Das Urteil
Das OLG München hat wie folgt entschieden (Urteil vom 09.06.2022 – 20 U 8299/21 Bau):
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Ein Verbraucherbauvertrag liegt nicht vor, wenn die Bauleistungen als Einzelgewerke vergeben werden.
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Der Auftraggeber ist nicht zur Stellung einer Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB verpflichtet, wenn der Auftragnehmer die Leistung endgültig verweigert und sich damit grob vertragswidrig verhält.
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Ein Verzug des Auftragnehmers mit der Leistungserbringung steht seinem Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB nicht entgegen.
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Eine befristete Bürgschaft ist keine taugliche Bauhandwerkersicherheit.
Das OLG München stellt fest, dass der AN den Vertrag wirksam nach § 650f Abs. 5 BGB gekündigt hat.
1. Kein Verbraucherbauvertrag
Das OLG München setzt sich zunächst mit der Frage auseinander, ob bei der Beauftragung von Einzelgewerken ein Verbraucherbauvertrag im Sinne von § 650i BGB vorliegt. Hierzu stellt es sich auf den Standpunkt, dass unter Berücksichtigung europarechtlicher Gesichtspunkte sowie der Gesetzesbegründung von § 650i BGB der Begriff Bau „eines neuen Gebäudes“ eng auszulegen ist. In diesem Zusammenhang weist das OLG München darauf hin, dass eine weite Auslegung des Anwendungsbereichs der §§ 650i ff. BGB zwar den Verbraucherschutz nach diesen Vorschriften ausweiten würde; gleichzeitig würde hierdurch jedoch der Anwendungsbereich des Verbraucherschutzes nach den §§ 312 ff. BGB verengt.
2. Kein treuwidriges Sicherungsverlangen
Das OLG München stellt unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 31.03.2005 – VII ZR 346/03, dort Ziffer I. 2. c) zunächst fest, dass der Auftraggeber nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht zur Stellung einer Bauhandwerkersicherung verpflichtet ist, wenn der Unternehmer seinerseits die Leistung endgültig verweigert und sich damit grob vertragswidrig verhält. Eine solche endgültige Leistungsverweigerung kann das OLG München allerdings nicht feststellen.
Die Tatsache, dass der AN die Leistungen aufgrund der Meinungsverschiedenheiten mit dem AG über die richtige Ausführungsart vorübergehend eingestellt hat, wertet das OLG München zumindest nicht als grob vertragswidriges Verhalten. Hierbei ist nach Auffassung des Gerichts zu berücksichtigen, dass der AN zunächst auf die aus seiner Sicht sinnvolle und notwendige Kooperation des AG gewartet hatte.
Selbst wenn der AN durch sein Verhalten in Verzug mit der Erbringung seiner Leistung geraten sein sollte, steht dies seinem Anspruch auf Stellung einer Sicherheit nach § 650f BGB nicht entgegen. Denn auch in einem solchen Fall besteht die für ihn risikoreiche Vorleistungspflicht. Ob dies ausnahmsweise anders zu bewerten ist, wenn ein „erheblicher Verzug“ vorliegt, lässt das OLG München offen. Einen solchen erheblichen Verzug kann das Gericht nicht feststellen.
Auch das Vorliegen von etwaigen Mängeln rechtfertigt es nach Auffassung des OLG München nicht, dem Unternehmer die Stellung einer Sicherheit zu verweigern.
3. Befristete Bürgschaft ist keine taugliche Sicherheit
Das OLG München stellt schließlich fest, dass die vom AG vorgelegte Bürgschaft kein taugliches Sicherungsmittel ist. Die Befristung einer Bürgschaft macht diese für die Sicherungszwecke des Unternehmers untauglich. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich im Zuge der Bauausführung unvorhergesehene Verzögerungen ergeben können. Gleiches gilt für die Durchführung der Abnahme, die Voraussetzung für die Fälligkeit des Werklohnanspruchs ist. Vor diesem Hintergrund stellt das Gericht fest, dass ein Unternehmer durch eine auf 5 Monate befristete Bürgschaft nicht hinreichend geschützt wird.
Aufgrund der Tatsache, dass der AG dem AN nicht innerhalb der gesetzten angemessenen Frist eine taugliche Sicherheit gestellt hat, konnte der AN den Vertrag wirksam kündigen.
Die vom AG seinerseits ausgesprochene Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 648a BGB ging damit ins Leere.