Redaktion eGovPraxis Sozialhilfe
Erhalten Krankenhäuser Leistungen als Nothelfer für einen nicht aufenthaltsberechtigten Ausländer erstattet, wenn die Behandlung außerhalb der Dienstzeiten des Sozialhilfeträgers stattgefunden und ein Eilfall vorgelegen hat?
Der Fall
Die Klägerin betreibt das Universitätsklinikum im Stadtgebiet der Beklagten. An einem Freitag nach Dienstschluss wurde in der dortigen Notaufnahme ein Patient wegen Verdachts auf einen Herzinfarkt behandelt. Eine stationäre Aufnahme erfolgte nicht. Der Patient ist polnischer Staatsangehöriger; er verfügte nicht über Einkommen und Vermögen, sondern bestritt seinen Lebensunterhalt mit Betteln. Er war zu keinem Zeitpunkt in der Bundesrepublik Deutschland gemeldet und ist im Ausländerzentralregister nicht erfasst. Er war seit 2012 mehrfach bei der Klägerin behandelt worden; eine Krankenversicherung bestand weder in Polen noch in Deutschland.
Die Entscheidung
Das BSG gewährte - wie auch das SG und das LSG - dem Krankenhaus den Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen als Nothelfer für die ambulante Behandlung des Patienten. Bei Verdacht auf einen Herzinfarkt lag ein Eilfall vor, der eine sofortige medizinische Hilfe notwendig machte. Eine Dienstbereitschaft der Beklagten bestand zum Zeitpunkt der Behandlung nicht. Der Patient hätte bei Kenntnis der akuten Behandlungsbedürftigkeit auch Anspruch auf Sozialhilfe, nämlich einen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach dem Fünften Kapitel des SGB XII, gehabt.
Fazit
- Grundsätzlich ist der Anspruch eines Ausländers auf Sozialhilfe eingeschränkt.
- Ausländer, die als freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger nicht über ein materielles Aufenthaltsrecht verfügen, sind von Sozialleistungen im Grundsatz vollständig ausgeschlossen und können nur Überbrückungsleistungen erhalten.
- Auch Überbrückungsleistungen sind Sozialhilfeleistungen.
- Voraussetzung der Gewährung von Überbrückungsleistungen zur Krankenbehandlung sind die Hilfebedürftigkeit und das Fehlen eines Krankenversicherungsschutzes.
- Ein Ausreisewille ist nicht erforderlich.
Quelle: Terminbericht zum Urteil des BSG vom 13.07.2023 - B 8 SO 11/22 R
Anmerkung der Redaktion
Zu den Überbrückungsleistungen lesen Sie gerne auch vertiefend die Ausführungen unserer Autorin, Frau Rodopi Panidou, in der eGovPraxis Sozialhilfe: