BIM Bauprojekte
Recht & Verwaltung10 Mai, 2022

BIM und seine Bedeutung für die anwaltliche Praxis

Im Zuge der Digitalisierung am Bau ist BIM ist seit mehreren Jahren in aller Munde und findet bei Bauprojekten in Deutschland immer mehr Anwendung. RA Dr. Andreas Bahner beantwortet die wichtigsten juristischen Fragen rund um die BIM-Methodik.

Herr Dr. Bahner, können Sie uns bitte kurz erläutern, was man sich unter BIM vorstellen muss?

BIM steht für Building Information Modeling und bezeichnet eine digitale Planungsmethodik, im Rahmen derer alle für das Projekt wesentlichen Informationen – von den konkreten Planunterlagen bis hin zu den einzelnen Produktdaten der eingesetzten Materialien – in einem Datenmodell hinterlegt sind. Dieses Modell wird im Zuge der Planung erstellt und kann, je nach Festlegung und Wunsch des Auftraggebers, sowohl während der Ausführung als auch später für den Betrieb des Objekts benutzt werden.

Und was sind die großen Vorteile bei Nutzung der BIM-Methodik bei einem Bauprojekt?

Die Idee ist, dass ein Gesamtdatenmodell erstellt wird, für das eine ganzheitliche und ausgereifte Planung erforderlich ist. Dadurch wird weitgehend vermieden, dass sich mögliche Planungsfehler erst im Zuge der Ausführung zeigen – weil sie im Vorfeld, bei der Koordination des Modells, schon aufgedeckt würden. Aus dieser enorm transparenten Vorgehensweise folgt daher im Ergebnis eine maximale Kosten- und auch Terminklarheit. Zudem kann ein Auftraggeber seine angedachten Eingriffe vorher visualisieren und deren Auswirkungen auf das Projekt, nicht zuletzt natürlich die Kosten und die Bauzeit, besser abschätzen. Nicht selten führt das dann dazu, dass von Anordnungen Abstand genommen wird, weil die Auswirkungen nicht in Kauf genommen werden wollen.

Gibt es schon konkrete Regelungen bei der Vergütung von BIM-Leistungen?

Konkrete Regelungen gibt es nicht. Spätestens seitdem der EuGH die Verbindlichkeit des Kostenrechts der HOAI gekippt hat, dürfte allerdings zumindest einmal Klarheit darüber bestehen, dass die Vergütung im Wesentlichen frei vereinbar ist – auch wenn das nach meiner Einschätzung schon vorher der Fall war, weil BIM-Leistungen seit jeher als „Besondere Leistungen“ im Sinne der HOAI anzusehen waren.

Was wären mögliche Vorschläge für eine praxisgerechte Vergütung?

Praxisgerecht erscheint mir entweder die Vereinbarung von Teilpauschalen für bestimmte BIM-Anwendungsfälle oder aber die Abrechnung auf Aufwandsbasis. Hier sind die Parteien in der Vereinbarung frei; ich bin überzeugt, dass sich für bestimmte Anwendungsfälle in der Zukunft eine konkrete Vergütungspraxis etablieren wird – müsste ich mich festlegen, würde ich davon ausgehen, dass derlei Leistungen regelmäßig pauschaliert werden dürften.

Welche Haftungsfragen sollte man unbedingt berücksichtigen?

Grundsätzlich einmal dieselben Haftungsfragen wie auch bei allen anderen Bauvorhaben, in denen BIM keine Rolle spielt: Planungsfehler können hier wie dort auftreten (wenn sie auch bei der Verwendung von BIM deutlich weniger gravierende Auswirkungen für die Ausführung haben werden); elementar ist es, etwaige Schnittstellen zwischen den einzelnen am Projekt Beteiligten transparent zu klären und die Koordination festzulegen – vor allem dann, wenn verschiedene (Fach-)Planer am Modell arbeiten. Einer, in der Regel der BIM-Gesamtkoordinator, muss den Hut aufhaben, sonst geht es schief.

Darüber hinaus treten aufgrund des Umstandes, dass es sich bei BIM um digitales Arbeiten handelt, zusätzliche Haftungsfragen dazu, etwa zu möglichen Fehlern in der verwendeten Software und/oder etwaigen Datenverlusten bei der Arbeit mit der Schnittstelle. Hierfür sollte jeder BIM-Vertrag Regelungen vorsehen.

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Gibt es beim BIM vergaberechtliche Risiken?

Vergaberechtliche Risiken gibt es immer – allerdings keine, die man nicht in den Griff bekommen könnte. Wichtig ist es für dem Vergaberecht unterworfene ausschreibende Stellen, das Gebot der Produktneutralität im Blick zu behalten, weshalb sich die Methode des „Open BIM“ (also ohne zwingende Vorgabe einer bestimmten Software) anbietet.

Auch ist es – jedenfalls solange die verschiedenen BIM-Pilotphasen noch laufen – bedeutsam, die Eignung der Bieter mit Augenmaß zu betrachten: natürlich müssen die Bieter ihre BIM-Ausbildung nachweisen; allerdings dürfte es zumindest derzeit noch regelmäßig unverhältnismäßig sein, erhebliche BIM-Referenzen abzuverlangen. Das wird sich ändern, wenn die BIM-Projekte zunehmen.

Und wie ist der Schutz von Know-how geregelt?

Auch zu dieser Frage gibt es verschiedene Diskussionen, etwa darüber, auf welche Weise das Modell geschützt werden kann. Das kann man nur im Einzelfall konkret beantworten – feststeht aber, dass eine Schutzfähigkeit in aller Regel anzunehmen ist. Das macht es für Planer, nicht zuletzt aber auch für die Bauherren elementar, vertragliche Regelungen zur Verwendbarkeit und Veränderbarkeit des Modells zu treffen. Ohnehin erachte ich (auch ohne BIM) die – tatsächlich manchmal fehlende – Klausel zum Urheberrecht in Planerverträgen für exorbitant wichtig.

Was glauben Sie, wie lange wird es noch dauern, bis BIM endgültig in Deutschland etabliert ist und auch aus juristischer Sicht alle Unklarheiten (Fragen) beseitigt sind?

Auf der technischen Ebene ist BIM längst da, und insbesondere auf ministerialer Ebene sind alle Türen offen. Das betrifft, weil auch die Bahn ein großer BIM-Player ist, insbesondere die Infrastrukturmaßnahmen, durchaus aber auch den Hochbau. Dass noch nicht alle für die Vertragsausführung zuständigen Stellen auf Bauherrenseite entsprechend ausgestattet sind, steht auf einem anderen Blatt, ist aber ebenfalls (spürbar) in Arbeit.

Es wird, da bin ich sicher, sehr zeitnah keine Kollegen im privaten Bau- und erst recht nicht im Architektenrecht geben, die größere Bauvorhaben beraten und um BIM herumkommen.

Herr Bahner, vielen Dank für das Gespräch.

Dr. Andreas Bahner Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Köln
Autor
Dr. Andreas Bahner

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Partner bei franz + partner rechtsanwälte, Köln

Bildnachweis: I Believe I Can Fly/stock.adobe.com
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