Redaktion Wolters Kluwer Online
Sachverhalt
Die Antragstellerin ist eine Stadtmedizinaldirektorin in Nordrhein-Westfalen und wendet sich gegen die ablehnende Entscheidung in einem Auswahlverfahren über die Fachbereichsleitung in einem Gesundheitsamt.
Das Verwaltungsgericht hat ihren Antrag abgelehnt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu untersagen, die ausgeschriebene Stelle "Fachbereichsleiter*in" beim Gesundheitsamt der Antragsgegnerin mit einer Mitbewerberin/ einem Mitbewerber zu besetzen, bis über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.
Entscheidung
Das OVG Nordrhein-Westfalen hat in der vorliegenden Entscheidung vom 06.04.2022 – 6 B 334/22 – zu den Anforderungen an ein Auswahlverfahren mit einem inhomogenen Bewerberfeld Stellung genommen und die Beschwerde zurückgewiesen.
Ein Anspruch der Antragstellerin auf Beförderung bestehe nicht.
Die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Auswahl unter den Bewerbern für die Stelle unter Zuhilfenahme eines strukturierten Auswahlgesprächs zu treffen, sei nicht zu beanstanden. Es liege hier an der Besonderheit des konkreten Auswahlverfahrens mit inhomogenem Bewerberfeld, dass Auswahlgespräche und nicht schriftliche Leistungseinschätzungen maßgeblich für die Auswahlentscheidung gewesen seien.
Bei einem inhomogenen Bewerberfeld, in dem die Kandidaten teils über dienstliche Beurteilungen, teils über - vom Wohlwollensgrundsatz geprägte - Arbeitszeugnisse verfügten, müsse der Dienstherr ernsthaft prüfen, ob und inwieweit auf der Grundlage dieser Leistungseinschätzungen ein tauglicher Qualifikationsvergleich angestellt werden könne. Wenn dies nicht möglich sei und es daher keine verlässliche Grundlage für einen Leistungsvergleich gebe, so kämen andere geeignete Erkenntnismittel in Betracht. Zu diesen gehörten auch und gerade strukturierte Auswahlgespräche. Dies sei hier der Fall gewesen.
Im konkreten Fall seien daher ausnahmsweise Auswahlgespräche angezeigt gewesen. Deshalb komme es auf die von der Antragstellerin angeführte, grundsätzlich anzunehmende besondere Bedeutung dienstlicher Beurteilungen für Auswahlentscheidungen, ebenso wenig an wie auf die von ihr vermisste Gewichtung der Beurteilungsnote.
Das Verwaltungsgericht habe zu Recht angenommen, dass auch unter Zugrundelegung einer rechtswidrigen Beurteilung der Antragstellerin eine erneute – bessere - Beurteilung zu keinem anderen Auswahlergebnis führen würde. Eine solche Beurteilung könne sich im Verhältnis weder zu dem nach dem Auswahlgespräch zweitplatzierten externen Mitbewerber noch zu dem dienstlich beurteilten Beigeladenen zu Gunsten der Antragstellerin auswirken.
Praktische Bedeutung
Mit der vorliegenden Entscheidung hat das OVG Nordrhein-Westfalen die Maßstäbe für eine Auswahlentscheidung bei einem inhomogenen Bewerberfeld geklärt. Nach Auffassung des OVG ist der Versuch, die Auswahlentscheidung auf der Grundlage schriftlicher Leistungseinschätzungen zu ermöglichen, grundsätzlich auch dann erforderlich, wenn Tarifbeschäftigte oder wie hier außerhalb des öffentlichen Dienstes Beschäftigte zum Bewerberfeld gehören. Aussagekräftige Leistungseinschätzungen sind nach Worten des OVG insbesondere qualifizierte Arbeitszeugnisse, die mit den dienstlichen Beurteilungen der Konkurrenten nach Art, Inhalt und betrachtetem Zeitraum vergleichbar sind. Bei einem inhomogenen Bewerberfeld wie hier im Fall können jedoch strukturierte Auswahlgespräche als geeignete Erkenntnismittel in Betracht kommen.