Zustellung und Zugang von Kündigungen
Recht & Verwaltung10 Mai, 2022

Die rechtssichere Zustellung und der Zugang von Kündigungen

von Benjamin Litty, Kommunaler Arbeitgeberverband Rheinland-Pfalz

Eine Kündigung ist rechtlich erst dann wirksam, wenn sie dem Empfänger (Beschäftigten) auch tatsächlich zugeht. Kommt es in einem Kündigungsprozess zum Streit über den Zugang einer Kündigung obliegt dem Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast des (fristgerechten) Ausspruchs und Zugangs einer Kündigung. Relevanz hat dies bspw. für die Frage, ob eine ausgesprochene Kündigung noch fristgerecht bzw. im Rahmen der zweiwöchigen Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt oder die vom Gekündigten erhobene Kündigungsschutzklage noch fristgerecht gemäß §§ 4, 7 KSchG erhoben wurde. Es stellt sich daher für Arbeitgeber die Frage, wie eine Kündigung rechtssicher und nachweislich zugestellt werden kann.

Zugang unter Anwesenden

Wird die Kündigung einem Beschäftigten persönlich, bspw. im Rahmen eines Personalgespräches, ausgehändigt, gilt die Kündigung in diesem Moment als zugegangen. Verweigert der Beschäftigte die Entgegennahme der Kündigung, liegt eine Zugangsvereitelung vor. Der Zugang gilt trotzdem als bewirkt. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an.

Zugang unter Abwesenden

Wird die Kündigung dem Beschäftigten nicht persönlich übergeben, geht sie nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB in dem Zeitpunkt zu, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt und für diesen unter gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit besteht, von deren Inhalt Kenntnis zu nehmen.

Folgende Möglichkeiten der Zustellung stehen dem Arbeitgeber zur Verfügung:

1. Brief

Wie erfolgt die Zustellung?
Der Arbeitgeber wirft die Kündigung in den Briefkasten der Post.

Wie sicher ist die Zustellung?
Der Zugang beim Empfänger kann nicht rechtssicher nachgewiesen werden. Es besteht zu Gunsten des Arbeitgebers keine Vermutung für den Zugang, da es auch nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht unwahrscheinlich ist, dass Briefsendungen unterwegs verloren gehen. Zudem ist keine Berufung auf die Zustellungsfiktion des § 41 Abs. 2 VwVfG möglich.

2. Übergabe-Einschreiben / Übergabe-Einschreiben mit Rückschein

Wie erfolgt die Zustellung?
Dem Empfänger oder einem sonstigen Empfangsberechtigten wird die Sendung nur gegen Unterschrift ausgehändigt. Wird niemand angetroffen, hält die Deutsche Post AG die Sendung innerhalb einer Frist von sieben Werktagen (einschl. Samstage), beginnend mit dem Tag, der auf die versuchte Erstablieferung folgt, zur Abholung bereit. Dem Empfänger wird ein Benachrichtigungsschein im Briefkasten hinterlassen, dass eine Einschreibesendung bei der Post zur Abholung bereitliegt.

Wie sicher ist die Zustellung?

Der Zugang erfolgt erst mit Aushändigung des Originalschreibens durch die Post und nicht durch den Benachrichtigungsschein. Dieser unterrichtet den Empfänger lediglich darüber, dass eine Einschreiben-Sendung zur Abholung bereit liegt. Verzögerungen bspw. durch verspätete Abholung gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Bei Nichtabholung des Schreibens durch den Empfänger, wozu dieser nicht verpflichtet ist, erfolgt in der Regel kein Zugang. Das Gleiche gilt für Übergabe-Einschreiben mit Rückschein.

3. Einwurfeinschreiben

Wie erfolgt die Zustellung?
Die Zustellung erfolgt durch Einwurf mit der Tagespost in den Hausbriefkasten des Empfängers. Der Einwurf wird von dem Mitarbeiter der Deutschen Post AG mit einer genauen Datums- und Uhrzeitangabe dokumentiert. Das Abziehetikett, welches zur Identifizierung der Sendung dient, wird abgezogen und auf den Auslieferungsbeleg geklebt. Dieser wird in einem Lesezentrum zentral für Deutschland eingescannt, sodass die genauen Auslieferungsdaten zur Verfügung stehen und von den jeweiligen Postkunden unter Angabe der auf seinem Einlieferungsbeleg erkennbaren Kennziffer abgerufen werden können. Das Original des Auslieferungsbeleges wird beim Scanvorgang zerstört.

