OVG NRW klärt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit und den Umfang von Nebentätigkeiten für Beamte
Recht & Verwaltung20 April, 2022

Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Nebentätigkeiten für Beamte

Redaktion eGovPraxis Personal

Sachverhalt 

Der Kläger ist Polizeibeamter im Rang eines Kriminalhauptkommissars in Nordrhein-Westfalen. Er übte die Nebentätigkeit als allgemein beeidigter Dolmetscher und ermächtigter Übersetzer für die englische und italienische Sprache aus. Mit mehreren Bescheiden erteilte der Beklagte dem Kläger die Genehmigung zur Ausübung einer Dolmetschernebentätigkeit für das Polizeipräsidium, dem der Kläger zugeordnet ist.

Erteilung der Genehmigung im Jahr 1997

Mitte November 1997 erteilte der Beklagte dem Kläger auf dessen Mitteilung hin die entsprechende Genehmigung, seine Dolmetschertätigkeit auch auf private Auftraggeber auszudehnen, welche noch mehrmals bis März 2011 verlängert wurde. In diesem Zusammenhang wurde der Kläger darauf hingewiesen, dem Beklagten eine jährliche Aufstellung seiner Einkünfte zu übermitteln, wenn ein Betrag von 1.200,-€ überschritten werde. Die Höchstgrenze der Nebeneinkünfte dürfe den Betrag von 6.600,-€ nicht übersteigen und höhere Beträge seien abzuführen.

Wegfall der Genehmigung im Jahr 2011 und Neubeantragung erst 2015

Seit dem Frühjahr 2011 übte der Kläger die Nebentätigkeit ohne Genehmigung aus.

Im Mai 2015 beantragte er die Verlängerung der bis zum Frühjahr 2011 erteilten Genehmigung. Der Beklagte erteilte daraufhin eine Genehmigung bis Ende Juni 2018 und wies darauf hin, dass der Kläger eine jährliche Aufstellung der Nebeneinnahmen vorzulegen habe. Der Kläger legte dem Beklagten mehrere Aufstellungen bzw. als Einnahmen-Überschuss-Rechnung deklarierte Schreiben für die Jahre 2007 bis 2015 vor. Diese wiesen zum Teil Vergütungsbeträge auf, die über der Grenze von 6.000,-€ lagen. Im September 2016 beantragte der Kläger die Freistellung von der Abführungspflicht, da er praktisch, wie ein Sprachsachverständiger für Staatsanwaltschaften und Gerichte auftrete.

Überschreitung der Grenze von 6000,-€

Der Beklagte wies darauf hin, dass Nebeneinkünfte gemäß § 13 Abs. 2 NtV in der Summe die Höhe von 6.000,-€ nicht übersteigen dürften, da sie ansonsten in Höhe des die Grenze übersteigenden Betrags an den Dienstherrn abgeführt werden müssten. Der Beklagte forderte vom Kläger die Abführung der die Grenze übersteigenden Beträge, weil sie als Nebentätigkeiten anzusehen seien.

Hiergegen hat der Kläger mit der Begründung Klage erhoben, dass seine Tätigkeit als Dolmetscher derjenigen als Sprachsachverständiger gleichzusetzen sei.

Die Einkünfte aus seiner Nebentätigkeit unterfielen dem Schutz des Vermögens gemäß Art. 14 GG. Diese Einschränkung könne nicht durch die entsprechende Bestimmung einer Rechtsverordnung vorgenommen werden. Der Grundsatz des Verbots der Doppelalimentation greife im vorliegenden Fall ebenso wenig durch wie die Vermeidung des Überhandnehmens von Nebenbeschäftigungen. Darüber hinaus müssten sich Abführungsbeträge am tatsächlichen Gewinn und nicht an den Bruttoeinnahmen orientieren.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage in der Vorinstanz stattgegeben, da die entsprechende Rechtsgrundlage des § 13 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 NtV letztlich als verfassungswidrig anzusehen sei. In der Bestimmung liege eine unverhältnismäßige Einschränkung der Berufsfreiheit aufgrund der starren Obergrenze für die Abführungspflicht von 6.000,-€. Ebenso liege in der Nichtgleichsetzung von Dolmetschern und Übersetzern mit Sachverständigen für Gerichte und Staatsanwaltschaften eine verfassungsrechtlich nicht gedeckte Ungleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, da die beiden Tätigkeiten durchaus miteinander vergleichbar seien.

Entscheidung

Das OVG Nordrhein-Westfalen hat mit der vorliegenden Entscheidung vom 25.08.2021 – 6 A 1659/19 – zu den grundsätzlichen Voraussetzungen und dem Umfang der Nebentätigkeit eines Beamten Stellung genommen und diese präzisiert.

Der angefochtene Rückforderungsbescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht entschieden, dass § 57 Satz 2 Nr. 5 LBG – wie auch § 75 Satz 1 und 2 Nr. 5 LBG a.F. – i.V.m. § 13 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 NtV verfassungswidrig sei. Vielmehr sei es verfassungsmäßig, für Vergütungen für Nebentätigkeiten, die die Grenze von 6.000,-€ übersteigen, eine Abführungspflicht für die die Grenze übersteigenden Beträge festzulegen und in diesem Zusammenhang nicht auf die jeweilige Qualifikation abzustellen, um damit dem Gebot einer effizienten Verhinderung der Doppelalimentation entgegenzuwirken.

Die Abführungspflicht verletzt den Beamten nicht in seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG.

Es handelt sich bei der Abführungspflicht zwar um einen Grundrechtseingriff; dieser ist jedoch gerechtfertigt, da die Pflicht legitime Zwecke verfolgt. Die starre Grenze von 6.000,-€ ist zudem nicht willkürlich und verletzt ihn daher auch nicht in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Unterscheidung zwischen der Tätigkeit eines Dolmetschers und Übersetzers und der Tätigkeit eines Übersetzers für Gerichte und Staatsanwaltschaften ist zulässig. Zudem ist es zulässig, dass der Gesetzgeber Ausnahmen für Tätigkeiten von der Ablieferungspflicht vorsieht, die im öffentlichen Interesse stehen und daher förderungswürdig erscheinen. Eine verfassungskonforme Auslegung zugunsten einer entsprechenden Gleichstellung ist daher nicht geboten. Die Nichtgleichsetzung der beiden Tätigkeiten spiegelt sich auch in entsprechenden bundes- und landesbeamtenrechtlichen Vorschriften wider.

An der Berechnungsgrundlage der Bruttoeinnahmen bestehen ebenfalls keine begründeten Zweifel, da erstens die Intention des Landesverordnungsgebers diesen Maßstab vorgesehen hat und zweitens die sogenannte Zeitraum- und Bilanztheorie anzuwenden ist, welche sich am jeweiligen abgelaufenen Kalenderjahr orientiert.

Praktische Bedeutung

Mit der vorliegenden Entscheidung klärt das OVG NRW die grundsätzliche Frage, welche Kriterien für die Zulässigkeit einer Nebentätigkeit des Beamten erforderlich sind und prüft deren verfassungsrechtliche Relevanz im Hinblick auf mögliche Grundrechtsverletzungen.

Zweifel bei der Anwendung von Bemessungsgrundlagenwerden abschließend geklärt und zugunsten des Dienstherrn dahingehend entschieden, dass dieser bei der Überprüfung stets einheitliche Kriterien anwenden kann und auch ein Ermessen hinsichtlich der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen von der Abführungspflicht ausüben kann.

Bildnachweis: contrastwerkstatt/stock.adobe.com
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