Vielfältige Ansätze bei der Verantwortlichkeit
Bei der ESG-Berichterstattung handelt es sich um weitaus mehr als ein Marketing-Tool oder um eine Compliance-Frage. Sie sollte vielmehr als Werttreiber gesehen werden, der in die Unternehmensstrategie integriert ist. Um dies zu erreichen, ist es wichtig, dass die Messbarkeit gewährleistet ist und klare Ziele und Kennzahlen zugrunde liegen. Unternehmen sollten sich daher folgende Fragen stellen: Inwieweit beeinflussen Umwelt-, Sozial- und Nachhaltigkeitsfaktoren direkt das Geschäftsmodell? Welches Marktpotenzial und welche Portfolioeffekte können genutzt werden? Wie kann ESG bewertet werden und wer ist für die Sammlung der erforderlichen Daten für das ESG-Reporting verantwortlich?
Aus diesen Überlegungen folgt die Frage, wer für die ESG-Berichterstattung zuständig ist. Die Umfrageergebnissen liefern keine einhellige Antwort, denn die organisatorische Verteilung der Verantwortlichkeit variiert erheblich. Es zeigt sich jedoch, dass die Bedeutung einer spezialisierten ESG-/Nachhaltigkeitsabteilung für etwa ein Fünftel der befragten Unternehmen relevant ist. Dies zeigt, dass viele Unternehmen inzwischen erkannt haben, dass sie eine spezialisierte Abteilung benötigen, um ihre ESG-Berichterstattung zu koordinieren und sicherzustellen, dass sie den Anforderungen entspricht. Derzeit haben 43% der befragten Unternehmen die ESG-Berichterstattung im Büro des CFO implementiert (einschließlich Abteilungen wie Controlling, Finanzen und Konzernbuchhaltung/-berichterstattung). 36% verankern ESG in anderen Abteilungen außerhalb einer spezialisierten Abteilung oder des Office of the CFO.
Die Studie verdeutlicht, dass die Verantwortlichkeit für die ESG-Berichterstattung nicht eindeutig einem bestimmten Fachbereich zugeordnet wird. Vielmehr wird sie von einer Vielzahl unterschiedlicher Abteilungen und Fachkräfte übernommen.
Vom gesetzlichen Erfordernis zur unternehmerischen Motivation
Kunden sowie Investoren berücksichtigen zunehmend ESG-Faktoren bei ihren Kauf- und Investitionsentscheidungen. Dies bedeutet, dass sie Unternehmen, die sich um Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung kümmern, als vorzugswürdig erachten und Unternehmen mit schlechter ESG-Performance hingegen ablehnen. Der Hintergrund für diese Entwicklung ist in der wachsenden gesellschaftlichen und politischen Forderung nach nachhaltigem und verantwortungsvollem Handeln zu sehen. Unternehmen mit guter ESG-Performance sind langfristig erfolgreicher und erzielen in aller Regel eine höhere finanzielle Rendite. Umgekehrt werden sich Unternehmen auch mit kritischen Fragen konfrontiert sehen, wenn Investoren und Kunden ESG-Faktoren bei ihren Entscheidungen berücksichtigen. Es ist sicherlich zu überlegen, ob Investoren sich in Unternehmen engagieren, die in Zukunft möglicherweise in eine Schieflage geraten könnten. Fraglich wird dies beispielsweise in Fällen von Vermögenswerten sein, die infolge Veränderungen in den Marktbedingungen ihren Wert oder ihre Rentabilität verlieren und sich dadurch als sogenannte stranded assets entpuppen. Als Faktor für die Wertminderung kann hier das steigende öffentliche Bewusstsein für den Klimawandel angeführt werden. Ein klassisches Beispiel ist der Verbrennungsmotor. Auch anzuführen wären etwa ungenutzte fossile Brennstoffreserven – wenn also große Mengen fossiler Brennstoffreserven ungenutzt bleiben, um Klimaziele zu erreichen, können die Unternehmen, die in die Förderung dieser Brennstoffe investiert haben, mit gestrandeten Vermögenswerten konfrontiert werden. Fraglich ist ebenfalls, ob große Abhängigkeiten von bestimmten Energiequellen bestehen, die nicht regenerativ sind. Darüber hinaus wird auch vermehrt Interesse an den Arbeitsbedingungen in den Unternehmen gezeigt, in die investiert wird. Diese Überlegungen zugrunde gelegt ist es nicht überraschend, dass die überwiegende Motivation von Unternehmen darin liegt, ihren Ruf bei bestehenden und potenziellen Kunden zu verbessern, wie BARCs Studie zeigt. Dies sowohl im Hinblick auf Kundenbindung als auch auf Neukundengewinnung.
Das Ansehen bei externen Stakeholdern ist jedoch nicht der einzige Katalysator des ESG-Reportings bei Unternehmen. So haben auch die eigene Mitarbeiterbindung sowie das Einhalten von Vorschriften einen hohen Stellenwert. Mitarbeiter sind zunehmend daran interessiert, für Unternehmen zu arbeiten, die sich um Umwelt- und Sozialfragen kümmern und nachhaltige Geschäftspraktiken anwenden.