Wie sicher ist die Zustellung?
Der Beweiswert ist in der Rechtsprechung umstritten. Nach überwiegender Meinung begründet der Einlieferungsbeleg zusammen mit der Reproduktion des Auslieferungsbelegs einen sog. Anscheinsbeweis, d.h. eine Vermutung dafür, dass die Sendung durch Einlegen in den Briefkasten auch zugegangen ist, sofern das formelle Zustellverfahren eingehalten wurde.

Risiko: Ein Anscheinsbeweis stellt prozessual lediglich ein Indiz für die tatsächliche Zustellung dar. Dieses Indiz kann erschüttert werden. Zudem besteht die Indizwirkung nur dann, wenn das oben beschriebene Verfahren auch tatsächlich vom Zusteller eingehalten wurde. Auch hierfür trägt der Arbeitgeber die darlegungs- und Beweislast.

4. Zustellung per Bote

Die beste Option für Arbeitgeber ist die Zustellung per Bote.

Wer kommt als Bote in Betracht?
Im Idealfall ein zuverlässiger Mitarbeiter aus der Personalabteilung. Jedoch kommt grdsl. jede beliebige Person als Bote in Betracht.

Wie erfolgt die Zustellung per Bote?
Der Bote hat das Schriftstück dem Beschäftigten an seiner Wohnstätte entweder persönlich zu übergeben oder, sofern dies nicht möglich ist, in den Hausbriefkasten einzuwerfen.

Was ist, wenn der Beschäftigte nicht persönlich anzutreffen ist?
Ist der Beschäftigte nicht persönlich anzutreffen, ist auch eine Übergabe bspw. an den Ehepartner möglich. Leben Ehegatten in einer gemeinsamen Wohnung sind sie nach der Verkehrsanschauung als sog. „Empfangsboten“ anzusehen. In diesem Fall erfolgt der Zugang nach Ablauf der Zeit, die der Empfangsbote (Ehegatte) für die Übermittlungstätigkeit unter normalen Umständen benötigt (i.d.R. am Tag der Zustellung).

Achtung:

Nicht als Empfangsbote anzusehen sind

  • Untermieter
  • Mitglieder einer WG
  • Nachbarn,
  • Handwerker,
  • Haushälterinnen,
  • Kinder.

Bei diesen Personen erfolgt der Zugang erst mit tatsächlicher Übermittlung an den Empfänger. Das Risiko der Nichtübermittlung oder Verzögerung trägt der Arbeitgeber.

Was ist, wen der Beschäftigte über keinen Briefkasten verfügt?
Hält der Empfänger keinen Briefkasten vor, kann die Kündigung bspw. auch unter der Wohnungstür des Beschäftigten durchgeschoben werden. Auch ein Anheften der Kündigung an der Wohnungstür ist ausreichend. Nicht ausreichend ist es, die Kündigung lediglich in den Türspalt der Wohnungstür zu klemmen oder die Kündigung unter der Eingangstür eines Mehrparteienhauses durchzuschieben.


Wie sicher ist die Zustellung?
Durch dieses Verfahren kann der Arbeitgeber im Prozess die vollständige Beweiskette von der Erstellung bis zum Zugang der Kündigung nachweisen.

Fazit und praktische Durchführungshinweise

Dem Arbeitgeber stehen eine Vielzahl an Möglichkeiten zu, Kündigungen zuzustellen.
Am rechtsichersten ist für Arbeitgeber die Zustellung per Bote.

Vor der Zustellung sollte der Bote zur Beweissicherung das Schriftstück im Original lesen, den Inhalt nebst Originalunterschrift des Arbeitgebers bescheinigen, das Kündigungsschreiben im Original kuvertieren und nach Zustellung einen entsprechenden Aktenvermerk über die von ihm vorgenommenen Handlungen unterzeichnen.

Ein Muster eines solchen Vermerks könnte wie folgt aussehen:

Vermerk über die Zustellung einer Kündigung

Hiermit bestätige ich (Name, Funktion des Boten beim Arbeitgeber), dass ich am (Datum und Uhrzeit) folgendes Schriftstück im Original (Bezeichnung und Datum des Schriftstücks bspw. außerordentliche fristlose Kündigung vom (Datum), ordentliche Kündigung zum (Datum)) Herrn /Frau (Name und Anschrift des Gekündigten) durch persönliche Übergabe am Wohnort / Einwurf in den Hausbriefkasten (zutreffendes auswählen) zugestellt habe.

Zuvor habe ich das Schriftstück im Original, unterschrieben von (Name des Unterzeichnenden) gelesen und kuvertiert.

……………………………………………

Ort, Datum, Unterschrift des Boten

Bildnachweis: goodluz/stock.adobe.com
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