Was den privaten Auftraggeber freut, kann für die öffentliche Hand schnell zum Problem werden: Angebote werden eingeholt und das preisgünstigste Angebot liegt deutlich unterhalb dessen, was der Auftraggeber erwartet hat. Darf der Auftraggeber sich freuen und den Zuschlag erteilen, auch wenn er sich nicht recht erklären kann, wie ein solch niedriger Preis möglich ist?
RA Henning Feldmann
Öffentliche Auftraggeber dürfen sich bei Angeboten mit verdächtig niedrigen Preisen nicht einfach über den niedrigen Preis und die tolle Gelegenheit freuen und dieses Angebot bezuschlagen. § 60 Abs. 1 VgV und § 44 Abs. 1 UVgO verpflichten den Auftraggeber vielmehr dazu, vom Bieter Aufklärung über dessen Preise zu verlangen, wenn die angebotenen Preise im Verhältnis zu der ausgeschriebenen Leistung unangemessen niedrig erscheinen.
Die VOB/A und die VOB/A-EU in § 16d sowie § 54 SektVO und § 33 VSVgV enthalten ähnliche oder gleichlautende Vorschriften. Das Vergaberecht schützt den Auftraggeber an dieser Stelle vor sich selbst.
In erster Linie liegt der Sinn und Zweck der Verpflichtung, unangemessen niedrig erscheinende Preise zu überprüfen, darin, den Auftraggeber davor zu schützen, dass der Auftragnehmer sich „übernimmt“, dass er wegen eines Unterkostenangebots in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und die Leistung nicht vertragskonform erbringen kann und später ausfällt. Denn dies hat in den meisten Fällen schwerwiegende Folgen: Aufträge müssen rückabgewickelt werden, Aufträge müssen neu vergeben werden und in der Zwischenzeit passiert nichts.
Vereinfacht gesagt: der Auftraggeber soll davor geschützt werden, dass das Sprichwort „Wer billig kauft, kauft doppelt“ bei seiner Beschaffung zur Realität wird.
Hat der öffentliche Auftraggeber also den Eindruck, dass der Preis eines Angebots ungewöhnlich niedrig sind und stellt er sich die Frage, ob der Bieter den ausgeschriebenen Auftrag zu diesem Preis überhaupt ausführen kann, verbietet ihm das Vergaberecht die Zuschlagserteilung und gibt ihm stattdessen vor, vom Bieter Aufklärung zu verlangen (sogenannte Preisangemessenheitsprüfung).
Maßstab ist immer das Verhältnis des Preises bzw. der Kosten eines Angebots zu der zu erbringenden Leistung. Ein ungewöhnlich niedriger Preis liegt vor, wenn er in „offenbarem Missverhältnis zur Leistung“ steht. Hierfür kommt es auf den Gesamtpreis an. Der Auftraggeber hat bei der Einschätzung des Preises einen Entscheidungs- und Beurteilungsspielraum, d.h. er kann - in gewissen Grenzen - frei entscheiden, ob ein angebotener Preis ihm ungewöhnlich niedrig erscheint oder nicht, solange er seine Entscheidung sachlich begründet und dies dokumentiert.
Auch wenn (mitunter auch deutliche) Preisabstände in einem Vergabewettbewerb immanent sind (VK Bund, Beschluss vom 20. Januar 2022, VK 2 – 135 / 21), so kann vor allem ein Vergleich mit Angebotssummen der anderen Bieter zur Annahme eines ungewöhnlich niedrigen Preises führen. Die Rechtsprechung hat diesbezüglich bestimmte Aufgreifschwellen entwickelt: so ist der Auftraggeber etwa nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf in der Regel zur Durchführung einer Preisangemessenheitsprüfung verpflichtet, wenn das Angebot einen Abstand von mindestens 20 % zum nächsthöheren Angebot hat. Teilweise sehen die Landesvergabegesetze auch gesondert vor, dass ab einem Preisabstand von 20 % eine Preisangemessenheitsprüfung zu erfolgen hat (etwa § 14 Abs.2 Thüringer Vergabegesetz oder § 14 Abs. 2 des Tariftreue- und Vergabegesetzes Bremen).
Allerdings ist diese Aufgreifschwelle von 20 % (abgesehen von landesrechtlichen Vorschriften) nicht „in Stein gemeißelt“ und es ist auch nicht verboten, unterhalb der Aufgreifschwelle von 20 % einen Preis aufzuklären. Der Anschein eines ungewöhnlich niedrigen Preises kann sich vielmehr auch aus der deutlichen Unterschreitung einer vorherigen Auftragswertschätzung oder aus Erfahrungswerten des Auftraggebers mit wettbewerblicher Preisbildung aus anderen Ausschreibungen ergeben. Wie so oft kommt es auf den Einzelfall an.
