Wann wird denn dieses neue Konzept zur Pflicht und wann
müssen sich Unternehmen um eine technische Umsetzung kümmern?
Jetzt wird es etwas mühsam, das möchte ich Ihnen,
liebe Leser, jedoch nicht ersparen: Nachdem nun klar geworden ist, warum die
internationale Gemeinschaft (Mitglieder der Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)) unter der Führung der G20 diese
Initiative ins Leben gerufen hat, stellt sich die Frage, welche
Länder sich diesem Regelwerk verpflichtet haben und wie
eine nationale Umsetzung erfolgt.
Am 9./10ten Juli 2021 haben die Finanzminister der G20
das Grundkonzept beschlossen, am 13ten Oktober 2021 wurden bei einem Treffen in
Washington offene Details geklärt und ein Fahrplan für die Implementierung vereinbart
(BMF vom 7.01.22). Stand Dezember 2021 haben sich 137 Länder auf eine Umsetzung
geeinigt, darunter auch die USA und die Russische Föderation. Der ursprüngliche
Fahrplan sieht vor, dass beide Säulen bereits 2023 in Kraft treten. Wo stehen
wir also mit der konkreten Umsetzung in nationales Recht? Die Praxis der EU-Gesetzgebung
möchte ich an dieser Stelle nicht weiter vertiefen, im Zuge der Umsetzung der
Mustervorschrift der OECD vom 20.12.2021 wird es aller Voraussicht nach eine
EU-Richtlinie geben. EU-Richtlinien bedürfen der Umsetzung des Rahmenwerkes durch
die nationalen Parlamente in nationales Recht. Ein erster Richtlinienentwurf
wurde zwei Tage später, am 22.12.2021, von der EU-Kommission vorgelegt. Dieser
Entwurf orientierte sich sehr eng an den Model Rules der OECD. Bis heute gibt
es im Zuge mehrerer ECOFIN-Treffen keine finale Einigung auf die Richtlinie. Letztmalig
stand der Richtlinienentwurf für den 17.6.2022 auf der Tagesordnung, eine
Einigung gab es jedoch nicht. Gleichwohl ist die Deadline zur Umsetzung der GloBe
in nationales Recht der 31.12.2022. Andere Quellen gehen von einer Umsetzung in
2023 aus.
Wenn wir also von diesem Datum ausgehen, dann folgt
die geplante Erstanwendung in der EU (und in Deutschland) für alle nach dem
31.12.2023 beginnenden Wirtschaftsjahre (d.h. ab 01.01.2024 bzw. ab
Wirtschaftsjahr 2024/2025). Kleine Anmerkung: Bei Anwendung von nationalem
Recht sind auch nationale Gerichte nach nationalem Verfahrensrecht zuständig.
Da es sich jedoch um die Umsetzung von EU-Recht handelt ist die letzte Instanz
der Europäische Gerichtshof.
Im Folgenden werden wir sehen, dass in Bezug auf die
finale Datenlieferung an die lokalen Finanzämter einige Vorarbeiten notwendig
sein werden. Darüber hinaus werden große, multinationale Konzerne bereits im
Vorfeld Abschätzungen der möglichen Effekte liefern müssen. Zu den Vorbereitungen
zählen u.A. der Aufbau eines gesonderten Accountings, welches Informationen aus
dem Konzernabschluss, dem Tax-Accounting und anderen Quellen ergänzt und eine
technische Basis für die Berechnung der relevanten Größen darstellt. Richtlinien,
Arbeitsanweisungen sowie Prozesse müssen definiert und organisiert werden. Konzerne
müssen Entscheidungen treffen, welches IT-System genutzt wird und welche
Anpassungen vollzogen werden müssen. Mitarbeiter müssen überdies geschult
werden, implementierte Systeme müssen getestet werden. Sehr gut vergleichbar
sind diese Vorarbeiten mit der Einführung eines Konsolidierungssystems, die
technischen Fähigkeiten eines solchen Systems eignen sich gut auch für die
Abbildung von Pillar 2, vorausgesetzt, das Konsolidierungssystem ist ein echtes
Steuerungssystem und flexibel genug, die Anforderungen abzubilden.
Wenn wir nun all dies in Betracht ziehen, also die
geplante Timeline und die notwendigen Vorarbeiten, dann sollte mit einer
Projektierung im besten Fall bereits 2022, spätestens jedoch im ersten Halbjahr
2023 begonnen werden. Eine technische Implementierung dauert aller Erfahrung
nach zwischen drei und sechs Monaten, sodass Entscheidungen und Verträge bis
Ende Q2 2023 gefallen/geschlossen sein sollten. Wichtige Frage zum Schluss
dieses Abschnitts: Werden bisherige Steuergesetze ersetzt? Die Antwort ist
NEIN! Die Gesetze treten neben die bestehenden Steuergesetze. Die Steuerwelt
wird damit hoffentlich „gerechter“, sie wird jedoch auch ganz sicher komplexer.
