Redaktion eGovPraxis
War ein rückwirkender Widerruf und damit die Rückforderung von in Form eines Persönlichen Budgets bewilligten Eingliederungsleistungen über 32 Monate rechtmäßig? Der Leistungsempfänger hatte die zweckentsprechende Verwendung der Mittel nicht nachgewiesen. Als Grundlage für den Widerruf hatte das beklagte Sozialamt § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X herangezogen, nachdem es die Zielvereinbarung gekündigt hatte.
Der Fall
Dem behinderten Kläger, der im Haushalt seiner Eltern lebte, wurde vom beklagten Träger der Eingliederungshilfe ein Persönliches Budget bewilligt. In der dazu geschlossenen Zielvereinbarung hat sich der Kläger verpflichtet, diese Mittel zur Deckung des genannten Bedarfes zu verwenden sowie diesen sicherzustellen. Die zweckentsprechende Verwendung der Mittel sollte Mittels Abrechnungen nachgewiesen werden. Trotz mehrfacher Aufforderung des Beklagten wurden keine ausreichenden Belege vorgelegt, sodass die Zielvereinbarung gekündigt und das bewilligte Persönliche Budget rückwirkend zurückgefordert wurde.
Die Entscheidung
Das BSG hob die vorhergehenden Entscheidungen des SG und des LSG auf, die den Widerruf als rechtmäßig betrachtet hatten. Es führt aus, dass Leistungen der Eingliederungshilfe, die rechtmäßig begünstigend in Form eines Persönlichen Budgets bewilligt worden sind, nicht nach § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden dürfen.
"Die Vorschrift lässt den Widerruf für die Vergangenheit nur für Leistungen zu, deren Zweck im Verwaltungsakt oder in einbezogenen untergesetzlichen Regelungen bestimmt ist."
Das Persönliche Budget als Leistungsform ist aber an die gesetzlichen Voraussetzungen der Leistungen zur Teilhabe gebunden. Der Verwaltungsakt selbst kann keine originäre Zweckbestimmung oder daraus resultierende Verhaltenspflichten begründen. Er kann nur den gesetzlichen Anspruchsinhalt präzisieren und konkretisieren.
Fazit
"Die Verantwortung für die Erreichung der Eingliederungsziele kann nicht durch Bewilligung eines Persönlichen Budgets und den Abschluss einer Zielvereinbarung auf den Leistungsempfänger verlagert werden", so das BSG.
Es schied in diesem Falle auch eine Umdeutung des Widerrufes in eine Aufhebung nach § 48 SGB X oder eine Rücknahme nach § 45 SGB X aus.
Quelle: Terminbericht des BSG zur Entscheidung vom 11.08.2022 - B 8 SO 3/21 R
Anmerkung der Redaktion: Lesen Sie vertiefend hierzu die Ausführungen unseres Autors Herr Prof. Dr. Müller-Grune in Widerruf bei Zweckverfehlung (§ 47 Abs. 2 SGB X).