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Recht & Verwaltung25 November, 2020

WEG-Reform: Übergangsvorschriften ab 01.12.20 für Wohnungseigentümer

Am 01.12.2020 tritt das neue Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz in Kraft. § 48 WEG n.F. enthält sowohl prozessuale als auch materiell-rechtliche Übergangsvorschriften. Soweit keiner der in dieser Übergangsvorschrift geregelten Fälle greift, treten alle materiell-rechtlichen Neuregelungen des Wohnungseigentumsgesetzes mit dem 01.12.2020 in Kraft. Das gilt selbst in bereits anhängigen Verfahren, für die noch das alte Prozessrecht gilt. Lediglich bei Anfechtungsklagen gelten Ausnahmen.

Auswirkungen der WEG-Reform 2020 auf die am 01.12.2020 anhängigen Verfahren

In den Verfahren, die bereits am 01.12.2020 anhängig sind, wird weiterhin das derzeit alte Prozessrecht, aber teilweise bereits neues materielles WEG-Recht anzuwenden sein.
Diese typischen Probleme und Fallkonstellation können sich dann aus der WEG-Reform 2020 ergeben:

1. Mahnverfahren


Bei einen vorangegangenen Mahnverfahren ist gem. § 696 Abs. 1 Satz 4 ZPO ein Rechtsstreit i.S.d. § 48 Abs. 5 WEG n.F. anhängig, wenn die Akte noch am 01.12.2020 beim Prozessgericht eingeht. 

2. Zahlungsklagen der Wohnungseigentümergemeinschaft


Nach bisheriger Rechtslage war ein Verwalter zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft nur berechtigt, wenn er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt worden war (§ 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG a.F.). Dieses Problem stellt sich nun auch in „Altverfahren“ nicht mehr, da § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG n.F., der dem Verwalter im Außenverhältnis eine (fast) unbeschränkte Vertretungsmacht einräumt, sofort in Kraft trat und somit auch in „Altverfahren“ unmittelbar zur Anwendung kommt.

3. Anfechtungsklage


Beispiel: In der Eigentümergemeinschaft wird beschlossen, dass bei der Erneuerung von Fenstern künftig die Kosten stets von dem jeweiligen Wohnungseigentümer zu tragen sind. Der Beschluss wird angefochten.
Nach bisheriger Rechtslage war die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, den Kostenverteilungsschlüssel zu ändern, bei baulichen Maßnahmen auf einen Einzelfall beschränkt (§ 16 Abs. 4 WEG a.F.). Zukünftig können die Wohnungseigentümer losgelöst vom Einzelfall über die Verteilung einzelner Kosten oder bestimmter Kostenarten eine abweichende Kostenverteilung beschließen (§ 16 Abs. 2 WEG n.F.).

Deshalb war der Beispielsbeschluss nach bisheriger Rechtslage mangels Beschlusskompetenz nichtig. Nach neuem Recht ist er aber zulässig. Bei der Beurteilung, ob ein Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, kommt es jedoch auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung an. Ein Beschluss entspricht also nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn er im Einklang mit der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung geltenden Rechtslage steht. Eine spätere Rechtsänderung macht also einen anfechtbaren oder nichtigen Beschluss nicht zu einem wirksamen. Somit kommt - auch in Verfahren, die nach dem 01.12.2020 anhängig werden - die bisherige Rechtslage zur Anwendung. Trotz der neuen Beschlusskompetenz muss der Beschluss also nicht für nichtig erklärt werden.

4. Anfechtungsklage verbunden mit einem Verpflichtungsantrag

Beispiel: Der gehbehinderte Wohnungseigentümer A beantragt in der Eigentümerversammlung, ihm den Einbau eines Treppenliftes im Treppenhaus zu genehmigen. Der Antrag wird abgelehnt. A ficht den Negativbeschluss an und klagt auf Zustimmung.

Gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F. kann jeder Wohnungseigentümer eine angemessene bauliche Veränderung verlangen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient. Dieser neue Anspruch des A ist - aus den dargelegten Gründen - für die Anfechtung des Negativbeschlusses unbeachtlich.

Auf die Klage auf Zustimmung, die nicht einer Rechtmäßigkeitskontrolle in der Vergangenheit dient, sondern auf die Zukunft bezogen ist, kommt die Neuregelung dagegen zur Anwendung, so dass A den geltend gemachten Anspruch besitzt. Zu beachten ist jedoch, dass über die Umsetzung einer solchen privilegierten Maßnahme die Wohnungseigentümer zu entscheiden haben (§ 20 Abs. 2 Satz 2 WEG n.F.) Der Antrag muss aber erneut in einer Eigentümerversammlung behandelt werden, damit die Wohnungseigentümer in Kenntnis der neuen Gesetzeslage ihr Ermessen ordnungsgemäß ausüben können. Geschieht dies nicht, scheitert der Antrag an mangelnder Vorbefassung.

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5. Anfechtungsklage mit einem Antrag gem. § 21 Abs. 8 WEG a.F.


Beispiel: Da seine DG-Wohnung feucht ist, beantragt Wohnungseigentümer A in der Eigentümerversammlung die Sanierung des Daches. Der Antrag wird abgelehnt. A ficht den Negativbeschluss an, verbunden mit einem Antrag, dass das Gericht an Stelle der Wohnungseigentümer über die zur Sanierung erforderlichen Maßnahmen entscheidet.