Gehen wir weiter ins Detail und schauen uns an, wie die
Steuerberechnung prinzipiell funktioniert
Das Ziel der globalen Mindestbesteuerung ist es,
dass möglichst alle Gruppenmitglieder 15% Steuern bezahlen. So weit so gut. Das
Prinzip ist also einfach und nun kann man fragen, wie die „Gruppe“ definiert
wird, worauf die 15% erhoben werden und welche Gesellschaften in welchen
Ländern denn Steuern nachzahlen müssen, wenn die 15% nicht erreicht werden.
Wichtig im Zuge der Beantwortung ist die Sprache,
die gesprochen wird. Es ist eine „gemeinsame“ Sprache der „Konzernrechnungsleger“
und der „Steuererklärer“, wobei die Ausgangsbasis der Berechnung klar aus der
Konzernrechnungslegung kommt. Der zu betrachtende relevante Umsatz von 750
Millionen Euro ist der konsolidierte Konzernumsatz aus dem IFRS-Abschluss,
respektive HGB-Abschluss in Deutschland oder/und ggf. anderer nationaler
Rechnungslegungsstandards.
Im Schritt 1 sind die einzubeziehenden Unternehmenseinheiten
zu bestimmen. Das Prinzip kennen wir aus dem Konzernabschluss, hier ist jedoch
ein erweiterter Kreis gemeint. Die Einheiten umfassen alle vollkonsolidierten
Gesellschaften, hinzu kommen Gesellschaften, die wegen mangelnder
Wesentlichkeit nicht in den Konzernabschluss einbezogen sind und, ganz wichtig,
auch reine Betriebsstätten, wenn sie nicht Gesellschaften sind. Im Unterschied
zum Konzernabschluss wird die Betrachtung der ETR (Effektive Tax Rate) nach
Ländern organisiert. Der klassische Konzernabschluss betrachtet ggf.
Teilkonzerne und Segmente, die regionale Sicht findet sich oft im Management-Reporting.
In diesem Fall ist die Frage zu beantworten, ob Betriebsstätten dort auch
länderbezogen betrachtet werden oder als „quasi“-Gesellschaften umzugliedern
sind. Man kann also sagen, es wird ein „alternativer“, länderbezogener
Konsolidierungskreis definiert, im Falle eines ausreichend funktionalen
Konsolidierungssystems ist es naheliegend, dies auch im bestehenden System
abzubilden.
Im Schritt 2 werden, ganz vereinfachend gesagt, pro
Land alle angepassten, erfassten Steuern und alle Bemessungsgrundlagen (Maßgebliches
Nettoergebnis) der einzubeziehenden Unternehmen addiert und die Effektive
Steuerrate (ETR) berechnet (Steuer/Ergebnis=ETR). Liegt die ETR unter 15% muss
nachversteuert werden. So weit ist die Berechnung einfach. Jetzt kommts: Im
Falle einer Nachversteuerung (ETR<15%) wird pro Land ein Tarif von 15%-ETR
auf eine Bemessungsgrundlage in Höhe eines korrigierten maßgeblichen
Nettoergebnisses (Übergewinn) eines Landes angewendet, aus der sich dann die
sog. Top-up Tax ergibt.
Im Schritt 3 wird die Top-up Tax auf die Einheiten im
Verhältnis der maßgeblichen Nettoergebnisse verteilt.
Die Details zu den Bemessungsgrundlagen und
Korrekturen werden weiter unten erläutert.
Bei wem entsteht eine Steuerpflicht, also wer muss eine
Steuererklärung abgeben und Steuern zahlen.
Hierzu muss ich in aller Kürze zwei Prinzipien
erläutern: die sogenannte „Income Inclusion Rule“ (IIR) und die „Undertaxed
Profit Rule“ (UTPR). Im Zuge der IIR, die der Vorrangige Weg der Steuererhebung
in Deutschland sein wird, erfolgt die Steuererhebung bei der obersten
Muttergesellschaft (Ultimate Parent Entity=UPE). Werden die geforderten 15%
Mindeststeuer auf diesem Weg nicht erreicht, kann die UTPR angewendet werden,
nach der die Top-up Tax von den untergeordneten einzubeziehenden Einheiten
eingefordert werden.
Kommt die IIR bei der UPE zur Anwendung, muss, aller Voraussicht nach, eine gesonderte Steuererklärung abgegeben werden. Sämtliche einzubeziehenden Einheiten sind in dieser Erklärung zu inkludieren.
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