LSG: Eheähnliche Lebensgemeinschaft oder Alters-WG?
Recht & Verwaltung14 April, 2023

BSG: Schenkungsrückforderung wegen Verarmung des Schenkers

Redaktion eGovPraxisSozialhilfe

Gem. § 528 BGB kann vom Beschenkten die Rückforderung der Schenkung gefordert werden, wenn eine Verarmung des Schenkers eintritt. Welche Ermessensausübung die Überleitung eines solchen Anspruchs auf den Sozialhilfeträger erfordert, hatte das BSG zu entscheiden.

Der Fall

Die inzwischen verstorbenen Eltern des Beschenkten übereigneten diesem im Jahr 1999 ihr Hausgrundstück. Der Beschenkte räumte seinen Eltern im Gegenzug ein Wohnungs- und Benutzungsrecht auf Lebenszeit an sämtlichen Räumen ein, das auch Dritten überlassen werden durfte. 2014 veranlassten die Eltern die Löschung des Wohnungsrechts und Nießbrauchs.

Sie zogen dauerhaft in ein Pflegeheim und erhielten ab Dezember 2014 neben ihren jeweiligen Altersrenten aufstockende Sozialhilfe vom Sozialhilfeträger. Der Sozialhilfeträger ermittelte den Wert des Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts und leitete die Ansprüche der Eltern gegen den Beschenkten auf Rückforderung der Schenkung wegen Verarmung des Schenkers auf sich über.

Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Das Landessozialgericht hat die Berufung zurückgewiesen.

Die Entscheidung

Das BSG hob die angegriffenen Überleitungsanzeigen auf. Die Überleitungsanzeigen seien deshalb rechtswidrig, weil der Leistungsträger bei seinem Erlass das ihm zustehende Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt hat:

Zwar habe er auf das eingeräumte Ermessen hingewiesen und als zulässigen Ermessensgesichtspunkt die angestrebte Wiederherstellung des Nachrangs der Sozialhilfe genannt.

Ein Ermessensfehlgebrauch liege aber auch dann als Abwägungsdefizit vor, wenn die Behörde nicht alle Ermessensgesichtspunkte, die nach der Lage des Falls zu berücksichtigen sind, in die Entscheidungsfindung einbezogen hat, weil sie ihrer Ermessensbetätigung einen unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat.

Bei der Überleitung eines Anspruchs auf Schenkungsrückforderung im engen familiären Umfeld, mit dem eine häufig aus ideellen Motiven getroffene unentgeltliche Zuwendung rückgängig gemacht werde und die typischerweise in die familiären Verhältnisse eingreife, gehöre es nicht zuletzt im Hinblick auf das Gebot familiengerechter Leistungen zur umfassenden Sachverhaltsermittlung, die Schenker (hier die Eltern) anzuhören.

Da dies nicht geschehen sei, ist bereits deshalb die Ermessensentscheidung fehlerhaft.

Fazit

Das BSG zeigt als zwingende Voraussetzung der pflichtgemäßen Ermessensausübung zur Rückforderung einer Schenkung innerhalb der Familie wegen Verarmung des Schenkers die vorherige Anhörung des Schenkers auf.

Die Gründe dafür liegen im Gebot familiengerechter Leistungen und der Pflicht zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung.


Quelle: Terminbericht zur Entscheidung des BSG vom 23.02.2023 - B 8 SO 9/21 R

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