RA Henning Feldmann
Öffentliche Auftraggeber dürfen sich bei Angeboten mit verdächtig niedrigen Preisen nicht einfach über den niedrigen Preis und die tolle Gelegenheit freuen und dieses Angebot bezuschlagen. § 60 Abs. 1 VgV und § 44 Abs. 1 UVgO verpflichten den Auftraggeber vielmehr dazu, vom Bieter Aufklärung über dessen Preise zu verlangen, wenn die angebotenen Preise im Verhältnis zu der ausgeschriebenen Leistung unangemessen niedrig erscheinen.
Die VOB/A und die VOB/A-EU in § 16d sowie § 54 SektVO und § 33 VSVgV enthalten ähnliche oder gleichlautende Vorschriften. Das Vergaberecht schützt den Auftraggeber an dieser Stelle vor sich selbst.
In erster Linie liegt der Sinn und Zweck der Verpflichtung, unangemessen niedrig erscheinende Preise zu überprüfen, darin, den Auftraggeber davor zu schützen, dass der Auftragnehmer sich „übernimmt“, dass er wegen eines Unterkostenangebots in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und die Leistung nicht vertragskonform erbringen kann und später ausfällt. Denn dies hat in den meisten Fällen schwerwiegende Folgen: Aufträge müssen rückabgewickelt werden, Aufträge müssen neu vergeben werden und in der Zwischenzeit passiert nichts.
Vereinfacht gesagt: der Auftraggeber soll davor geschützt werden, dass das Sprichwort „Wer billig kauft, kauft doppelt“ bei seiner Beschaffung zur Realität wird.
Hat der öffentliche Auftraggeber also den Eindruck, dass der Preis eines Angebots ungewöhnlich niedrig sind und stellt er sich die Frage, ob der Bieter den ausgeschriebenen Auftrag zu diesem Preis überhaupt ausführen kann, verbietet ihm das Vergaberecht die Zuschlagserteilung und gibt ihm stattdessen vor, vom Bieter Aufklärung zu verlangen (sogenannte Preisangemessenheitsprüfung).
Wann erscheint ein Angebot ungewöhnlich niedrig?
Das Vergaberecht spricht davon, dass ein Angebot ungewöhnlich niedrig erscheint, nicht davon, dass es ungewöhnlich niedrig ist. Denn zu Beginn weiß der Auftraggeber ja noch nicht, ob ein angebotener Preis tatsächlich ungewöhnlich niedrig ist, sondern er hat nur ein entsprechendes Störgefühl, das der Start in die Preisangemessenheitsprüfung ist. Aber woraus kann sich der Anschein eines ungewöhnlich niedrigen Preises ergeben oder anders gefragt: Wann sollte oder muss der Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts ein Störgefühl haben und eine Preisangemessenheitsprüfung durchführen?Maßstab ist immer das Verhältnis des Preises bzw. der Kosten eines Angebots zu der zu erbringenden Leistung. Ein ungewöhnlich niedriger Preis liegt vor, wenn er in „offenbarem Missverhältnis zur Leistung“ steht. Hierfür kommt es auf den Gesamtpreis an. Der Auftraggeber hat bei der Einschätzung des Preises einen Entscheidungs- und Beurteilungsspielraum, d.h. er kann - in gewissen Grenzen - frei entscheiden, ob ein angebotener Preis ihm ungewöhnlich niedrig erscheint oder nicht, solange er seine Entscheidung sachlich begründet und dies dokumentiert.
Auch wenn (mitunter auch deutliche) Preisabstände in einem Vergabewettbewerb immanent sind (VK Bund, Beschluss vom 20. Januar 2022, VK 2 – 135 / 21), so kann vor allem ein Vergleich mit Angebotssummen der anderen Bieter zur Annahme eines ungewöhnlich niedrigen Preises führen. Die Rechtsprechung hat diesbezüglich bestimmte Aufgreifschwellen entwickelt: so ist der Auftraggeber etwa nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf in der Regel zur Durchführung einer Preisangemessenheitsprüfung verpflichtet, wenn das Angebot einen Abstand von mindestens 20 % zum nächsthöheren Angebot hat. Teilweise sehen die Landesvergabegesetze auch gesondert vor, dass ab einem Preisabstand von 20 % eine Preisangemessenheitsprüfung zu erfolgen hat (etwa § 14 Abs.2 Thüringer Vergabegesetz oder § 14 Abs. 2 des Tariftreue- und Vergabegesetzes Bremen).
Allerdings ist diese Aufgreifschwelle von 20 % (abgesehen von landesrechtlichen Vorschriften) nicht „in Stein gemeißelt“ und es ist auch nicht verboten, unterhalb der Aufgreifschwelle von 20 % einen Preis aufzuklären. Der Anschein eines ungewöhnlich niedrigen Preises kann sich vielmehr auch aus der deutlichen Unterschreitung einer vorherigen Auftragswertschätzung oder aus Erfahrungswerten des Auftraggebers mit wettbewerblicher Preisbildung aus anderen Ausschreibungen ergeben. Wie so oft kommt es auf den Einzelfall an.