Nach bisheriger Rechtslage konnte das Gericht an Stelle der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entscheiden, wenn die Wohnungseigentümer eine erforderliche Maßnahme nicht beschlossen (§ 21 Abs. 8 WEG a.F.). Diese Befugnis wurde mit der Reform übernommen und ist zukünftig als Beschlussersetzungsklage in § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG n.F. geregelt.

Diese „Verschiebung“ der Norm vom materiell-rechtlichen Teil des WEG in den prozessualen Teil des WEG bedeutet für „Altverfahren“ nun ein Problem. Da für diese die Vorschriften des dritten Teils des WEG in der alten Fassung anzuwenden sind, findet § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG n.F. auf „Altverfahren“ keine Anwendung. Da andererseits - wie dargelegt - die materiell-rechtlichen Vorschriften in ihrer neuen Fassung anzuwenden sind, findet § 21 Abs. 8 WEG a.F. auf „Altverfahren“ keine Anwendung mehr. Damit fehlt es für diese „Altverfahren“ an einer Ermächtigungsgrundlage für eine solche Ermessenentscheidung.

Diese ist jedoch zwingend erforderlich, da dem Zivilrichter ohne eine entspr. Ermächtigungsnorm eine Ermessenentscheidung nicht möglich ist. Dies hat zur Folge, dass in „Altverfahren“ eine Beschlussersetzungsklage unzulässig ist. Da die Gesetzesbegründung zeigt, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit der Beschlussersetzung nahtlos in das neue Recht übernehmen wollte, läuft in „Altverfahren“ die Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG n.F. auf Beschlussersetzungsklagen dem Regelungsmotiv zuwider. Daher ist § 48 Abs. 5 WEG n.F. dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass er auf Beschlussersetzungsklagen keine Anwendung findet, sodass § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG n.F. auch in „Altverfahren“ Anwendung findet.

6. Anfechtungsklage des Verwalters


Die Möglichkeit des Verwalters, einen Beschluss aus eigenem Recht anzufechten (§ 46 Abs. 1 Satz 1 WEG a.F.), entfällt nach neuem Recht ersatzlos (§ 44 Abs. 1 WEG n.F.). Da dies im III. Teil des Wohnungseigentumsgesetz - WEG geregelt ist, findet diese Neuregelung auf „Altverfahren“ noch keine Anwendung, sodass sich für diese „Altverfahren“ nichts ändert.

7. Klage gegen den Verwalter auf Durchführung einer bestimmten Maßnahme


Nach bisheriger Rechtlage konnte ein einzelner Wohnungseigentümer den Verwalter auf Vornahme einer bestimmten Handlung, z. B. auf Erstellung eines Wirtschaftsplans, verklagen. Da nun die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Wohnungseigentümergemeinschaft obliegt (§ 18 Abs. 1 WEG n.F.), richtet sich der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf ordnungsgemäße Verwaltung jetzt gegen die Gemeinschaft (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F.). Da diese Neuregelung auch auf „Altverfahren“ Anwendung findet, ist der Verwalter nicht mehr passivlegitimiert und der Kläger muss in „Altverfahren“ seinen Klageantrag gem. § 263 ZPO umstellen und gegen die Gemeinschaft richten.

8. Gegenstandswert/Streitwert


Ebenfalls zum 01.12.2020 trat eine Änderung des Gerichtskostengesetzes in Kraft. § 49a GKG a.F., der die Berechnung des Gegenstandswertes für alle wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren regelte, wurde gestrichen (Art. 8 Nr. 3 WEMoG). Stattdessen wurde ein neuer § 49 GKG eingefügt, der die Berechnung des Gegenstandswertes für Beschlussklagen gem. § 44 Abs. 1 WEG n.F. regelt (Art. 8 Nr. 2 WEMoG). Für die Anwendung des § 49 GKG n.F. ist der Zeitpunkt der Festsetzung des Gegenstandswertes maßgebend. Gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG hat das Gericht den endgültigen Gegenstandswert nach Beendigung des Verfahrens festzusetzen. Endet das Verfahren nach dem 01.12.2020, berechnet sich der Gegenstandswert daher nach § 49 GKG n.F.

Fazit: Anwendbarkeit der Übergangsvorschriften bei der WEG-Reform 2020


  • Für alle am 01.12.2020 bei Gericht anhängigen Verfahren ist weiterhin das Prozessrecht des bisherigen WEG mit seinen Besonderheiten anzuwenden.
  • Soweit keiner der in § 48 Abs. 1-4 WEG n.F. geregelten Fälle greift, sind alle materiell-rechtlichen Neuregelungen des Wohnungseigentumsgesetzes mit dem 01.12.2020 in Kraft getreten und sind sofort anzuwenden.
  • Dies gilt nicht für Anfechtungsklagen. Ob ein Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung, entspricht, bestimmt sich - auch nach dem 01.12.2020 - nach der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung geltenden Rechtslage.
  • Endet das Verfahren nach dem 01.12.2020, berechnet sich der Gegenstandswert nach § 49 GKG n.F.

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