswirkungen der Corona-Pandemie.
Von: Benjamin Litty, Kommunaler Arbeitgeberverband Rheinland-Pfalz
1. Können Beschäftigte zu Hause bleiben, weil sie Angst vor einer Ansteckung im Betrieb oder auf dem Arbeitsweg haben?
Nein. Die generelle, abstrakte Angst vor einer Ansteckung auf dem Arbeitsweg oder im Betrieb bzw. der Dienststelle begründet kein Leistungsverweigerungsrecht der Beschäftigten. Die Beschäftigten bleiben weiterhin zur Arbeitsleistung verpflichtet. Ansprüche auf Freistellung aus den o.g. Gründen bestehen ebenfalls nicht.
Fehlen die Beschäftigten dennoch stellt dies ein unentschuldigtes Fehlen und somit eine Pflichtverletzung dar, die arbeitsrechtliche Maßnahmen (Abmahnung, Kündigung) nach sich ziehen kann. Zudem entfällt die Pflicht des Arbeitgebers auf Lohnzahlung für die Tage des unentschuldigten Fehlens.
2. Welche Folgen hat es, wenn Beschäftigte aufgrund Corona bedingter Einschränkungen im ÖPNV ihren Arbeitsplatz nicht erreichen können?
Beschäftigte tragen grundsätzlich das sog. Wegerisiko, d.h. sie sind selbst dafür verantwortlich, pünktlich an ihrem Dienstort zu erscheinen. Beschäftigte sind daher bei Einschränkungen im ÖPNV aufgrund der Corona-Pandemie, angehalten auf Pkw oder sonstige weitere, zur Verfügung stehende Verkehrsmittel auszuweichen.
Ist es Beschäftigten dennoch nicht möglich ihren Arbeitsplatz pünktlich oder überhaupt zu erreichen, haben sie dies ihrem Arbeitgeber frühzeitig mitzuteilen.
Erbringen die Beschäftigten ihre Arbeitsleistung nicht, besteht kein Anspruch auf Entgeltzahlung durch den Arbeitgeber.
3. Haben Beschäftigte einen Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts, wenn ihr Betrieb aufgrund einer behördlichen Maßnahme geschlossen wird?
Davon ist auszugehen. Der Arbeitgeber trägt das sog. Betriebsrisiko. Zwar wird vereinzelt die Auffassung vertreten, dass eine Pandemie kein, vom Arbeitgeber beherrschbares Betriebsrisiko darstelle. Jedoch sind derzeit vor allem Schulen und Kitas im öffentlichen Bereich geschlossen. Diesen Betrieben sind ein enger Austausch und Kontakt zwischen Menschen zu eigen. Dies stellt somit gerade das dem Betrieb immanente und betriebseigene Betriebsrisiko dar. Insofern besteht ein Anspruch auf Vergütung nach § 615 S. 3 BGB.
Der Anspruch besteht jedoch nur dann, wenn der Arbeitgeber wegen der Betriebsschließung auch tatsächlich keine Beschäftigungsmöglichkeit für die Beschäftigten hat.
4. Sind Beschäftigte trotz Betriebsschließung zur Arbeitsleistung verpflichtet? Kann der Arbeitgeber den Beschäftigten eine andere Tätigkeit zuweisen? Welche Möglichkeiten hat der Arbeitgeber?
Die Grundsätze der Betriebsrisikolehre greifen nur dann, wenn der Arbeitgeber keine Beschäftigungsmöglichkeit für die Beschäftigten hat. Hat er trotz Betriebsschließung weiterhin Arbeit bleiben die Beschäftigten zur Arbeitsleistung und der Arbeitgeber zur Entgeltzahlung verpflichtet.
Darüber hinaus hat der Arbeitgeber auch weiterhin die Möglichkeit im Rahmen seines Direktionsrechts von seinen tariflichen Befugnissen bspw. in § 4 TVöD, sowie den dieser Vorschrift entsprechenden Regelungen in anderen Spartentarifverträgen, wie bspw. Versetzung, Abordnung etc. Gebrauch zu machen, um sein Annahmeverzugslohnrisiko zu verringern und Beschäftigten eine andere Tätigkeit zuzuweisen. Dabei muss die geänderte Tätigkeit regelmäßig objektiv entgeltgruppenadäquat sein.
5. Haben Beschäftigte, die unter behördlich angeordneter Quarantäne stehen, einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung?
Sofern die Beschäftigten ihre geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen können, steht ihnen grundsätzlich kein Entgeltanspruch zu. Insofern gilt der Grundsatz „ohne Arbeit keinen Lohn“.
Im Falle der behördlich angeordneten Quarantäne besteht jedoch ein Entschädigungsanspruch nach § 56 Infektionsschutzgesetz.
6. Was sind die Voraussetzungen für einen solchen Entschädigungsanspruch?
Gemäß § 56 Abs. 1 IfSG erhält, wer auf Grund des Infektionsschutzgesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, eine Entschädigung in Geld.