Die Vielzahl der Herausforderungen bringt Unternehmen in Bewegung
Aus den Berichtspflichten folgt die Analyse einer umfassenden Datengranularität, die für die meisten Unternehmen einen erheblichen Umsetzungsaufwand nach sich zieht. Infolge mangelnder Datenqualität und Datenzuverlässigkeit erweist sich als größte Hürde für Unternehmen, genaue und verlässliche Daten zu sammeln und zu analysieren, um ESG-Leistungen effektiv zu messen und berichten zu können. Daneben besteht bei vielen Unternehmen durch die Existenz zu vieler Datenquellen eine Herausforderung. Die Unternehmen müssen Daten aus den verschiedensten Quellen vereinen, um ein vollständiges Bild ihrer ESG-Leistungen zu erhalten, was zu einer komplexen und zeitaufwändigen Datensammlung führt. Schließlich bedingen auch Ressourcenmangel und die Menge der manuell zu erledigenden Aufgaben einen beachtlichen Arbeitsanfall, wie sich aus der Studie ergibt.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist es für Unternehmen wichtig, effiziente Prozesse und Systeme zur Datensammlung und -analyse zu etablieren und mögliche Automatisierungspotenziale zu nutzen.
Reporting-Standards und Rahmenbedingungen in der Unternehmenspraxis
An dieser Stelle gilt es zunächst, Begrifflichkeiten zu klären, wobei insbesondere Standards von Rahmenwerken abzugrenzen sind. Bei beiden handelt es sich um Leitlinien, die in der Nachhaltigkeitsberichterstattung verwendet werden können. Ein Standard ist eine spezifische Leitlinie, die eine Organisation befolgen muss, um sicherzustellen, dass ihre Berichte bestimmte Kriterien erfüllen und vergleichbar sind. Ein Standard legt spezifische und detaillierte Anforderungen fest, also konkret was für jedes ESG-relevante Thema berichtet werden sollte.
Im Gegensatz dazu geben Rahmenwerke allgemein gehaltene Richtlinien vor, wie Informationen strukturiert und welche Themen abgedeckt werden sollten.
Auch ist klarzustellen, dass genutzte Standards bzw. Rahmenwerke nicht in einem Exklusivverhältnis zueinanderstehen, sondern nebeneinander existieren und von Unternehmen in Kombination genutzt werden können. Allerdings können sich Unternehmen dazu entscheiden, einen bestimmten Standard als Grundlage für ihre Berichterstattung zu wählen, um die Vergleichbarkeit mit anderen Unternehmen zu erleichtern und die Akzeptanz bei ihren Stakeholdern zu erhöhen.
Zu den bekanntesten Standards, die für das ESG-Reporting genutzt werden, zählen die GRI, SASB sowie die jüngste in der Reihe, die ESRS, welche der CSRD zugrunde liegen. Letztere werden – wie die Ergebnisse der Studie zeigen – bereits von der überwiegenden Mehrheit der befragten Unternehmen für ihr ESG Reporting genutzt. Die European Sustainability Reporting Standards werden von 39% der befragten Unternehmen verwendet. Hintergrund ist, dass öffentliche Unternehmen in der Europäischen Union derzeit verpflichtet sind, die Anforderungen des Vorläufers des CSRD zu erfüllen. Allerdings ist festzuhalten, dass diese Anforderungen nicht den Gesamtbedürfnissen der Stakeholder entsprechen und Unternehmen gemäß der Richtlinie auch global anerkannte ESG-Standards wie die GRI-Standards nutzen. Die der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) zugrundeliegenden ESRS stimmen eng mit dem Ansatz und dem Umfang der GRI überein. Der Übergang der 24% der europäischen Unternehmen, die aktuell die GRI nutzen, wird unproblematisch und nicht ressourcenintensiv sein. Bei den GRI-Standards (Global Reporting Initiative) handelt es sich um die weltweit am häufigsten eingesetzten Standards im Rahmen des ESG-Reportings. Aus der Studie folgt eine Nutzung durch 28% der befragten Unternehmen, welche diese sowohl universellen als auch themenspezifischen Standards wie Umwelt- und Sozialstandards anwenden. Die Global Reporting Initiative wurde indessen bereits 1997 ins Leben gerufen. Dies ist noch heute ein wesentlicher Faktor für ihre Popularität. Schließlich ist auch die Nutzung der IFRS (International Financial Reporting Standards) mit 26% zu beachten.
Als nennenswertes Rahmenwerk ist die TCFD (Task Force on Climate-Related Financial Disclosures) anzuführen, die als solches Rahmenwerk laut der Studie am häufigsten verwendet wird, jedoch insgesamt nur von 8% der befragten Unternehmen genutzt wird.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht nur aus gesetzlicher Verpflichtung folgt, sondern auch ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenskommunikation und des Stakeholder-Engagements ist. Die Verwendung von Standards und Rahmenwerken ist unerlässlich, um eine konsistente und vergleichbare Berichterstattung zu gewährleisten. Unternehmen sind nicht auf einen bestimmten Standard beschränkt, sondern können verschiedene Standards und Rahmenwerke kombinieren. Es ist wichtig, dass Unternehmen die Bedürfnisse ihrer Stakeholder berücksichtigen und einen transparenten und aussagekräftigen Bericht erstellen, um das Vertrauen in ihre Nachhaltigkeitsstrategie und -leistung zu stärken.
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